Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Stadt überprüft Sammelunterkünfte
Tuttlinger Oberbürgermeister Michael Beck ärgert sich über Amazon.
TUTTLINGEN/MESSKIRCH (sz) Die Stadt Tuttlingen geht baurechtlich gegen nicht genehmigte Sammelwohnungen in der Innenstadt vor. Damit reagiert die Stadt auf die Folgen der Ansiedlung des AmazonLogistikzentrums in Meßkirch. Auch gegen das behindernde Abstellen von Lieferwagen schreitet die Stadt jetzt ein. Das teilt sie in einer Pressemitteilung mit.
„Es kann nicht sein, dass wir die Leidtragenden der Expansion von Amazon sind“, so Oberbürgermeister Michael Beck. „Wir müssen daher sowohl das Planungs- als auch das Ordnungsrecht voll ausschöpfen, um Auswüchse zu vermeiden.“Hintergrund der Überlegungen: Amazon greift mittlerweile nicht mehr nur auf die bekannten Paketdienste zurück, sondern baut vermehrt ein eigenes Vertriebsnetz auf und beauftragt Logistiker direkt. Die Folgen davon spürt man auch in Tuttlingen – spätestens, seit in Meßkirch ein Amazon-Logistikzentrum eingerichtet wurde.
Konkret geht es Beck dabei um zwei Punkte: In letzter Zeit wurde vermehrt beobachtet, dass AmazonFahrer in eigens zu diesem Zweck eingerichteten Sammelunterkünften in der Innenstadt untergebracht sind. „Hier müssen wenigstens Mindeststandards eingehalten werden“, so Beck, „wir wollen nicht, dass es bei uns ähnliche Verhältnisse wie in den Unterkünften von Tönnies gibt.“Im Umfeld dieser Unterkünfte parken regelmäßig die weißen Lieferfahrzeuge von Amazon. Es mehren sich vor allem von Anliegern die Klagen, dass Anwohnerparkplätze blockiert werden. „Ich sehe nicht ein, dass ein Konzern unsere Straßen als Firmenparkplatz missbraucht“, so Beck hierzu. Bei all dem legt Beck Wert auf die Feststellung, dass sich die Aktionen nicht gegen die Fahrer selber richten: „Das sind Menschen, die für wenig Geld hart arbeiten.“Man habe eher diejenigen im Visier, die aus der Situation Profit schlagen.
In dieser Woche führte die Stadt eine erste stichprobenhafte Kontrolle in mehreren Gebäuden durch, in denen die Fahrer untergebracht sind. Dabei stellte sich heraus, dass für die Sammelunterkünfte, in denen zeitweise bis zu 30 Personen lebten, teilweise keine Baugenehmigungen vorliegen. Die Bauverwaltung hat die Eigentümer aufgefordert, die ordnungsgemäße und sichere Unterbringung der Beschäftigten nachzuweisen oder – soweit dies bisher nicht gegeben ist – ordnungsgemäße baurechtliche Verhältnisse herzustellen. Vor allem der Brandschutz muss dabei gewährleistet sein. Außerdem wurden empfindliche Bußgelder verhängt.
Um die Auswirkungen auf das Umfeld möglichst gering zu halten, sollen künftig nur Gemeinschaftsunterkünfte für Gruppengrößen, die in etwa denen größerer Familien oder Wohngemeinschaften entsprechen, genehmigt werden.