Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Biber macht selbst vor der Kanalisation keinen Halt
Ein Modellprojekt soll die Entnahme der Tiere in der Donauregion möglich machen
LANGENENSLINGEN/REGION - Am Biber scheiden sich die Geister: Während Naturschützer sich über seine Wiederansiedlung freuen, stöhnen Landwirte und Gemeinden über die Schäden, die die Nager verursachen. Besonders aktiv zeigen sich die Tiere im westlichen Landkreis Biberach. In Langenenslingen macht der Biber selbst vor der Kanalisation nicht Halt. Das Landwirtschaftsund das Umweltministerium erarbeiten gemeinsam ein Modellprojekt für die Donauregion. Nach bayerischem Vorbild soll es gegebenenfalls künftig möglich sein, in den Landkreisen Biberach, Sigmaringen, Ravensburg und dem AlbDonau-Kreis Biber zu entnehmen. Das Projekt sollte bereits im November 2020 starten. Ein neuer Termin ist nun für Ende März geplant. Ein Entschädigungsfonds ist aber nicht Bestandteil des Modellprojekts.
Probleme mit dem Biber sind kein spezifisches Langenenslingen-Problem. Aber die Aktivitäten der Tiere nehmen in der Gemeinde zu und verursachen hohe Schäden, auf deren Kosten die Kommune und Privatleute sitzen bleiben. Seit vielen Jahren sind sämtliche Gewässer von verschiedenen Biberfamilien besetzt. Die Gemeinde schuf ein Biberrevier und mit dem Biberbeauftragten ein Management, damit der Biber umgesiedelt werden konnte.
Allerdings sucht sich der Biber auch Plätze, an denen er großen Schaden anrichtet. Eigentümer von landwirtschaftlichen Flächen haben Verluste und stehen mit den Schäden alleine da. „Das kommt einer schleichenden Enteignung gleich“, sagt Schneider. Und auch die Gemeinde muss tief in die Tasche greifen. Im Jahr 2019 waren es zirka 42 000 Euro, die für Biberschäden aufgebracht werden mussten. Für 2020 rechnet Schneider mit einer deutlichen Erhöhung. Betroffen von Schäden sind der Hauptort und die Teilorte Andelfingen und Wilflingen. Dort baut der Biber nicht nur Dämme. Er versucht in die Kanalisation einzudringen. Über ein Biotop hat er sich in einem Schachtbauwerk eingenistet, was einen Rückstau im gesamten Kanalsystem verursachte. Die Tiere stauen die Bäche an, legen dadurch Drainageleitungen auf den landwirtschaftlichen Flächen lahm. Auf den Flächen bleibt das Wasser stehen, der Landwirt hat das Nachsehen. Da auf vielen landwirtschaftlichen Flächen Drainagen vorhanden sind, ist das ein großes Problem.
Darüber hinaus stellen auch Höhlen und angenagte Bäume im Bereich der Gewässer ein immer größeres Risiko dar. Dies können die Kommunen, so Bürgermeister Schneider, in Zukunft so nicht mehr tragen. So wird für die Zukunft bereits über Sperrungen von Straßen und Naherholungsbereichen nachgedacht, da die Gemeinde die Verkehrssicherheit in einzelnen Bereichen nicht mehr voll gewährleisten kann.
Langenenslingens Bürgermeister Schneider hat wegen der Problematik einen Brandbrief an verschiedene Ämter und Politiker geschrieben. Der CDU-Landtagsabgeordneten Thomas Dörflicher suchte als einer der ersten das Gespräch mit ihm und trug das Thema in den Landtag. Dort diskutieren zum einen das CDU-besetzte Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und das Grünen-besetzte Umweltministerium um ein Modellprojekt, das Landkreisen an der Donau die Entnahme von Bibern nach bayerischem Vorbild möglich machen soll.
Das Landwirtschaftsministerium hätte gerne einen Fonds, über den Betroffene entschädigt werden. Das Umweltministerium stemmt sich dagegen. Im Projekt sollen außerdem die Möglichkeiten und Grenzen der Beteiligung der Jägerschaft beim Biber-Management ausgelotet sowie die Umsetzung letaler Entnahmen von Bibern vorbereitet und gegebenenfalls praktisch angewendet werden. Zuerst muss allerdings das Projekt starten. Das solle bis Ende März geschehen, sagte Dörflinger.
Langenenslingens Bürgermeister hofft weiter, dass endlich Bewegung in das Thema kommt, den Gemeinden und betroffenen Privatpersonen zumindest in Teilen geholfen wird. „Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt und daher wird die Gemeinde auch weiterhin an diesem Thema dran bleiben“, sagt Schneider.