Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Fußgänger stirbt nach Unfall
33-Jähriger steht wegen fahrlässiger Tötung vor dem Sigmaringer Amtsgericht.
GAMMERTINGEN/HETTINGEN - Im Juni 2020 hat sich kurz vor Gammertingen ein tragischer Unfall ereignet. Ein Motorradfahrer hat einen Fußgänger angefahren. Der über 80-Jährige starb an den Verletzungen, der Fahrer erlitt Prellungen und Schürfwunden. Wie es zu dem Unfall kam, klärte das Sigmaringer Amtsgericht am Mittwoch. Die Staatsanwaltschaft warf dem 33-jährigen Angeklagten fahrlässige Tötung vor.
Er soll an Pfingstmontag mit seiner Kawasaki zu schnell unterwegs gewesen sein und nur leicht gebremst haben, was den Tod eines Mannes zur Folge hatte. Der Angeklagte schilderte es hingegen etwas anders. Er sei von seinem Motorrad aus einer 70erZone gekommen und hatte beschleunigt, als er sah, dass jemand die Bundesstraße überquerte, um auf einen Wanderparkplatz zu gelangen. Er habe leicht abgebremst, so der 33-Jährige, und den Eindruck gehabt, dass die Fahrbahn frei sei. Als er den Mann auf der Straße wahrnahm, bremste er erneut und stark ab. „Ich dachte, es wird knapp, aber ich komme vorbei, dann ist er stehengeblieben“, sagte der Angeklagte vor dem Amtsgericht aus. Es seien Sekunden gewesen, in denen sich das Ganze abspielte. „Ich hab ihn erwischt“, sagte der Motorradfahrer weiter.
Das Gutachten eines Sachverständigen ergab, wie sich der Unfall wahrscheinlich abgespielt hat. Demnach war der Mann etwa auf Höhe des Mittelstreifens, als ihn die Maschine an der linken Seite traf. Der Fußgänger erlitt einem polizeilichen Bericht zufolge Verletzungen, die auf einen solchen Hergang schließen lassen. Auch die Spuren an der Maschine wiesen darauf hin. Der Mann blutete einem Zeugen nach nur leicht, sei aber nicht ansprechbar gewesen. Der Zeuge rief den Rettungswagen und ließ sich von der Notrufzentrale anleiten, um erste Hilfe zu leisten, sagte er vor Gericht aus. Der Zeuge war einer von vier, der befragt wurde, wie es zu dem Unfall kommen konnte.
Er und seine Freundin hatten das Motorrad gehört, es aber über die Straße zum Wanderweg ohne Probleme geschafft. Die Straße sei auch für Fußgänger gut einsehbar, so der Zeuge weiter. Das Unfallopfer und seine Frau kamen den beiden entgegen. Kurz danach hörten die Zeugen die Bremsen. „Ich hab noch gedacht, hoffentlich ist dem Motorradfahrer nichts passiert“, sagte die Frau des Opfers aus. Vom Unfall habe sie nichts gesehen, da sie vor ihrem Mann gelaufen sei. Sie habe sich nicht umgedreht, zumal ihr Mann immer vorsichtig gewesen sei. Sie habe das Motorrad gesehen und sich gedacht, „das reicht mir noch“und überquerte die Straße, davon ausgehend, dass ihr Mann auf der anderen Seite warten würde, bis die Straße frei wäre. Auf die Frage der Staatsanwaltschaft, ob sie wütend auf den Mann war, der den Unfall verursacht hatte, verneinte die über 70-Jährige. Ihr Sohn habe zudem Kontakt zum Motorradfahrer gesucht, ihn angerufen und laut Aussage des Angeklagten gesagt: „Wir sehen es als Unfall.“
Das Gutachten zeigte auf, dass die Bremsspur mit 84 Metern zwar recht lang sei, aber auch daraus lasse sich nicht schließen, dass der Fahrer fahrlässig gehandelt habe. Hätte er schneller eine Vollbremsung eingeleitet und wäre der Fußgänger am Straßenrand stehen geblieben, wäre der Unfall nicht passiert, so der Sachverständige. „Beide hätten den Unfall mit einer anderen Reaktion vermeiden können“, sagte der Experte.
Der Verteidiger regte nach den Zeugenaussagen und dem Gutachten an, das Verfahren einzustellen, dem stimmte die Staatsanwaltschaft zu. Der Beweis für fahrlässiges Verhalten konnte nicht zweifelsfrei erbracht werden. Gegen eine Geldauflage von 1200 Euro, die innerhalb von sechs Monaten fällig wird, wurde das Verfahren vorläufig eingestellt. Richterin Kristina Selig regte an, das Geld den Helfern vor Ort in Veringenstadt zukommen zu lassen.