Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Gerüstet für die Zukunft
Orthopädieschuhmachermeister Ralf Allmaier investiert in Werkstattausbau
MENGEN - Ralf Allmaier möchte die Werkstatt in der Mittleren Straße in Mengen, in der er mit seinem Team orthopädische Schuhe, entsprechende Einlagen und Schuhzurichtungen herstellt, vergrößern. Auf diese Weise soll mindestens ein weiterer Arbeitsplatz geschaffen werden. Durch den Einbau einer neuen Lüftungsanlage soll außerdem das Raumklima verbessert werden. Mit dieser Investition von rund 150 000 Euro sieht der Orthopädieschuhmachermeister seinen Betrieb für die Zukunft gerüstet. Seine Tochter Anna Allmaier, die sich gerade im ersten Ausbildungsjahr befindet, wird das Familienunternehmen einmal weiterführen.
Die Entscheidung zur Erweiterung, die in Richtung Alte Straße stattfinden wird, hängt eng mit den beruflichen Plänen seiner Tochter zusammen. „Ohne Nachfolger hätte ich wenige Jahre vor meinem eigenen Ruhestand keine solche Umbaumaßnahme mehr angestrebt“, sagt Ralf Allmaier. „Jetzt möchte ich den Betrieb aber so aufstellen, dass er ohne Investitionsstau weitergeführt werden kann.“Die Nachfrage nach Einlagen und Schuhen würde es auch künftig geben, der Bedarf seiner Einschätzung nach sogar noch steigen. Zumal – und darin sieht Allmaier die Stärke seiner eigenen Arbeitsweise – immer weniger Orthopädieschuhmacher über die traditionellen alten Handwerksfähigkeiten verfügten und diese zusätzlich zu den modernen technischen Möglichkeiten einfließen lassen, um den Kunden individuell gerecht zu werden.
Allmaier selbst kann Schuhe noch so herstellen, wie es sein Vater und Großvater schon gemacht haben. Vater Roland gründete seinen Schuhmacherbetrieb 1975. Ab 1988 arbeiteten beide unter einem Dach - jeder in seinem eigenen Unternehmen. „Am Anfang hatte ich nur einen kleinen Raum und habe mir im Orthopädieschuh-Bereich erst einmal einen Kundenstamm aufbauen müssen“, erinnert er sich. Als dann ein weiterer Schuhmacher nach Mengen kam, habe sich sein Vater nach und nach zurückgezogen und später im Betrieb seines Sohns mitgearbeitet.
Im Geschäftshaus wird jeder Winkel gut genutzt. Im Erdgeschoss befinden sich der Empfangsbereich für Kunden, ein Raum, in dem die Füße der Kunden eingescannt, untersucht und vermessen werden sowie die Werkstatträume. In Regalen stapeln sich Leisten aus Holz, die als Vorlagen für Schuhe oder Einlagen dienen, sowie verschiedene Materialien. Aus Arbeitsschutzgründen werden Klebstoffe separat im Keller gelagert. In der ersten Etage befindet sich das Büro, in dem Allmaiers Frau Ulrike sich um Kostenvoranschläge, Rechnungen und die Buchhaltung kümmert, eine Küche mit Aufenthaltsbereich und ein Analyseraum.
„Hier können wir unsere Kunden aufs Laufband stellen und eine genaue Analyse zu Beschwerden und Haltung machen“, sagt Allmaier. Viele Kunden würden sich wundern, was alles durch passendes Schuhwerk oder angepasste Einlagen erreicht werden könnte.
Während auch in diesem Beruf immer mehr Technik Einzug hält, müsse er „einen Fuß noch in die Hand nehmen und spüren“. Nur so könne er fühlen, an welcher Stelle eine Einlage etwas fester oder nachgiebiger sein müsse. „Für mich ist das das richtige Vorgehen“, sagt er. Im Angebot hat er deshalb nicht nur die Standard-Einlagen, die von den Krankenkassen übernommen werden, sondern auch Individual- und Sonderanfertigungen, für die er spezielle Schaumstoffabdrücke mit einer Formmasse ausgießt und individuell aufbaut. Diese Einlagen könnten dann auch schon einmal 60 Prozent mehr kosten. Aus den Rückmeldungen der Kunden lasse sich aber schließen, dass sich der Aufwand lohnt.
Seine Arbeitsweise und seine Leidenschaft für das alte historische Handwerk gibt Ralf Allmaier auch an seine beiden Auszubildenden weiter. Neben seiner Tochter Anna, die sich im ersten Lehrjahr befindet, bildet er auch Ruth Beitz aus Villingen aus, deren Mutter einst mit ihm die Meisterschule besuchte. „Ich finde es schade, dass die heutigen Azubis die alten Arbeitsweisen nicht mehr kennenlernen“, sagt er. Was in der Berufsschule nicht behandelt werde, zeige er ihnen deshalb in Eigeninitiative. Auch wenn es nicht zum Prüfungsstoff gehöre. Die Lehrlinge nähmen seine Anregungen gerne auf und interessieren sich auch dafür. Anna hätte gerade einen Schuh aus altem Feuerwehrschlauch mit Autoreifensohle erstellt, mit dem sie an einem Upcycling-Wettbewerb teilnehme.
Neben den beiden Auszubildenden beschäftigt Allmaier einen weiteren Meister und eine angelernte Kraft. Zusätzlich unterstützen das Team zwei Teilzeitkräfte im Kundenkontakt im Geschäft. Das läuft auch während des Lockdowns, allerdings nicht ganz so rege wie sonst. Wann der optimale Zeitpunkt für die Erweiterung sein wird, muss Allmaier noch mit den Handwerkern klären. Er geht davon aus, dass das Geschäft mindestens zwei Wochen geschlossen werden muss, weil die Werkstatt nicht gut in andere Räume verlagert werden kann. Froh ist er auch darüber, dass ein gemeinsam mit Wirtschaftsförderer Manuel Kern gestellter Antrag für Fördermittel aus dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum positiv beschieden wurde. Er darf mit einer Summe von 17 000 Euro rechnen. Hier hat sich der bürokratische Aufwand einmal gelohnt, der sonst so kleinen Betrieben immer mehr Probleme bereitet.