Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Kampf gegen den „Ackerschnacker“
Bei ihrem ersten Besuch am Standort Laupheim dürfte die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, auf frustrierte Soldaten stoßen. Denn die Piloten dürfen die dort stationierten Transporthubschrauber CH-53, die immerhin seit 50 Jahren von der Truppe genutzt werden, kaum mehr fliegen. Nach 16 Jahren Dauereinsatz in Afghanistan sind sie technisch am Ende.
In ihrem Bericht, den sie am Dienstag vorlegte, beweist Högl, dass die ausufernde Beschaffungsbürokratie ein munteres Eigenleben führt. Die Mangelwirtschaft mit dem längst beendeten Sparkurs zu erklären, zieht nicht mehr. Vielmehr ist an Ministerialen und Beschaffern spurlos vorbeigegangen, dass Deutschland seit 30 Jahren eine Einsatzarmee stellt.
Auch die disruptive Innovationskraft der Digitalisierung macht einen weiten Bogen um die Beamten. Absurd: Soldaten müssen ihr drahtgebundenes Feldtelefon („Ackerschnacker“, Einführung 1977) ausschalten und Privathandys nutzen, um mit Nato-Partnern Daten auszutauschen.
Nicht mehr in den Bereich der Folklore fallen sicherheitsrelevante Defizite, für die die Bürokraten und nur sie Verantwortung tragen. Denn den Ersatz für die altersschwachen Transporthubschrauber kann kein Soldat selbst beschaffen: Hier stoppte das Ministerium den Auswahlprozess, so dass Deutschland bald über keine eigenen Lufttransportkapazitäten mehr verfügt. Weiter ist das Amt nicht in der Lage, auch nur eine einzige Brigade, immerhin die NatoSpeerspitze mit 10 000 Mann, komplett auszurüsten: Aus der ganzen Truppe leiht man sich heute Material, um 2023 einsatzbereit zu sein. Und wiederum die versammelte Ministerialbürokratie ist zu inkompetent, um ein neues Sturmgewehr juristisch einwandfrei auszuschreiben.
Nach Jahrzehnten der Unterfinanzierung hat die Bundeswehr genug Geld, kann es aber nicht ausgeben: Die künftige Bundesregierung sollte das Verantwortungspingpong zwischen Truppe, Ministerium und Beschaffern beenden und die Beschaffung an Einsatzgrundsätzen ausrichten. Dann kann die Truppe den „Ackerschnacker“endlich abschalten.