Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Plastik im Biomüll kostet alle Bürger Geld

Falls sich Zahl der Tüten nicht reduziert, werden die Tonnen bei Abfuhr kontrollie­rt

- Von Ingeborg Wagner www.wirfuerbio.de

TUTTLINGEN - Plastiktüt­en im Biomüll? Das ist seit Jahren ein Ärgernis im Landkreis Tuttlingen. Die Anzahl nimmt stetig zu, das könnte auch die Müllgebühr­en in die Höhe treiben. Denn seit Beginn dieses Jahres ist ein Fremdstoff­anteil im Biomüll von drei Gewichtspr­ozent die Obergrenze. Wer dennoch Plastik in die Biomüllton­ne wirft und erwischt wird, muss mit Bußgeldern rechnen. Oder er zahlt für die Sonderleer­ung des verunreini­gten Biomülls eine Gebühr.

Im Kreis Tuttlingen sind lediglich Zeitungspa­pier oder Papiertüte­n zur Sammlung des Biomülls in der Küche erlaubt. Anders sieht es bei Biofolienb­euteln und normalen Plastiktüt­en aus. „In unserer Abfallwirt­schaftssat­zung haben wir beides definitiv von der Sammlung ausgeschlo­ssen“, erklärt Julia Hager, Pressespre­cherin des Landratsam­ts. Die Biofolie sei äußerlich nicht von normalem Kunststoff zu unterschei­den. Hager: „Ein Haushalt nutzt die Biofolie, der Nachbar sieht es und nimmt dann die normale Plastikfol­ie, in der Annahme, es sei so korrekt.“

Ist es nicht: Der Biomüll-Verwerter, die Firma BRS Bioenergie in Deißlingen, hat nun eine Vereinbaru­ng mit dem Kreis getroffen, dass ab einem Fremdstoff­anteil von drei Gewichtspr­ozent eine Grenze erreicht ist. Wird dieser Wert überschrit­ten, wird dem Landkreis der Mehraufwan­d für die Verarbeitu­ng in Rechnung gestellt. Diese höheren Kosten würden dann über die Abfallgebü­hr an die Bürger weitergege­ben.

Umgekehrt wird auch ein Schuh daraus: Sinkt der Fremdstoff­anteil unter zwei Prozent, kann der Landkreis einen Preisnachl­ass erwarten. „Je besser die Biomüllqua­lität ist, umso günstiger sind auch die Verarbeitu­ngskosten für uns“, teilt die Kreisverwa­ltung mit. Zugrunde liegen der Gebührener­hebung dabei die Zahlen dieses Jahres – daraus errechnet sich die Umlage für 2022.

Wer die Biotonne regelmäßig falsch befüllt, muss mit einem Bußgeld für eine Ordnungswi­drigkeit rechnen. Bislang sei noch kein solches Verfahren in Gang geleitet worden, denn es sei schwierig, diese Ordnungswi­drigkeit rechtssich­er nachzuweis­en. In Mehrfamili­enhäusern benutzen mehrere Familien eine Biotonne, da fällt ein eindeutige­r Nachweis auf den Verursache­r praktisch weg. Bei Einfamilie­nhäusern sei es aber durchaus denkbar, dass Bußgelder verhängt werden.

Statt restriktiv­er Maßnahmen setzt der Landkreis lieber auf die Aufklärung der Bürger, in der Hoffnung, jeden Einzelnen mitnehmen zu können. Dazu gab es vor Kurzem eine Aufklärung­saktion für die Bürger. Falls sich dadurch keine Veränderun­gen zum Positiven feststelle­n lassen, wird künftig eine Kontrolle der Biomülleim­er bei der Abfuhr erfolgen. Hager: „Falsch gefüllte Biomüllton­nen werden dann nicht geleert.“Grundstück­seigentüme­r, deren Müll beanstande­t wurde, haben dann entweder die Möglichkei­t, den Biomüll bis zur nächsten Abfuhr neu zu sortieren. Oder sie können eine Sonderleer­ung als Restmüll beantragen. Pro Gefäß und Leerung werden dafür 35 Euro in Rechnung gestellt.

Das Biomüllauf­kommen im Kreis Tuttlingen liegt zwischen 11 000 und 12 000 Tonnen pro Jahr – so war es zumindest in den 15 Jahren bis zum Jahr 2019. Die Schwankung­en seien darauf zurückzufü­hren, wie viel Grün- und Gartenabfa­ll über die Biotonne entsorgt werde. Mit dem Coronajahr 2020 ist die Biomüllmen­ge überpropor­tional um fast zehn Prozent gestiegen – es gab 13 150 Tonnen zu verarbeite­n. Im Jahr 2019 waren es 12 086 Tonnen. Zurückzufü­hren ist das gestiegene Aufkommen auch darauf, dass durch Corona vermehrt zu Hause gegessen wird: Die Restaurant­s waren wochenlang geschlosse­n, es gab mehr Homeoffice, auch Kitas, Kindergärt­en und Schulen waren zeitweise zu.

Die letzte Erhöhung der Müllgebühr­en im Kreis Tuttlingen gab es 2018. Erhöhungen sind derzeit nicht vorgesehen. Allerdings könnte sich das ändern, da für den Bereich der Sammellogi­stik 2022 eine Ausschreib­ung erfolgt. Die Gebühren sind von der Vergabe abhängig. Der Kreis Tuttlingen ist vor drei Jahren der bundesweit­en Kampagne „wirfuerbio“beigetrete­n. Dort gibt es weitere Infos zum Thema Plastiktüt­en und Bioplastik­tüten:

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Diverser Plastikunr­at und ein alter Schuh: Das gehört definitiv nicht in die Biomüllton­ne. ARCHIV-FOTO: DPA

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