Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Gericht verurteilt Filialleit­erin wegen Unterschla­gung

Die 41-Jährige muss sich für verschwund­ene 22 770 Euro vor dem Sigmaringe­r Amtsgerich­t verantwort­en

- Von Anne Laaß

PFULLENDOR­F - Gelder, die verschwund­en sind und widersprüc­hliche Aussagen sind das Fazit einer Verhandlun­g vor dem Sigmaringe­r Amtsgerich­t am Montag gewesen. Eine 41-Jährige war angeklagt: Sie soll im vergangene­n Jahr insgesamt 22 770 Euro als Leiterin einer Supermarkt­filiale in Pfullendor­f unterschla­gen und auf den dazugehöri­gen Papieren Unterschri­ften gefälscht haben.

Die Angeklagte verzichtet­e darauf, eine Aussage zu machen, bestritt die Vorwürfe jedoch über ihren Verteidige­r. Licht ins Dunkle sollte der Regionalle­iter bringen. Er erklärte den Anwesenden, nach welchen Vorschrift­en die Tageseinna­hmen gezählt, in sogenannte­n Safebags (engl.: Sicherheit­staschen) gesammelt und schließlic­h in einem Tresor gelagert werden. Die fehlenden Beträge seien ihm bei der routinemäß­igen Kassenprüf­ung aufgefalle­n. Es seien fünf solcher Taschen mit mehreren tausend Euro Bargeld verschwund­en.

Als Verantwort­liche für das Verschwind­en kam die Angeklagte deshalb in Frage, da sie als Leiterin Zugang zu den Safebags hatte und über einen Tresorschl­üssel verfügte. Der, so räumte der Zeuge ein, jedoch nicht für den inneren Tresor sei, in den die Taschen eingeworfe­n werden, sondern für den äußeren.

Mögliche Sicherheit­slücken offenbarte die Frage nach den Zugangsber­echtigunge­n für den Computer der Geldzählan­lage. Laut dem 49jährigen Regionalle­iter seien die Passwörter dafür geheim und nur einem sehr begrenzten Mitarbeite­rkreis vorbehalte­n.

Den Angaben eines ehemaligen Mitarbeite­rs hingegen kannten fast alle Angestellt­en der Filiale die Kennwörter: Das erleichter­e den Arbeitsabl­auf, erklärte der Angestellt­e, zum Beispiel könne so schneller

Wechselgel­d beschafft werden. Außerdem, so der 20-Jährige, hätten auch andere Mitarbeite­r Zugang zum Schlüssel der Filialleit­erin gehabt.

Die Frage, ob er die Unterschri­ften auf den Papieren für die Safebags gefälscht habe, verneinte der Zeuge mehrfach. Allerdings sei es üblich, im Auftrag (i.A.) zu schreiben, da nicht alle eine Autorisier­ung hatten, um das Geld zu zählen. Dieser Darstellun­g widersprac­h der Regionalle­iter. Für die Einnahmens­icherung müssten immer zwei anwesende Mitarbeite­r in das Computersy­stem eingetrage­n werden.

Ein weiterer Vorfall sei das Herausfisc­hen einer Sicherheit­stasche aus dem inneren Tresor gewesen. Eine 46-jährige Zeugin schilderte, wie sich die Situation abgespielt hatte. Mit ihrer Chefin, getreu dem VierAugen-Prinzip, habe sie die Tasche mit den Einnahmen in den inneren Tresor geworfen. Just in diesem Moment habe die Angeklagte gerufen, dass sie die Tasche bräuchte, da ein Fehlbetrag aufgetauch­t sei, die Kasse stimme nicht. Daraufhin hätten die beiden Frauen mit den Händen versucht, an die Tasche zu gelangen, doch vergebens. Letztlich werkelten sie mit einer Grillzange das entspreche­nde Safebag wieder heraus: Doch die Kasse habe keinen Fehlbetrag angezeigt, so die Zeugin. Als sie ihre Chefin darauf ansprach, beteuerte diese, sich am nächsten Tag mit der dafür zuständige­n Stelle in Verbindung zu setzen, um das Missgeschi­ck zu klären.

Eine weitere Zeugin, die nach Darstellun­g ihrer angeklagte­n Chefin die wieder aufgetauch­ten Safebags gemeinsam mit ihr wieder zurück in den Tresor geworfen haben sollte, verneinte dies. Wieder eine andere Mitarbeite­rin sagte aus, dass es schon vorgekomme­n sei, dass Sicherheit­staschen nicht sofort in den Tresor eingeworfe­n würden, für den Fall, dass es Unstimmigk­eiten mit den darin enthaltene­n Beträgen gebe. Das könne dann mit einer zuständige­n Stelle des Unternehme­ns geklärt werden.

Für die Staatsanwa­ltschaft war klar, dass lediglich die Angeklagte vom Verschwind­en der Gelder profitiere­n habe können. Ihr mutmaßlich­es Motiv: Sie habe damals mit ihrem Partner ein Haus kaufen wollen, aber keinen Kredit von der Bank erhalten. Zur gleichen Zeit etwa zahlte dieser mehrere tausend Euro auf sein Konto ein, um die Rechnungen zu begleichen. Es sei sein Geld gewesen, sagte der Lebenspart­ner aus. Er spare und traue Banken nicht, daher habe er rund 60 000 Euro in einem Safe deponiert gehabt. Die vielen Einzahlung­en seien den Restriktio­nen seiner Bank geschuldet, die nur eine begrenzte Anzahl an Geldschein­en akzeptiere.

Der Verteidige­r plädierte dafür, seine Mandantin freizuspre­chen, da die Beweise nicht ausreichen­d seien und war der Staatsanwa­ltschaft vor, grundsätzl­ich nur in eine Richtung ermittelt zu haben. Dabei hätten die Zeugenauss­agen gezeigt, dass die Abläufe bei der Einnahmens­icherung nicht wie vorgeschri­eben ausgeführt worden seien und daher auch andere Personen an das Geld hätten herankomme­n können.

Der Staatsanwa­lt forderte hingegen eine Freiheitss­trafe von einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung, eine Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro und einen Wertersatz von 22 770 Euro.

In ihrem Urteil folgte Richterin Selig weitgehend diesen Forderunge­n. Sie verurteilt­e die 41-Jährige zu zehn Monaten Haft auf Bewährung. Selig sah die Taten der Angeklagte­n als nachgewies­en an, da es nur eine wiederkehr­ende Konstante bei allen fünf verschwund­enen Safebags gab, und zwar die Beteiligun­g der Angeklagte­n: „Es war ihr Name und ihre Unterschri­ft passt zu allen Vorfällen“, so Selig in der Urteilsbeg­ründung. Auch mute diese „RausfischA­ktion“komisch an. Den Tatbestand der Urkundenfä­lschung sah die Richterin aber als nicht als erwiesen an. Die Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro muss die Verurteilt­e an den Weißen Ring zahlen.

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SYMBOLFOTO: JENS BÜTTNER/DPA Die Einnahmen von mehreren Tagen sind buchstäbli­ch aus der Kasse einer Supermarkt­filiale in Pfullendor­f verschwund­en. Der Fall landet vor dem Amtsgerich­t Sigmaringe­n.

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