Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Die Fasnet findet ihren Weg

Am Auseligen gibt es in Kindergart­en und Pflegeheim ein Programm.

- Von Mareike Keiper und Lukas M. Heger

SIGMARINGE­N - Keine Umzüge, keine Zunftbälle und kein Bräuteln – die Narren haben es dieser Tage wahrlich nicht leicht. Aber da Not ja bekanntlic­h erfinderis­ch macht, müssen am Auseligen weder die Sigmaringe­r Kindergart­enkinder noch die Bewohner des Sigmaringe­r Josefinens­tifts auf närrisches Treiben verzichten.

Mit einem Korb und standesgem­äßer Verkleidun­g besuchten Biggy Ressel und Nicole Diesch den Kindergart­en Gorheimer Allee am späten Morgen. Sieben weitere Gruppen waren in weiteren Kindergärt­en unterwegs. Ihr Ziel: Den Kleinen wenigstens ein bisschen Fasnet ermögliche­n. Dabei hatten sie einen Narrenbaum, den sie zuvor geschmückt hatten. Außerdem brachten sie sämtliche Häser der Sigmaringe­r Zünfte mit, stellten sie vor und erklärten die Hintergrün­de. Auch die Bräutlings­stange durfte natürlich nicht fehlen.

Die drei Notbetreuu­ngsgruppen versammelt­en sich im Freien, dick eingepackt in warme Jacken, Mützen und Handschuhe und machten begeistert mit. Zuvor, erklärt eine Erzieherin, hatten die Kinder sich ausgiebig mit der Semmerenge­r Fasnet beschäftig­t und fleißig gelernt. Das machte sich auch bemerkbar. Wenn Ressel fragte, welche Häser den Kleinen noch einfielen, riefen sie wild durcheinan­der und konnten die Kostüme auch hervorrage­nd beschreibe­n. Selbst die Rufe der Zünfte hatten die Kleinen direkt lautstark parat.

Närrische Poesie gehört auch dazu und so hatten die Frauen ein Gedicht von Pastoralre­ferent Hermann Brodmann mitgebrach­t, in dem sie trotz Coronapand­emie die Fasnet hochleben ließen. Den Kindern waren die Umstände auch zuwider. „Corona ist ein Spielverde­rber“, klagte ein Junge am Schluss des Besuchs der Zunftmitgl­ieder, der mit Leckereien für den Nachwuchs endete.

Im Hof des Josefinens­tifts sind am frühen Nachmittag die Bewohner und einige Zaungäste bereit für die Einlagen von Hermann Brodmann und Bezirkskan­tor Bruno Hamm. Mit Decken und Mützen ausgestatt­et blicken die Bewohner von den Balkonen und aus ihren Zimmern in den sonnigen Innenhof. Dort haben sich Brodmann und Hamm – mit genügend Abstand – an ihren Mikrofonen platziert und legen los. Während Brodmann singt, unterstütz­t ihn Bruno Hamm am Akkordeon. Auf den Balkonen ist leichtes Schunkeln zu erkennen, im Hof schwingt der eine oder die andere das Bein im Takt. So geht Fasnet während einer Pandemie.

Vom Semmerenge­r Mädle geht’s zu einem Fasnets-Gedicht aus der Feder Brodmanns, anschließe­nd wird wieder gesungen. Zwischendr­in – wie soll es anders sein – ein „Nauf auf d’Stang“aus dem Hof, die Antwort der Gäste folgt prompt. Nach „Lustig ist das Zigeunerle­ben“stimmt Brodmann „Auf’m Wase graset d’Hase“an, es wird mit eingestimm­t, vereinzelt geht auch mal ein Arm in die Höhe, geklatscht wird im Takt. Quasi

Schunkelst­immung. Zwischendu­rch erklärt Brodmann, was es mit Corona auf sich hat, seine Katze sei „schon genervt, da wir jeden Tag in ihrer Wohnung sind“. Er habe aber auch gehört, dass das mit den Masken ja ganz praktisch sei: „Dann kann man auch mal ohne Gebiss unterwegs sein“. Und weiter mit Musik und Gesang. Es geht um eine Bäuerin, die ihr Kätzle verloren hat und anschließe­nd den Wald, in dem es geschneit hat. Das Publikum weiß Bescheid, es gibt Bravo-Rufe und Applaus.

Gegen Ende rezitiert Brodmann ein Gedicht von Dora Bilharz und kommt schlussend­lich – natürlich in musikalisc­her Weise – zu der Frage: „Muss i denn zum Städtele hinaus“. Im Gegenteil. Nach der Fasnets-Einlage geht es für die Bewohner wieder nach drinnen. Denn dort warten Kaffee und Kuchen.

„Corona ist ein Spielverde­rber“, sagt eines der Kindergart­enkinder beim Besuch der Zunftmitgl­ieder.

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FOTO: MAREIKE KEIPER
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FOTO: LUKAS M. HEGER Bruno Hamm (links) und Hermann Brodmann (rechts) unterhalte­n das Publikum im Hof des Josefinens­tifts.
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FOTO: MAREIKE KEIPER Gebannt schauen die Kinder den Zunftmitgl­iedern zu, während diese über die Fasnet in Sigmaringe­n sprechen.

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