Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Eine Frage der Ympathie
Da die „Sprachplaudereien“eine bewährte Rubrik seien, wolle er hier gerne einmal lesen, was man sich unter strafbewährt vorstellen muss. So schrieb jetzt ein Leser nicht ohne Witz, und diesem Wunsch wollen wir uns nicht verschließen – zumal der Mann Grund zum Kopfschütteln hatte. In unserer Samstagsausgabe war von einem Zahnmediziner die Rede, der fahrlässig mit Patientendaten umgegangen sein soll. Und da stand dann, dieses Vergehen sei strafbewährt. Richtig gewesen wäre strafbewehrt. Aber seien wir ehrlich: Dieser Fehler ist verzeihlich, denn strafbewehrt ist ein nicht gerade alltägliches Wort aus dem Juristendeutsch, und da kann man schon mal in die falsche Richtung denken.
Von strafbewehrt spricht man zum einen, wenn etwas strafbar ist, also strafrechtlich relevant, zum andern, wenn etwas durch Strafandrohung geschützt ist. Immer wieder taucht das Wort etwa in der Debatte um das Vermummungsverbot auf. Und da gilt dann zweierlei: a) ist die Vermummung an sich strafbewehrt, also unter Strafe gestellt b) gilt das Vermummungsverbot als strafbewehrt, weil ein Verstoß gegen dieses Verbot mit Strafen geahndet wird.
Ob sich eine solche Bewehrung allerdings letztlich bewährt, steht auf einem anderen Blatt. Radikale Demonstranten pflegen sich bis zur Unkenntlichkeit zu vermummen, um so der Bestrafung zu entgehen, und werden oft genug nicht belangt. Solche auf ein Inkognito erpichte Gestalten, vor allem aus dem ultrarechten Lager, marschieren übrigens paradoxerweise auch in Totalverhüllung bei den Protestmärschen von Corona-Leugnern mit, die meist unmaskiert die Maskenpflicht als staatliches Vermummungsgebot verlästern … Sonderbare Zeiten.
Nun zu einem anderen Problem: Ein Leser war sich dieser Tage nicht sicher, ob man korrekt Intention schreibt oder Intension. Er schaute im Duden nach – und war höchst erstaunt, beide Schreibweisen zu finden, aber nicht wahlweise, sondern für zwei verschiedene Begriffe. In der Tat gibt es die Intention, also die Absicht. Ein Beispiel: Bei der erneuten Verlängerung der Corona-Maßnahmen ist es die Intention der Bundesregierung, das bislang Erreichte nicht zu gefährden. Der eher selten gebrauchte Begriff Intension hingegen bedeutet in der Regel Eifer, Anspannung. Auch hier ein Beispiel: Voller Intension widmen sich derzeit die Virologen der Erforschung der neuen Mutanten des Corona-Virus.
Schließlich meldete sich eine Leserin: Sie habe sich lange gewundert, warum man den Begriff Sympathie nicht mehr verwende, sondern nur noch von Ympathie rede – bis sie dann das Wort geschrieben sah und erkannte, dass sie einem Hörfehler
Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutungen und Schreibweisen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.
aufgesessen und es um Empathie gegangen war. Den genauen Unterschied verstehe sie aber immer noch nicht. In aller Kürze: Unter Sympathie – von der griechischen Wurzel her gesehen eigentlich Mitleiden – verstehen wir heute vor allem die Zuneigung. Hingegen wird unter Empathie – eigentlich heftige Gefühlsregung – eher das Mitgefühl verstanden, also die Fähigkeit, sich in einen anderen Menschen hineinzudenken. Wohl unter dem Einfluss von empathy aus der angloamerikanischen Fachliteratur ist der Gebrauch dieses Begriffs seit 2000 exponentiell angestiegen. Fast schon ein Modewort! Wenn allerdings derzeit von der wünschenswerten Empathie für die von Corona Betroffenen gesprochen wird, so lässt man sich das gefallen.
Wenn Sie Anregungen zu Sprachthemen haben, schreiben Sie! Schwäbische Zeitung, Kulturredaktion, Karlstraße 16, 88212 Ravensburg ●» r.waldvogel@schwaebische.de