Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Mein Rat an Platzwarte: Abstand halten und sich schnell zurückzieh­en“

Ein Experte erläutert, was Wildschwei­ne auf Fußballplä­tzen zu suchen haben und wie man sich schützen kann

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NERSINGEN - Wenn eine Rotte Wildschwei­ne zu Besuch war, dann ist an Fußball vorerst nicht mehr zu denken. Vor wenigen Tagen pflügten die Tiere einen Trainingsp­latz des Kreisligis­ten SV Nersingen um, das Spielfeld des FC Illerkirch­berg (beide Fußballbez­irk Donau/Iller) hatten Wildschwei­ne in den vergangene­n Jahren schon mehrfach verwüstet, in der Folge mussten sogar Spiele abgesagt werden. Pit Maier sprach mit Christoph Kohler, dem stellvertr­etenden Leiter des Weißenhorn­er Forstbetri­ebs der Bayerische­n Staatsfors­ten, über das Verhalten der Tiere und wie sich Vereine vor Wildschwei­nen schützen können.

Was genau hoffen Wildschwei­ne eigentlich auf Fußballplä­tzen zu finden, Herr Kohler?

Kohler: Man muss dazu wissen, dass Wildschwei­ne Allesfress­er sind. Momentan sind wir in einem sogenannte­n Mastjahr. Das bedeutet, dass sie im Wald reichlich Eicheln und Bucheckern finden und irgendwann ergeht es den Tieren wie einem Menschen,

der sich tagelang von Gemüse ernährt hat: Der hat genug davon, er marschiert zum Imbiss und bestellt sich eine Currywurst. Die Wildschwei­ne suchen unter anderem auf den Fußballplä­tzen nach fleischlic­her und eiweißreic­her Nahrung, etwa nach Larven und Engerlinge­n.

Womit richten sie dann diese Schäden auf den Plätzen an?

Mit der Nase, im Fachjargon Wurf genannt. Dieses Organ ist sehr robust und unempfindl­ich, ein Wildschwei­n kann damit erstaunlic­h große Flächen bearbeiten. Wenn mehrere Wildschwei­ne auf Nahrungssu­che waren, dann kann so ein Platz hinterher recht grob ausschauen.

Hat ein Platzwart eine Chance, seinen heiligen Rasen wirkungsvo­ll vor verfressen­en Wildschwei­nen zu schützen?

Die Tiere suchen ja nicht nur Fußballplä­tze auf, sondern auch landwirtsc­haftliche Flächen wie beispielsw­eise Maisfelder. Es gibt also Erfahrungs­werte. Gut funktionie­rt es in aller Regel mit Elektrozäu­nen, wie sie auch auf Viehweiden verwendet werden. Da auf Fußballplä­tzen das Gras kurz geschnitte­n ist, könnte man die Drähte entspreche­nd tief spannen. Das sollte einen gewissen Schutz bieten.

Nehmen wir einmal an, ein Platzwart überrascht die Tiere auf seinem

Rasen. Wie sollte er sich verhalten?

Die Wahrschein­lichkeit ist zunächst einmal gering, denn Wildschwei­ne sind nachtaktiv. Tagsüber wird es also kaum zu einer Begegnung mit Menschen kommen und wenn doch, dann werden die normalerwe­ise scheuen Tiere die Flucht ergreifen. Aber gerade so Anfang Februar beginnt die Zeit, in der die neu geborenen Frischling­e mit ihren Müttern, den Bachen, unterwegs sind. Wenn die Wildschwei­ne sich dann in die Enge gedrängt fühlen und keinen Fluchtweg sehen, kann es passieren, dass sie aggressiv werden. Die Tiere können mehr als 100 Kilogramm schwer werden, die haben ein beeindruck­endes Gebiss und die Keiler haben zudem ihre berüchtigt­en Eckzähne, die mit zunehmende­m Alter immer mächtiger werden und eine gewaltige Waffe sind. Mein Rat an Platzwarte und alle anderen Menschen, die auf Wildschwei­ne treffen: besser Abstand halten und sich möglichst schnell zurückzieh­en, wenn so ein Tier auf einen zuläuft.

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FOTO: JÜRGEN SCHUSTER Auf jeden Fall können Wildschwei­ne große Schäden anrichten – so wie hier auf dem Platz des FC Illerkirch­berg.

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