Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ende der Entspannung
Die Corona-Zahlen im Kreis Sigmaringen steigen. Droht eine Ausgangssperre?
SIGMARINGEN - Die gute Laune ist ansteckend. Egal in welches Friseurgeschäft man in Sigmaringen am Montag spaziert. Die Damen und Herren Friseure empfangen einen mit einem Lächeln. Trotz oder gerade wegen der vielen Arbeit.
Mierau Kuhn ist eine Frau, die es versteht, ihren Kunden die Wünsche von den Lippen abzulesen, obwohl die Lippen wegen der Corona-Maske gerade verdeckt bleiben. „In freudiger Erwartung habe ich in den vergangenen Tagen auf diesen Montag hingefiebert“, sagt die Friseurin im Salon Geuder am Karlsplatz. Und jetzt ist er da.
Eigentlich hätte Mierau Kuhn genauso wie ihre Kollegin Conny Schneider montags frei, doch wie beinahe alle Friseure in der Stadt pfeift sie auf den Ruhetag und schiebt in den kommenden Tagen direkt etliche Überstunden.
Zehn Wochen lang Lockdown. Zehn Wochen lang ruhte die Arbeit im Salon. „Nach so einer langen Zeit merkt man, was einem fehlt. In so einer Zeit merkt man, was man gerne tut.“Mierau Kuhn fönt ihrer Kundin Heidi Hammer die Haare und sie tut das mit einem Lächeln im Gesicht, das ansteckend ist. Dass die Stimmung im Salon so entspannt ist, hängt auch damit zusammen, dass das Telefon stumm bleibt. „Wahrscheinlich rufen unsere Kunden erst am Dienstag an, weil sie denken, dass am Montag noch geschlossen ist“, sagt Conny Schneider. Wer kurzfristig auf einen Termin hofft, der wird jedoch enttäuscht werden. In vier Wochen ist wieder etwas frei. „Als Frau Merkel aufgehört hat zu reden, hat bei uns das Telefon geklingelt.“
Ortswechsel in die Antonstraße: Im Männersalon Panaz erinnert die
Stimmung weniger an eine WellnessOase, was am ständig ringenden Telefon liegt. „In zwei Wochen haben wir wieder einen Termin“, sagt Mehmet
Bozkurt, der Inhaber. Der Tausendsassa kann Haare schneiden, der Zeitung die Fragen beantworten und telefonieren gleichzeitig.
Wie bei den Geuders auch sind die Kunden von Panaz sehr diszipliniert. Sie warten unter den Arkaden, bis sie aufgerufen werden. Auf Mehmet
Bozkurt und seine Mitarbeiter warten lange Arbeitstage. Start: 9 Uhr. Ende: 20 Uhr plus X. „Eine Pause müssen wir zwischendurch machen, sonst fallen wir um.“Das zweite Geschäft von Mehmet Bozkurt an der Schwabstraße öffnet erst am Dienstag und ist wie der Salon Geuder den ganzen März ausgebucht. „Frauen brauchen eben länger“, sagt der Friseur und lächelt spitzbübisch.
Das Bartschneiden, was bei einem türkischen Friseur zum Alltag gehört, und Augenbrauenstutzen bleibt bis auf Weiteres aus hygienischen Gründen untersagt. Nach dem ersten Lockdown war dies genauso. Aber wen stört das nach so langer Zeit?
Der Inhaber selber trägt übrigens auch noch ziemlich langes Haupthaar. „Ich sollte mal einen Termin machen“, sagt er. Fragt sich bloß wann.