Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Was tun, wenn der Nachbar Corona-Partys feiert?
Familie in Stetten verstößt gegen Regeln – So reagieren Nachbarn und Behörden
STETTEN AM KALTEN MARKT - Der Frühling ist da, die Sonne lacht wieder, und der Nachbar nutzt die erste sich bietende Gelegenheit für einen massiven Verstoß gegen die CoronaVerordnung – da ist es mit der Idylle gleich wieder vorbei.
Zu einem Grillfest im eigenen Garten hatte eine Familie aus Stetten am kalten Markt am vergangenen Samstag nicht etwa einen Besucher eingeladen, sondern gleich ein gutes Dutzend Personen aus mindestens vier Haushalten versammelt. Das aber ist nach der derzeit in BadenWürttemberg geltenden CoronaVerordnung verboten, weshalb sich die entsetzte Nachbarin an die lokale Verwaltung, die auch Ortspolizeibehörde ist, wandte.
Doch der verantwortliche Hauptamtsleiter Peter Greveler unternahm erst einmal gar nichts. „Ich bin am Wochenende außer Dienst und lese meine E-Mails nur sporadisch“, erklärt Greveler auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Er habe von dem Sachverhalt erst am darauf folgenden Sonntag gelesen, als schon alles vorbei war. „Und wenn, hätte ich auch nichts weiter tun können, als selbst die Polizei zu rufen“, sagt der Hauptamtsleiter. Also habe er der besorgten Nachbarin geraten, sich selbst an die Polizei zu wenden.
„Die Nachbarn deswegen direkt bei der Polizei anzuzeigen“, sagt die Frau, „das kam mir übertrieben vor“. Sie wolle keinen Ärger, sagt sie, „aber ich kann doch nicht einfach hinnehmen, dass unsere Nachbarn sich nicht an die Regeln halten, die für uns alle gelten“. Auch wenn ihre Nachbarn die Infektionsgefahr nicht sähen, sei sie eben doch da, zumal eine Frau aus der Familie als Pflegerin im Krankenhaus arbeite. „Wozu ist denn ein Ordnungsamt da, wenn es nicht für Ordnung sorgt?“, fragt sie. Deshalb habe sie sich an die Verwaltung gewandt. Aber wer ist denn nun zuständig?
„Die Zuständigkeit im Bereich der Corona-Verordnung liegt grundsätzlich bei der Ortspolizeibehörde“, antwortet Daniela Baier, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Ravensburg, auf Nachfrage. Allerdings bestehe eine sogenannte Eilzuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes dann, wenn ein sofortiges Tätigwerden erforderlich erscheine. „Im vorliegenden Fall ereignete sich der Verstoß außerhalb der Geschäftszeiten der Ortspolizeibehörde“, so die Pressesprecherin. Deshalb sei in dem Fall die Polizei zuständig gewesen.
Grundsätzlich rät die Polizei den Bürgern, die Nachbarn – schon wegen des nachbarschaftlichen Friedensverhältnisses – selbst freundlich auf den Verstoß aufmerksam zu machen. „In vielen Fällen zeigen sich die Nachbarn einsichtig und stellen das gegen die Corona-Verordnung verstoßende Verhalten ein“, sagt Baier. „Sollte dieser Versuch scheitern, können sich die Bürger während der Öffnungszeiten an die Ortspolizeibehörde wenden. Ist die Ortspolizei aufgrund der Geschäftszeiten nicht erreichbar und erscheint ein sofortiges Tätigwerden für erforderlich, kann die Polizei verständigt werden“, so die Pressesprecherin.
Die Hoffnung, dass ihre Nachbarn mit dem Abhalten großer Feiern aufhören, hat die Frau aus Stetten am kalten Markt nicht mehr. „Im Gespräch hat mein Nachbar mir unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er sich das Feiern von niemandem verbieten lässt“, sagt sie. Die Corona-Regeln halte der Mann für Quatsch. „Mir bleibt also nichts anderes übrig, als beim nächsten Mal die Polizei zu holen“, sagt sie. Wie Polizeisprecherin Baier am Freitag bestätigte, hat die Gemeinde Stetten am kalten Markt inzwischen Anzeige bei der Polizei gegen die Familie erstattet.