Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Grünzug erregt die Gemüter
Landwirte kritisieren den Regionalplan – Ausnahmeregelung gewünscht
BINGEN/KREIS SIGMARINGEN - Eigentlich war in der jüngsten Sitzung des Binger Gemeinderates geplant, die Fortschreibung des Regionalplans Bodensee-Oberschwaben für die Gemeinde Bingen lediglich aufzuzeigen – doch daraus hat sich Kritik vonseiten der Landwirte entwickelt.
Bürgermeister Jochen Fetzer stellte die Änderungen, die sich für Bingen ergeben, vor. Zum einen regte der Gemeinderat 2019 an, drei Punkte für den Plan zu überdenken. Zum einen soll der regionale Grünzug auf einer Fläche nördlich und östlich des Gewerbegebiets Taubenried in der Größenordnung von 2,5 bis 3 Hektar zurückgenommen werden. Was auch positiv beschieden wurde. „Der Regionalverband folgte unserer zweiten Anregung, einer weiteren Reduzierung Richtung Hitzkofen jedoch nicht“, führte Fetzer in der Sitzung aus.
Zum anderen beantragte Bingen, die Entwicklungsflächen im Gewann Obersee gemäß dem Entwicklungsplan von 2005 nicht mit einem regionalen Grünzug zu belegen. Weiterhin sollte hinter dem Neubaugebiet „Hinter dem Sportplatz“der Grünzug reduziert werden. Der Grund dafür sei, dass sich die Gemeinde so einen Bereich für die weitere Entwicklung für die Gemeinde offenhalte wolle. Der Grünzug ist laut Fetzer nun fünf Hektar kleiner als zuvor im Regionalplan vorgesehen.
Gemeinderat Stefan Baur (Freie Wähler) gab allerdings zu bedenken, dass durch diese Flächenbegrenzung künftig Schwierigkeiten auftreten könnten. Er sprach davon, dass „wir immer weiter zurückgedrängt werden und es langsam eng wird“. Damit spielte er vor allem auf die Regeln an, die es untersagen, dass auf den Grünzügen privat gebaut werden darf. Sein Ratskollege Ottmar Pfister (CDU) wollte indessen wissen, ob der Gemeinderat beim Thema Taubenried und Grünzugflächen noch einmal nachhaken könne. Diese Flächen grenzen an die Aussiedlerhöfe in Bingen an. Fetzer machte darauf aufmerksam, dass der Gemeinderat so kurzfristig und ohne ausreichende Informationen keinen Beschluss fassen werde, um erneut Anregungen zum Regionalplan einzubringen.
Der Gemeinderat hätte in der Kürze der Zeit zwischen einer Entwicklung der Höfe und eventuellen Auswirkung auf die Baulandentwicklung in der Gemeinde entscheiden müssen. Allerdings sind auch Privatpersonen
berechtigt, Anregungen einzubringen, Fetzer riet den Landwirten, sich zusammenzuschließen und ihr Ansinnen dem Regionalplan mitzuteilen.
Gemeinderat und Landwirt Pfister (CDU) erklärt im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“, warum diese Grünzüge kritisch betrachtet werden: „Diese Flächen sind von der Bebauung freizuhalten, somit fällt für die Landwirte das privilegierte Bauen weg.“Bisher gibt es die Chance, beispielsweise Ställe auf den Flächen zu errichten. Laut Fetzer sei der Bau eines Stalls auch weiterhin kein Problem, eine Biogasanlage schon. Pfister argumentiert, dass sich die Landwirtschaft in den vergangenen Jahren zu größeren Betrieben entwickelt hat, was die Zukunft bringt, sei ungewiss. Daher befürworten er und auch viele seiner Berufskollegen eine Ausnahme, um auch weiterhin auf den Flächen bauen zu können. Wäre das nicht der Fall, müssten die Landwirte im Zweifel auf Gewerbegebiete ausweichen. Zwar ist im Regionalplan vorgesehen, dass die Grünzüge auch der Entwicklung der landwirtschaftlichen Flächen dienlich seien, so Fetzer, aber Pfister sieht die Sache skeptisch.
Bei den Fauna-Flora-Habitat-Flächen (FFH) sei es ähnlich gewesen, betont das Gemeinderatsmitglied. Erst war es eine gute Sache, die auf Grundlage des Natur- und Tierschutzes basierte, nun gibt es Streitigkeiten mit der Europäischen Union, weil die Regeln nicht dem EU-Standard entsprechen, so Pfister. Einige Landwirte in der Region erwarten nun ein ähnliches Vorgehen. Erst werde einem etwas zugesagt und dann werden die Regeln geändert. Außerdem, so kritisiert der Binger, sei der Regionalplan in einem Juristendeutsch verfasst, das an einigen Punkten schwer verständlich sei. „Manche Besitzer von Aussiedlerhöfen im Allgäu wissen wahrscheinlich noch gar nicht, was auf sie zukommt“, so Pfister.
Der Berufsverband der Landwirte wolle nun ebenfalls Anregungen einbringen und auf die Problematik aufmerksam machen, informiert Pfister. Zudem habe bereits ein Betrieb aus Laiz angefangen, gegen die Grünzugstreifen vorzugehen. Im Kreis Sigmaringen gehen derzeit Unterschriftenliste herum, um aufzuzeigen, dass eine Ausnahme für die Landwirte wichtig ist. Auf diesen Punkt wies auch Bürgermeister Fetzer hin. Es gibt noch bis Freitag, 26. Februar, die Möglichkeit, Anregungen auch via E-Mail als Privatperson abzugeben.