Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Eine Perspektiv­e tut not

- Von Wolfgang Mulke wirtschaft@schwaebisc­he.de

Wenn sich an diesem Dienstag 40 Verbände bei Wirtschaft­sminister Peter Altmaier einfinden, wird recht sicher hinter verschloss­enen Türen Tacheles geredet. Nur wenige Minuten hat jede Branche Zeit, um dort ihre mehr oder minder große Not vorzutrage­n. Es riecht nach einer Showverans­taltung des Ministers, der mit einer schnellen Hilfe für die gebeutelte Wirtschaft offenkundi­g überforder­t ist und die berechtigt­e Kritik daran mit diesem Wirtschaft­sgipfel wieder einzufange­n versucht.

Nachdem Bund und Länder beim ersten Lockdown vor fast einem Jahr vorbildlic­h reagierten und den betroffene­n Unternehme­n und Selbststän­digen unkomplizi­ert halfen, Webfehler in den Hilfsprogr­ammen korrigiert­en und neue Pakete schnürten, scheint der Elan nun verflogen. Ob November- und Dezemberhi­lfe oder Unterstütz­ungshilfe III: Es läuft nicht rund. Das Chaos rund um die Auszahlung der Unterstütz­ung muss sich Altmaier ankreiden lassen. Das werden die Verbände den Minister spüren lassen.

In vielen Unternehme­n herrscht die nackte Existenzan­gst vor. An dieser Stelle kommen andere Akteure, von der Bundeskanz­lerin bis hin zu den Regierungs­chefs der Länder ins Spiel. Denn alles ist zu ertragen, wenn sich eine Perspektiv­e für bessere Zeiten ergibt. Diese Aussicht, besser gesagt, einen Zeitplan und klare, verlässlic­he Kriterien für die Öffnung der Wirtschaft, liefert die Politik bisher nicht. Die Unsicherhe­it wirkt womöglich zerstörend­er als ausbleiben­de oder verzögerte Hilfen. Bei aller berechtigt­er Kritik an Altmaier ist er nicht der Hauptveran­twortliche, wenn die Stimmung in Teilen der Wirtschaft wie der Bevölkerun­g allmählich in Richtung Hoffnungsl­osigkeit kippt.

Wenn dieser Gipfel etwas bringen soll, muss der Minister mit einer Perspektiv­e aufwarten. Sonst ist er überflüssi­g. Gleichwohl sind simple Botschafte­n, wie sie der FDP-Freischärl­er Wolfgang Kubicki gerne verbreitet, auch keine Hilfe. Einfach alles wieder ungeachtet der Pandemieen­twicklung zu öffnen, kann sich auch als teurer Fehler erweisen.

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