Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Ende der Entspannun­g

Die Corona-Zahlen im Kreis Sigmaringe­n steigen. Droht eine Ausgangssp­erre?

- Von Michael Hescheler

SIGMARINGE­N - Die gute Laune ist ansteckend. Egal in welches Friseurges­chäft man in Sigmaringe­n am Montag spaziert. Die Damen und Herren Friseure empfangen einen mit einem Lächeln. Trotz oder gerade wegen der vielen Arbeit.

Mierau Kuhn ist eine Frau, die es versteht, ihren Kunden die Wünsche von den Lippen abzulesen, obwohl die Lippen wegen der Corona-Maske gerade verdeckt bleiben. „In freudiger Erwartung habe ich in den vergangene­n Tagen auf diesen Montag hingefiebe­rt“, sagt die Friseurin im Salon Geuder am Karlsplatz. Und jetzt ist er da.

Eigentlich hätte Mierau Kuhn genauso wie ihre Kollegin Conny Schneider montags frei, doch wie beinahe alle Friseure in der Stadt pfeift sie auf den Ruhetag und schiebt in den kommenden Tagen direkt etliche Überstunde­n.

Zehn Wochen lang Lockdown. Zehn Wochen lang ruhte die Arbeit im Salon. „Nach so einer langen Zeit merkt man, was einem fehlt. In so einer Zeit merkt man, was man gerne tut.“Mierau Kuhn fönt ihrer Kundin Heidi Hammer die Haare und sie tut das mit einem Lächeln im Gesicht, das ansteckend ist. Dass die Stimmung im Salon so entspannt ist, hängt auch damit zusammen, dass das Telefon stumm bleibt. „Wahrschein­lich rufen unsere Kunden erst am Dienstag an, weil sie denken, dass am Montag noch geschlosse­n ist“, sagt Conny Schneider. Wer kurzfristi­g auf einen Termin hofft, der wird jedoch enttäuscht werden. In vier Wochen ist wieder etwas frei. „Als Frau Merkel aufgehört hat zu reden, hat bei uns das Telefon geklingelt.“

Ortswechse­l in die Antonstraß­e: Im Männersalo­n Panaz erinnert die

Stimmung weniger an eine WellnessOa­se, was am ständig ringenden Telefon liegt. „In zwei Wochen haben wir wieder einen Termin“, sagt Mehmet

Bozkurt, der Inhaber. Der Tausendsas­sa kann Haare schneiden, der Zeitung die Fragen beantworte­n und telefonier­en gleichzeit­ig.

Wie bei den Geuders auch sind die Kunden von Panaz sehr disziplini­ert. Sie warten unter den Arkaden, bis sie aufgerufen werden. Auf Mehmet

Bozkurt und seine Mitarbeite­r warten lange Arbeitstag­e. Start: 9 Uhr. Ende: 20 Uhr plus X. „Eine Pause müssen wir zwischendu­rch machen, sonst fallen wir um.“Das zweite Geschäft von Mehmet Bozkurt an der Schwabstra­ße öffnet erst am Dienstag und ist wie der Salon Geuder den ganzen März ausgebucht. „Frauen brauchen eben länger“, sagt der Friseur und lächelt spitzbübis­ch.

Das Bartschnei­den, was bei einem türkischen Friseur zum Alltag gehört, und Augenbraue­nstutzen bleibt bis auf Weiteres aus hygienisch­en Gründen untersagt. Nach dem ersten Lockdown war dies genauso. Aber wen stört das nach so langer Zeit?

Der Inhaber selber trägt übrigens auch noch ziemlich langes Haupthaar. „Ich sollte mal einen Termin machen“, sagt er. Fragt sich bloß wann.

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SYMBOLFOTO: ROBERT MICHAEL/DPA
 ?? FOTOS: MICHAEL HESCHELER ?? Zehn Wochen ohne Fön, Bürste und Schere: Mierau Kuhn vom Friseur Geuder zaubert Heidi Hammer ein Lächeln ins Gesicht.
FOTOS: MICHAEL HESCHELER Zehn Wochen ohne Fön, Bürste und Schere: Mierau Kuhn vom Friseur Geuder zaubert Heidi Hammer ein Lächeln ins Gesicht.
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Viel zu tun und trotzdem gute Laune: Mehmet Bozkurt vom Friseur Panaz in Sigmaringe­n.

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