Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Ich halte das rechtlich für bedenklich“,
Gemeinderat entscheidet über die künftige Friedhofsgestaltung und setzt auf mehr Grün
sagt Bingens Bürgermeister Jochen Fetzer in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Was das mit der Umgestaltung des alten Friedhofs zu tun hat, lesen Sie auf
BINGEN - Splittflächen, kaputte Treppen, wenig Sitzmöglichkeiten: So präsentiert sich der alte Binger Friedhof derzeit, daher hat sich der Gemeinderat mit Hilfe des Planungsbüros Freiraumwerkstadt ein neues Konzept überlegt. Es soll vor allem grüner werden, da waren sich die Räte am Montagabend in der Sitzung einig.
Für die Umgestaltung braucht es allerdings Platz, der wäre an manchen Stellen gegeben, aber nicht an allen. An einigen Punkten des Friedhofs ist deutlich zu erkennen, dass es immer mehr freie Flächen gibt, da Gräber bereits zurückgebaut wurden. Hier ist die Farbe grau durch viel Splitt markant. Um das zu ändern, schlug Johannes Göpel vom Planungsbüro vor, Rasenflächen als Gegenpol zu nutzen. Grundsätzlich solle das Konzept dahingehend verändert werden, damit es pflegeleichter wird und dennoch zum Verweilen einlädt. „Der Friedhof ist ein Begegnungsort“, ist der Planer überzeugt.
Daher sind im Gestaltungsvorschlag auch mehr Sitzgelegenheiten vorgesehen. Bänke und Stauden sollen so beim Kriegerdenkmal entstehen. Diese Idee kam bei den Gemeinderäten gut an: So kommentierte Helmut Rummler (CDU), dass das Denkmal so aufgewertet werde. „Das bedeutet eine signifikante Veränderung und sollte als erstes in Angriff genommen werden“. Dem pflichtete Wolfgang Müller (Freie Wähler) bei. Er gab zudem zu bedenken, dass die Arbeiten an diesem Teil des Friedhofs in Anbetracht von Beerdigungen weniger störend seien. Auch er sprach sich dafür aus, mehr Bänke aufzustellen, da der Friedhof eine „Kommunikationszentrale in Bingen“sei. Seine Fraktionskollegin Anita Gauggel lobte, dass der Friedhof durch die neuen Pläne grüne Inseln bekomme. Allerdings kritisierte sie, dass die Fassade des Mesnerhauses „eine Katastrophe“sei. Mit etwas Farbe und einer Bepflanzung könne das Gebäude aufgewertet werden, so Gauggel. Bürgermeister Jochen Fetzer
stimmte zu und gab an, diesen Vorschlag mit der Kirche abzuklären.
Weitere Veränderungen erfolgen aus Sicherheitsgründen. So ist die Treppe bei der Kirche, die zum Friedhof führt gesperrt, manche Stufen sind laut Bürgermeister Fetzer nicht mehr begehbar. Aber auch die kleinen Treppen, die vom Hauptweg zu den Gräbern führen, weisen Abnutzungsspuren auf.
Letztlich entschied der Gemeinderat einstimmig, mit der Umgestaltung zu beginnen. Als erstes soll der Bereich um das Kriegerdenkmal begrünt werden. Die Kosten für das gesamte Projekt liegen derzeit bei 70 000 Euro, die bereits im Haushalt eingestellt sind.
Da die Umgestaltung aber laut Fetzer ein langer Prozess ist, müsse der Rat auch darüber beraten, ob die Nachbelegung in bestehenden Gräbern untersagt werden könnte, um mehr Fläche zu gewinnen. Das hieße, dass ein bereits gekauftes Doppelgrab beispielsweise nicht mehr von beiden Ehepartnern als Ruhestätte genutzt werden dürfe. Laut Paragraf vier der Friedhofssatzung gibt es keinen Anspruch auf eine Nachbelegung. „Ich halte das rechtlich aber für bedenklich“, so Bürgermeister Fetzer. Gauggel (Freie Wähler) äußerte sich ähnlich: „Das ist ein sehr emotionales Thema. Ich glaube nicht, dass wir diesen gewalttätigen Schritt gehen müssen.“So wie die Gestaltung nun geplant sei, brauche es ein solches Vorgehen nicht, ist Gauggel überzeugt. Ein weiterer Punkt, der kaum kalkulierbar ist, so Fetzer, sei die intensive Grabpflege, die in den kommenden Jahren dazu führen könne, dass sich mehr Menschen gegen diese Grabform entscheiden. So werden ebenfalls Flächen frei.
Gemeinderat Rummler (CDU) plädierte dafür, auf Gespräche zu setzen und manche Reihen auf lange Sicht freizuhalten. Laut Fetzer habe die Verwaltung bereits damit begonnen, das Thema anzusprechen.
Eine Entscheidung zur Nachbelegung traf der Rat nicht. „Ich bring’s nochmal ein“, schlug der Bürgermeister vor und bekam das Kopfnicken einiger Ratsmitglieder.