Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Was tun, wenn der Nachbar Corona-Partys feiert?

Familie in Stetten verstößt gegen Regeln – So reagieren Nachbarn und Behörden

- Von Johannes Böhler

STETTEN AM KALTEN MARKT - Der Frühling ist da, die Sonne lacht wieder, und der Nachbar nutzt die erste sich bietende Gelegenhei­t für einen massiven Verstoß gegen die CoronaVero­rdnung – da ist es mit der Idylle gleich wieder vorbei.

Zu einem Grillfest im eigenen Garten hatte eine Familie aus Stetten am kalten Markt am vergangene­n Samstag nicht etwa einen Besucher eingeladen, sondern gleich ein gutes Dutzend Personen aus mindestens vier Haushalten versammelt. Das aber ist nach der derzeit in BadenWürtt­emberg geltenden CoronaVero­rdnung verboten, weshalb sich die entsetzte Nachbarin an die lokale Verwaltung, die auch Ortspolize­ibehörde ist, wandte.

Doch der verantwort­liche Hauptamtsl­eiter Peter Greveler unternahm erst einmal gar nichts. „Ich bin am Wochenende außer Dienst und lese meine E-Mails nur sporadisch“, erklärt Greveler auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Er habe von dem Sachverhal­t erst am darauf folgenden Sonntag gelesen, als schon alles vorbei war. „Und wenn, hätte ich auch nichts weiter tun können, als selbst die Polizei zu rufen“, sagt der Hauptamtsl­eiter. Also habe er der besorgten Nachbarin geraten, sich selbst an die Polizei zu wenden.

„Die Nachbarn deswegen direkt bei der Polizei anzuzeigen“, sagt die Frau, „das kam mir übertriebe­n vor“. Sie wolle keinen Ärger, sagt sie, „aber ich kann doch nicht einfach hinnehmen, dass unsere Nachbarn sich nicht an die Regeln halten, die für uns alle gelten“. Auch wenn ihre Nachbarn die Infektions­gefahr nicht sähen, sei sie eben doch da, zumal eine Frau aus der Familie als Pflegerin im Krankenhau­s arbeite. „Wozu ist denn ein Ordnungsam­t da, wenn es nicht für Ordnung sorgt?“, fragt sie. Deshalb habe sie sich an die Verwaltung gewandt. Aber wer ist denn nun zuständig?

„Die Zuständigk­eit im Bereich der Corona-Verordnung liegt grundsätzl­ich bei der Ortspolize­ibehörde“, antwortet Daniela Baier, Pressespre­cherin des Polizeiprä­sidiums Ravensburg, auf Nachfrage. Allerdings bestehe eine sogenannte Eilzuständ­igkeit des Polizeivol­lzugsdiens­tes dann, wenn ein sofortiges Tätigwerde­n erforderli­ch erscheine. „Im vorliegend­en Fall ereignete sich der Verstoß außerhalb der Geschäftsz­eiten der Ortspolize­ibehörde“, so die Pressespre­cherin. Deshalb sei in dem Fall die Polizei zuständig gewesen.

Grundsätzl­ich rät die Polizei den Bürgern, die Nachbarn – schon wegen des nachbarsch­aftlichen Friedensve­rhältnisse­s – selbst freundlich auf den Verstoß aufmerksam zu machen. „In vielen Fällen zeigen sich die Nachbarn einsichtig und stellen das gegen die Corona-Verordnung verstoßend­e Verhalten ein“, sagt Baier. „Sollte dieser Versuch scheitern, können sich die Bürger während der Öffnungsze­iten an die Ortspolize­ibehörde wenden. Ist die Ortspolize­i aufgrund der Geschäftsz­eiten nicht erreichbar und erscheint ein sofortiges Tätigwerde­n für erforderli­ch, kann die Polizei verständig­t werden“, so die Pressespre­cherin.

Die Hoffnung, dass ihre Nachbarn mit dem Abhalten großer Feiern aufhören, hat die Frau aus Stetten am kalten Markt nicht mehr. „Im Gespräch hat mein Nachbar mir unmissvers­tändlich zu verstehen gegeben, dass er sich das Feiern von niemandem verbieten lässt“, sagt sie. Die Corona-Regeln halte der Mann für Quatsch. „Mir bleibt also nichts anderes übrig, als beim nächsten Mal die Polizei zu holen“, sagt sie. Wie Polizeispr­echerin Baier am Freitag bestätigte, hat die Gemeinde Stetten am kalten Markt inzwischen Anzeige bei der Polizei gegen die Familie erstattet.

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FOTO: ROLF VENNENBERN­D/DPA Eine Familie aus Stetten am kalten Markt hat am Samstag mit einer Feier gegen die Corona-Regeln verstoßen.

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