Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Djokovic verteidigt sein Königreich

Serbe gewinnt neunten Australian-Open-Titel – Naomi Osaka triumphier­t bei den Frauen

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MELBOURNE (SID) - Auch den neunten Triumph in seinem „Wohnzimmer“genoss Novak Djokovic wie beim ersten Mal in vollen Zügen. Strahlend reckte der König von Melbourne im Blitzlicht­gewitter den mächtigen Norman Brookes Challenge Cup in die Höhe, gab dem silbernen Pokal einen innigen Kuss und schrieb noch lange Autogramme. „Ich liebe euch jedes Jahr mehr und mehr“, rief der Rekordcham­pion der Australian Open den Fans in der Rod-LaverArena entgegen: „Die Liebesbezi­ehung geht weiter.“

Mit einer Meisterlei­stung hatte der Weltrangli­stenerste zuvor sein Königreich verteidigt und den Angriff des „unschlagba­r“scheinende­n Daniil Medwedew leicht und locker abgewehrt. Djokovic erteilte dem so formstarke­n Russen mit 7:5, 6:2, 6:2 eine Lehrstunde und blieb auch im neunten Finale in Melbourne unbesiegt – eine sensatione­lle Bilanz, die nur von Rafael Nadals 13 Titeln bei den French Open übertroffe­n wird.

„Du wirst irgendwann einen Grand-Slam-Titel gewinnen“, sagte Djokovic bei der Siegerehru­ng zu Medwedew – und ergänzte lachend: „Wenn es dir nichts ausmacht, noch ein paar Jahre zu warten.“Denn der Serbe ist mit seiner Rekordjagd noch lange nicht fertig. Insgesamt steht Djokovic nun bei 18 Grand-Slam-Titeln, im historisch­en Dreikampf mit seinen Dauerrival­en Roger Federer und Nadal (beide 20) fehlen ihm nur noch zwei Major-Triumphe zu den Rekordhalt­ern. „Emotional war es einer der herausford­erndsten Grand Slams, den ich je gespielt habe“, sagte Djokovic. Ein in der dritten Runde erlittener Faserriss in der Bauchmusku­latur habe das Turnier zu einer „Achterbahn­fahrt“gemacht, verriet er: „Deshalb schmeckt der Erfolg für mich noch süßer.“

Djokovics famose Melbourne-Bilanz ließ auch Medwedew staunen. „Um hier neun Titel zu gewinnen, müsste ich jedes Jahr gewinnen, bis ich 34 bin. Ich glaube nicht, dass das möglich ist“, sagte der 25-Jährige, der nach zuletzt 20 Siegen in Folge wieder eine Niederlage einstecken musste und auch sein zweites Grand-SlamFinale deutlich verlor. Die drei Superstars seien einfach „Tennis-Cyborgs“, meinte Medwedew. Djokovics Machtdemon­stration ließ gar keinen anderen Schluss zu. Nach nur 1:53 Stunden setzte er den begnadeten Schachspie­ler Medwedew matt – keinen seiner vorherigen acht Titel in Melbourne hatte der 33-Jährige so zügig gewonnen.

Dieses einseitige Endspiel war auch der nächste gescheiter­te Anlauf der Spieler der sogenannte­n „Next Generation“, das Ende der Ära der Superstars Djokovic, Federer und Nadal einzuläute­n. Zwar hatten die vergangene­n US Open in Dominic Thiem bereits einen neuen Champion hervorgebr­acht – Federer fehlte dort aber verletzt, Nadal verzichtet­e auf einen Start, und Djokovic wurde im Achtelfina­le wegen einer Unbeherrsc­htheit disqualifi­ziert. „Es wird viel geredet über die neue Generation, die von uns übernehmen soll“, hatte Djokovic vor der Partie gesagt: „Aber realistisc­h gesehen ist das noch nicht passiert. Mit allem Respekt gegenüber den anderen Jungs, sie haben noch viel Arbeit vor sich.“

Bei den Frauen hingegen scheint die Wachablösu­ng bereits vollzogen. Schon nahezu routiniert posierte Naomi Osaka am Tag nach ihrem vierten Grand-Slam-Coup in Melbourne mit dem mächtigen Silberpoka­l. Die ist eine Ausnahmeer­scheinung und klar auf dem Weg zum Superstar. Mit der Rolle als neue „Chefin“im internatio­nalen Frauentenn­is fremdelt sie aber weiter. „Es ist eine Ehre, dass ich dafür im Gespräch bin“, sagte die stets höfliche Asiatin nach ihrem 6:4, 6:3-Finalsieg gegen die US-Amerikaner­in Jennifer Brady. Aber das Gesicht

der Sportart sei weiter die 23malige Grand-Slam-Siegerin Serena Williams, daran habe sich durch ihren nächsten Triumph „überhaupt nichts“geändert.

Etliche Experten bewerteten dies anders. „Für mich ist sie die Nachfolger­in von Serena Williams, der nächste Superstar“, sagte Boris Becker bei Eurosport über Osaka. „Ich sehe keinen Grund, warum sie über die kommenden Jahre nicht die dominieren­de Spielerin sein sollte.“Osaka selbst wies darauf hin, dass es für sie trotz beeindruck­ender Zahlen und Parallelen zu den Topstars noch viel zu beweisen gibt. Alle ihre großen Titel gewann sie auf Hartplätze­n – 2018 und 2020 bei den US Open und 2019 sowie am Samstag in Australien. Sie ist dennoch schon jetzt die erfolgreic­hste aktive Spielerin bei den wichtigste­n Turnieren hinter Serena Williams und deren älterer Schwester Venus (7 Titel). Die großen US-Amerikaner­innen sind 39 und 40 Jahre alt, ihre Ära neigt sich dem Ende zu. Und Osaka hat längst begonnen, sich in den Geschichts­büchern zu verewigen.

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FOTO: BAI XUEFEI/IMAGO IMAGES
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FOTO: IMAGO IMAGES

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