Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Falsche Verdächtigung zieht Geldstrafe nach sich
Vor dem Sigmaringer Amtsgericht muss sich ein 70-Jähriger verantworten
KREIS SIGMARINGEN - Ein 70-jähriger Rentner hat sich am Mittwoch vor dem Sigmaringer Amtsgericht wegen des Straftatbestands der falschen Verdächtigung verantworten müssen. Am Ende der knapp einstündigen Verhandlung wird das Verfahren vorläufig eingestellt – der Mann muss 600 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen.
In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft heißt es, der 70-Jährige habe im Januar 2020 einen Brief an das Amtsgericht und das Jugendamt geschrieben, in dem er eine rechtliche Betreuung für eine Frau forderte, die in einer seiner Wohnungen wohnte. In dem Schreiben unterstellte er der Frau unterer anderem eine narzisstische Persönlichkeitsstörung und schrieb, sie sei eine krankhaft gerissene Betrügerin. Zudem würde sie arbeiten, während ihre 12-jährige Tochter auf die beiden jüngeren Geschwister aufpasse. Die Behauptungen, so die Staatsanwaltschaft, seien strafbar als falsche Verdächtigung und Verleumdung.
Angefangen habe alles, so erklärt es der Angeklagte, Ende des Jahres 2019. Damals habe er einer alleinerziehenden, knapp 30-jährigen Mutter mit drei Kindern in einer Notlage helfen wollen und ihr eine seiner
Wohnungen im badischen Teil des Landkreises vermietet. „Ich bin ihr voll auf den Leim gegangen“, sagt der Angeklagte. Schnell habe sich gezeigt, dass die Frau Abmachungen nicht einhalte und auch den Forderungen nach Kaution und Miete nur teilweise nachkomme. Zudem habe sie eine „Sauerei am Haus und im Garten veranstaltet“, so der Angeklagte,
der das Mietverhältnis schon nach wenigen Wochen wieder beendet habe. Noch heute habe die Frau bei ihm Mietschulden. Um diese einzutreiben, so die Richterin, gebe es jedoch zivilrechtliche Möglichkeiten. Darum, so der Angeklagte, sei es ihm in seinem Schreiben an unterschiedliche Stellen aber gar nicht gegangen, vielmehr sei das Kindeswohl in seinen Fokus gerückt. Deshalb habe er mit einem Brief helfen wollen. Darin schrieb er unter anderem, seine Mieterin könne ihre Angelegenheiten nicht selbst regeln. Und auch wenn er kein Fachmann sei, würde vieles bei der Frau auf eine psychische Erkrankung hindeuten, des Weiteren sei die Dame gewissenlos und trickreich. Die Betroffene selbst erscheint nicht zu Verhandlung. Es stellt sich heraus, dass unsicher ist, ob die Vorladung überhaupt ihre Adressatin erreicht hat. Unabhängig davon existiert der Brief, der auch dem Gericht vorliegt. Der Anwalt des Angeklagten gibt in diesem Zusammenhang zu: „Das hätte man auch anders schreiben können“. Einsicht lässt sich auch beim Angeklagten erkennen, dennoch habe ihn das damals „einfach auf die Zinne getrieben“. Gegen die Zahlung einer Geldauflage von 600 Euro wird das Verfahren vorläufig eingestellt. Sollte der Mann das Geld innerhalb einer gesetzten Frist an den Sigmaringer Tierschutzverein bezahlen, wird das Verfahren komplett eingestellt – andernfalls droht die Wiederaufnahme.