Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Ich will die Desinteressierten ansprechen“
Laurenz Schreiner schreibt Sportnachrichten für Sportverweigerer
RAVENSBURG/BERLIN - Sport-News für Menschen, die sich gar nicht für Sport interessieren. Dieser außergewöhnlichen Idee hat sich der Freie Journalist Laurenz Schreiner verschrieben. 300 Leser haben seinen Newsletter „Trops“nach zwei Wochen abonniert, Geld verdient er damit nicht – die Berichterstattung ist kostenlos. Im Interview erklärt Schreiner, warum es eine große Kluft zwischen Lesern gibt, die den Sport lieben, und denjenigen, die er gar nicht fesselt – und er verrät im Gespräch mit Emanuel Hege, was ihn antreibt.
Welche Themen erwarten die Leser in Ihrem Newsletter „Trops“?
Sie bekommen Geschichten, die über die Ergebnisberichterstattung hinausgehen. Es geht nicht um Spielertransfers von Freiburg nach Köln oder das 0:0 von Dortmund gegen Schalke. Es geht um alles, bei dem der Wettbewerb nicht im Fokus steht. Das sind beispielsweise Geschichten, wie sich Sportler politisch engagieren, warum eine FußballWM nach Katar geht und was das alles für Auswirkungen über den Sport hinaus hat. Der große Vorteil im Sport: Die Geschichten sind immer emotional und inspirieren auch Menschen, die damit eigentlich nichts anfangen können.
Warum ist Ihr Projekt wichtig?
Ich habe ein Jahr als Sportjournalist in Berlin gearbeitet und immer wenn ich Leuten erzählt habe, was ich mache, wurde das Thema schnell abgehakt. Die hatten gar kein Interesse am Sport. Aber sobald ich mal genauer beschrieben habe, über was ich schreibe, fanden sie es dann doch interessant – zum Beispiel zu Rechtsextremismus in den Fankurven. Es gibt ja die, die den Sportteil immer als Erstes lesen, und dann die, die den gleich weglegen. Genau diese Menschen will ich überzeugen, dass sie dem Sport noch mal die Chance geben, sie zu begeistern.
Woher kommen diese Vorurteile gegenüber der Sportberichterstattung?
Der Sportjournalismus ist ein eigener Kosmos, wie beispielsweise auch die Kultur- oder Wirtschaftsberichterstattung. Da kommt man schwer rein, wenn man keine Grundkenntnisse hat. Wenn beispielsweise der Name Lucien Favre in der Überschrift steht, ich den Namen aber noch nie gehört habe, dann ist der ganze Text nichts für mich. Im Sport fragen sich viele schnell: „Was hat denn das mit mir zu tun?“Das Gleiche, wenn es in der Kultur um irgendeinen Theaterregisseur geht oder in der Wirtschaft um den Vorstandsvorsitzenden von VW. Ich will mit meinem Projekt gar nicht den Sportjournalismus neu erfinden, ich will eine Plattform bieten und eine ganz spezielle Gruppe direkt ansprechen: die Desinteressierten. Denn im Sport zeigen sich gesellschaftliche Phänomene verstärkt – er spielt eine Rolle über den alleinigen Wettbewerb hinaus.