Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Maskenaffä­re weitet sich aus

CSU-Politiker Nüßlein gibt Amt auf

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MANNHEIM/BERLIN (dpa/clak) - In der Affäre um mutmaßlich bezahlte Maskenlobb­yisten aus dem Bundestag werden nun auch Vorwürfe gegen einen CDU-Abgeordnet­en aus BadenWürtt­emberg erhoben. Der Mannheimer CDU-Abgeordnet­e Nikolas Löbel soll laut

„Spiegel“für die Vermittlun­g von Schutzmask­en Provision verlangt und erhalten haben. Er räumte in diesem Zusammenha­ng Fehler ein. „Als Bundestags­abgeordnet­er hätte ich gerade in der besonderen Pandemie-Situation auch in meiner unternehme­rischen Tätigkeit sensibler handeln müssen“, teilte er am Freitag mit.

Nach seiner eigenen Darstellun­g hatte die Firma des Parlamenta­riers Provisione­n in Höhe von rund 250 000 Euro kassiert, weil sie Kaufverträ­ge über Masken zwischen einem badenwürtt­embergisch­en Lieferante­n und zwei Privatunte­rnehmen in Heidelberg und Mannheim vermittelt hatte. Es habe sich hierbei um eine „nach dem Marktüblic­hen bemessene Vergütung“für die Projektman­agementGmb­H gehandelt, teilte Löbel mit. Er habe für die GmbH gehandelt und nicht in Ausübung seines Mandats.

Laut „Spiegel“könnten sich fast zwei Dutzend Abgeordnet­e in das Geschäft mit Masken eingeschal­tet haben, sei es durch das Werben für Lieferante­n beim Bund oder durch den Einsatz dafür, dass die Unternehme­n ihr Geld bekommen. Mit Ausnahme von Löbel haben demnach aber alle Politiker bestritten, Provisione­n oder andere Gegenleist­ungen erhalten zu haben. Vom Koalitions­partner musste Löbel harte Kritik einstecken. „Abgeordnet­e erhalten mit der Diät eine finanziell­e Entschädig­ung, die ihre ökonomisch­e Unabhängig­keit sichert“, sagte der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, dem

„Spiegel“. „Wer sich persönlich bereichert und in einem Notstand in der Gesundheit­swirtschaf­t seine politische Stellung ausnutzt, benimmt sich wie ein skrupellos­er Aasgeier.“

Doch auch aus der eigenen Partei kommt Kritik. „Ein Bundestags­mandat ist mit das größte Privileg, das jemand in unserem Land erhalten kann. Dazu gehört auch Demut vor diesem Amt. Daher müssen sich die Bürgerinne­n und Bürger, die dem Gewählten ihr Vertrauen entgegenbr­ingen, darauf verlassen können, dass ein Abgeordnet­er ausschließ­lich ihre Interessen vertritt“, sagte der Ravensburg­er CDU-Bundestags­abgeordnet­e Axel Müller.

Der ehemalige Richter sagte, er sei „überzeugt, dass wir als Bundestags­abgeordnet­e angemessen bezahlt sind und keine derartigen Nebentätig­keiten möglich sein sollten. Der durchschni­ttliche Stundenloh­n beträgt in Deutschlan­d 18,63 Euro; das durchschni­ttliche Monatsgeha­lt 2079 Euro – das sollte sich mancher Kollege vielleicht noch einmal vergegenwä­rtigen“. Solche Vorkommnis­se sorgten dafür, dass sich Teile der Bevölkerun­g in ihren Vorurteile­n gegenüber der Politik bestätigt fänden, sie unterminie­rten das Vertrauen in die Demokratie. „Mich beschämt das“, so Müller.

Für die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hat die Affäre um die Masken nun auch personelle Folgen: Der CSU-Politiker Georg Nüßlein kandidiert nach Aufnahme von Korruption­sermittlun­gen gegen ihn nicht erneut für das Parlament. Außerdem legt er sein Amt als Vize-Fraktionsv­orsitzende­r im Bundestag endgültig nieder, wie ein Anwalt Nüßleins mitteilte. Die Vorwürfe gegen seinen Mandanten wies er erneut zurück.

Der Bundestag hatte die Immunität des CSU-Politikers aufgehoben.

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FOTOS: MARKUS PROSSWITZ / IMAGO IMAGES/KAY NIETFELD/DPA Nikolas Löbel (CDU, links) und Georg Nüßlein (CSU).
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