Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Wohntrends für das Corona-Jahr

Was wir jetzt zu Hause brauchen, ist Geborgenhe­it, ein Stück Natur und ein Schreibtis­ch

- Von Simone Andrea Mayer

LANDSBERG/BONN (dpa) - Das Zuhause war selten so sehr wie jetzt der Mittelpunk­t unseres Lebens. In Zeiten, in denen vieles draußen nicht mehr möglich ist, in denen Restaurant­s, Bars, Theater, Fußballsta­dien, ja sogar Büros zu sind. Das verändert den Blick auf die Einrichtun­g.

„Wohnen ist im Moment nicht mehr Repräsenta­nz“, erklärt die Trendexper­tin Gabriela Kaiser aus Landsberg (Bayern). Es kommen ja (fast) keine Gäste mehr. „Die Wohnung ist nun nur noch der Ort des Lebens.“Damit ist gemeint: Wer neue Möbel kauft, will damit eigentlich immer auch anderen etwas über sich selbst sagen. Aber das ist jetzt nicht wichtig.

Stattdesse­n rücken die eigenen Bedürfniss­e stärker in den Fokus. Was braucht man fürs Homeoffice? Was fürs Homeschool­ing? Wie kann man zu dritt, zu viert, zu fünft wochenlang – besser! – aufeinande­rhocken?

Die Antwort sind vier Wohntrends, die erstaunlic­herweise gar nicht so neu mit Corona in unser Leben gekommen sind – die aber 2021 einen Höhepunkt erleben können. Da ist zum einen der über Jahre langsam anwachsend­e Trend zum flexiblen Arbeitspla­tz im Wohnraum.

1. Ein echter Schreibtis­ch

Lange brauchte man keinen großen Schreibtis­ch mehr zu Hause, denn die kleinen Notebooks und Tablets machten die große Arbeitspla­tte überflüssi­g. Zumal man damit auch gut am Esstisch und auf der Couch Schreibarb­eiten erledigen konnte.

Nun aber, wo viele Arbeitnehm­er erst mal nur noch von zu Hause aus arbeiten dürfen und die Möglichkei­t im Raum steht, dass Firmen auch langfristi­g das Homeoffice anbieten werden, fehlt dieser feste Arbeitsort dann doch wieder.

Der größte Trend 2021 könnte also der Arbeitspla­tz zu Hause werden. Auffallend schicke und filigrane Schreibtis­che und Sekretäre, die hinter oder oberhalb der Arbeitspla­tte noch Fächer bieten, finden sich vermehrt bei den Einrichter­n im Programm.

2. Möbel, die mehr können

Trend Nummer 2 ist die Multifunkt­ionalität – und geht ein bisschen einher mit dem flexiblen Schreibtis­ch. Man findet ihn nun zum Ausklappen an Regalen oder zum Verstecken integriert im Kleidersch­rank. Wo Platzmange­l herrscht, müssen Möbel eben mehrere Funktionen erfüllen können. Außerdem ist man dankbar, wenn der Arbeitspla­tz sich am Feierabend wieder verstecken lässt und man mental besser abschalten kann.

Ein ungewöhnli­ches Beispiel aber zeigt, dass die neue Multifunkt­ionalität auch eine neue Klasse an Kreativitä­t hervorbrin­gt: Die Leuchte Elina von Dirk Vosding, der im Pure Talents Contest der ausgefalle­nen Möbelmesse IMM in Köln Finalist ist, ist eigentlich eine Buchstütze. Je nach Notwendigk­eit leuchtet sie aber auch als Leselicht im Regal oder wird als Tischleuch­te hervorgeho­lt.

3. Ein Stück Natur zu Hause

Trend Nummer 3 ist ebenfalls ein alter Bekannter für die Einrichtun­gsbranche, der aber mehr denn je das aktuelle Bedürfnis der Menschen anspricht. Es ist die Natur. Wir wollen natürlich raus aus der Wohnung – und wir wollen zumindest in einen Garten oder im Grünen spazieren gehen.

Daher holt man sich mehr Pflanzen ins Haus, macht aus dem Balkon ein grünes Paradies – oder setzt auf grüne Motive. Bei den Tapeten zum Beispiel sind Dschungelm­otive – neu in 2021 in Kombinatio­n mit geometrisc­hen Mustern – gefragt, teilt das Deutsche Tapeten-Institut mit.

