Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Das Kreuz(erle) mit dem Haushalt
Überall fehlt es an Wohnraum, hört und liest man, und da Sigmaringen größer werden will und sich auf dem ehemaligen Kasernengelände Gewerbe ansiedeln soll, braucht es das auch hier. Um dem unsäglichen Flächenverbrauch auf der grünen Wiese entgegenzuwirken – gesunde, naturnahe Wiesen und Felder sind riesige und wichtige CO2- und Wasserspeicher und sorgen für Biodiversität – bediene ich mich des sperrigen Wortes „Innenverdichtung“. JA, lassen Sie sich diese schöne Vokabel auf der Zunge zergehen, es ist das Zauberwort der Stunde, quasi der neue (na ja, so neu auch wieder nicht), heiße Scheiß der Städteplaner. Das können Flächen innerhalb von Städten sein – also Baulücken – oder bebaute Flächen, die abgerissen werden, ehemalige Industrieanlagen oder aber die Umwandlung von unbewohnten (Dach)Geschossen in kuscheligen Wohnraum. Selbst Aldi hat die Notwendigkeit verstanden und plant inzwischen auf ihren Märkten Wohnraum durch Aufstockungen. Um Städte nicht noch mehr zu zersiedeln und Flächenfraß einzudämmen braucht es genau das!
Mit dem Jahresbeginn habe auch ich mich für die I-N-N-E-N-E-N-TW-I-C-K-L-U-N-G entschieden. Das Dachgeschoss war bislang kalt und zugig mit nur einem Fenster auf der Giebelseite und einem Verschlag, der durch eine Tür abgetrennt war. Tatsächlich muss hier mal früher – lang ist’s her – jemand gewohnt haben, vielleicht auch nur ein Rückzugszimmer mit Schlossblick, hoch oben im Giebel. Mein Plan: Das Dach wird zum Wohnraum ausgebaut, eine Gaube nach vorn und nach hinten, ein weiteres Bad. Gekocht wird im Gemeinschaftshaus in der gemeinsamen Küche im Erdgeschoss.
Für diese „Innenentwicklung“hab ich Kassensturz gemacht und bin nun dabei zu planen. Haushaltsplanung sozusagen. Ein paar Unwägbarkeiten eingeschlossen und abzüglich der Eigenleistung, benötige ich immer noch eine beträchtliche Summe und prüfe noch, wie ich das finanzieren kann. Für Helligkeit sorgen die Gauben, ein Austritt wird es geben und das Dach soll selbstredend ökologisch mit Naturbaustoffen ausgebaut und gedämmt werden: Zellulosedämmung, Holzböden, und – falls es der Haushalt zulässt – auch noch eine Photovoltaikanlage. Schließlich soll das ganze ja auch zukunftsfähig sein.
Wie gut, dass grade mit dem Stadtblättle die Haushaltsreden aller Fraktionen ins Haus geflattert kommen. Da will ich doch mal schauen, ob ich mir eine Scheibe von abschneiden kann, heißt, mich inspirieren lassen kann wie ein guter – sprich finanziell gut gesicherter und zukunftsfähiger – Haushalt aussehen kann. Ich lese und bin erfreut, außer den erwartungsgemäßen Argumentationen zu Corona-Zeiten, waren es keine langweiligen Stellungnahmen, ich finde sogar im Gegenteil: eine gute Zusammenfassung über die Arbeit der Fraktionen und der Stadtverwaltung, quasi ein Rückblick und ein Ausblick – ich empfehle hiermit ausdrücklich das Lesen! Erwartbar auch die einzelnen Schwerpunkte der Fraktionen. Nun weiß ich, wo ich mir eine Scheibe abschneide und wo besser nicht.
Meine Oma war übrigens die viel zitierte „Schwäbische Hausfrau“und hatte ihren Haushalt – sowohl den finanziellen als auch den in der Küche – im Griff. Zum Glück hab ich zumindest beim finanziellen ein wenig von ihr mitbekommen. „Guck, Bua, do hosch a Kreizerle, aber dua’s au in dei Spardos“, sagte sie immer als sie bei uns zu einem Besuch nach Sigmaringen kam. Das Kreizerle – also der Kreuzer (ein anderes Wort für Groschen) – waren ein bis zwei Mark, je nachdem, was ihre Geldbörse gerade hergab. Und natürlich bin ich gleich in mein Kinderzimmer geflitzt und hab das „Kreizerle“in meine Spardose getan, die gibt es übrigens bis heute und hat schon so einiges erlebt. Mal sehen, was sie für mich bereit hält, wenn ich Kassensturz mache.