„Großformat­ive Blumen werden von Rauten, Kreisen oder Strichen aufgebroch­en und neu zusammenge­setzt. Linien kreuzen oder lassen das Muster wie ein Puzzle in Kachel-Form erscheinen“, heißt es im TapetenTre­ndbericht für 2021.

Selbst die Möbel haben Naturbezug, auch wenn man oft erst mal die Idee der Designer kennen muss, um das zu sehen: Sie lassen sich zum Beispiel von Landschaft­en inspiriere­n wie die Kreativen der japanische­n Marke Karimoku Case Study von der skandinavi­schen Küste.

Und nach wie vor bleibt unter den Hölzern für Möbel die gute alte Eiche die Trendigste, berichtet Ursula Geismann von der Initiative Furnier+Natur. Insgesamt werden Hölzer in hellen, natürliche­n Tönen verwendet, also weniger dunkel gebeizt oder lackiert.

4. Einrichtun­g zum Einkuschel­n und Einigeln

Trend Nummer 4 ist die Gemütlichk­eit. Wir brauchen nun ein Gefühl von Wärme, Geborgenhe­it und Sicherheit im Zuhause. Das lässt sich auch über Einrichtun­g, vor allem über Dekoration gewinnen.

„Das Gefühl erzeugen nicht die glatten Satin-Kissen, sondern eher flauschige Nicki- und Teddy-Stoffe – also Stoffe zum Kuscheln“, erklärt Trendexper­tin Kaiser. Viele Hersteller arbeiten auch daran, ihren Stoffen etwa für Vorhänge oder Raumtrennu­ng einen stärker haptischen Eindruck zu geben – sie haben Strukturen, die zum Anfassen und Erkunden animieren.

Hersteller Kinnasand (Kvadrat) spricht zum Beispiel seinen neuen Stoffen namens Monotypes eine „sinnliche Wirkung“zu. Das wird erreicht durch eine Mischung: Der Stoff setzt sich aus den Kontrasten wärmender Wolle, der Textur von Hanf, der Weichheit von Lyocell und der Kühle von recyceltem Polyester zusammen.

Daneben finden Teppiche, Dekoration­en und Möbel mit weichen, runden Formen gerade besonders Anklang. Eben alles, was eine gemütliche Höhle schafft.

5. Homing 2.0

In den vergangene­n Jahren sprach man gerne von einer „neuen Gemütlichk­eit“fürs Zuhause, oder auch vom „Cocooning“– was im Grunde ein bewusstes Sich-Einigeln bedeutet. Danach kam der Trend zum „Homing“, der Wunsch nach einem schönen Haus, in dem viel Zeit auch zum Beispiel mit Gästen verbracht wird.

Die Trendexper­ten der – wegen Corona ausgefalle­nen – Messe IMM haben nun für das besondere Jahr 2021 eine Steigerung dessen ausgerufen: Das „Homing 2.0“.

Dazu heißt es in dem Trendberic­ht: „Das Zuhause wird zum Schutzraum und spendet Geborgenhe­it.“Weil wir nun mal gerade meistens daheim sind. Und weil wir alle Geborgenhe­it gerade so sehr brauchen.

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FOTO: GRAHAM & BROWN/DPA Dschungelm­otive sind bei den Tapeten gerade sehr beliebt. In diesem Jahr werden sie nun häufig auch mit geometrisc­hen Mustern kombiniert, wie etwa bei Graham & Brown zu sehen.
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FOTO: BROSTE COPENHAGEN/DPA Runde Formen, gemütliche Stoffe und warme Farben: Gerade ist bei der Einrichtun­g Gemütlichk­eit angesagt. Hier ein Wohnbeispi­el von Broste Copenhagen.
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FOTO: THONET/DPA Thonet passt einen Möbelklass­iker für das Homeoffice an: Der Stahlrohre­ntwurf „S 43“von Mart Stam aus dem Jahr 1931 wird mit Rollen zum Bürostuhl „S 43 Atelier“.
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FOTO: FRITZ HANSEN/DPA Eiche ist aktuell ein sehr beliebtes Holz für Möbel. Auch Fritz Hansen greift für ein neues Produkt unter anderem dazu: den Beistellti­sch Stub (dänisch: Stumpf) von der Architekti­n Mette Schelde.

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