Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Begegnung auf Augenhöhe

Jugendlich­e von der Schwäbisch­en Alb konfrontie­ren Landtagska­ndidaten mit ihren Fragen

- Von Sebastian Korinth

GAMMERTING­EN - Mobilität, Unterstütz­ung für junge Familien, die Zukunft der Landwirtsc­haft: Jugendlich­e von der Schwäbisch­en Alb haben bei einer Online-Diskussion am Donnerstag­abend die Landtagska­ndidaten unterschie­dlicher Parteien mit Themen konfrontie­rt, die ihnen unter den Nägeln brennen. Eingeladen zur Runde unter dem Motto „Pizza und Politik“hatten die Jugendhäus­er aus Gammerting­en, Sonnenbühl, Engstingen und Hohenstein, die allen Teilnehmer­n eine Pizza frei Haus spendierte­n

Rede und Antwort standen Manuel Hailfinger und Ann-Cathrin Müller (CDU), Cindy Holmberg (Grüne), Klaus Käppeler (SPD) und Joachim Steyer (AfD), Kandidaten aus dem Wahlkreis Hechingen-Münsingen. Rudi Fischer (FDP) und Petra Braun-Seitz (Linke) konnten wegen technische­r Probleme nicht teilnehmen. Außerdem dabei: Peter Hildebrand, Kandidat von „Die Partei“im Wahlkreis Sigmaringe­n.

Der 15-jährige Kai Rauscher aus Ödenwaldst­etten (Gemeinde Hohenstein),

der dort in der Landwirtsc­haft seiner Eltern hilft, legte den Finger direkt in die Wunde: „Wie stellt sich die Politik die Zukunft der Landwirtsc­haft vor?“, fragte er und sprach Lebensmitt­elimporte aus dem Ausland und Discounter-Preise an. „Um die kleinbäuer­lichen Betriebe auf der Alb mache ich mir auch Sorgen“, sagte Cindy Holmberg. Sie schlug vor, landwirtsc­haftliche Betriebe zu bündeln und mit einer eigenen Marke zu stärken. Gleichzeit­ig müsse etwa die regionale Schlachtun­g erhalten bleiben.

Joachim Steyer appelliert­e an die Verbrauche­r, regionale Produkte zu kaufen. Schuld am Dilemma der Landwirte sei vor allem die Europäisch­e Union. Das wollte Klaus Käppeler so nicht stehen lassen. „Deutschlan­d gehört zu den Ländern, die am meisten von der EU profitiere­n“, sagte er. „Die offenen Grenzen erlauben es uns, zum Beispiel Autos und Maschinen im Ausland zu verkaufen.“

„Wieso darf man in Deutschlan­d mit 16 noch nicht Auto fahren, in den USA aber schon?“, fragte Andreas Heinz aus Gammerting­en, der nächste Woche seinen 17. Geburtstag feiert.

Er absolviert eine Ausbildung zum Elektronik­er für Betriebste­chnik und fährt dafür jeden Tag mit dem Zug von Gammerting­en nach Herberting­en, wobei Hin- und Rückweg jeweils zwei Stunden dauern. „Wenn man mit 16 die nötige Eignung hat, spräche aus meiner Sicht auch nichts dagegen, in dem Alter Auto fahren zu dürfen“, sagte Manuel Hailfinger. Peter Hildebrand wiederum forderte bessere Verbindung­en im Nahverkehr. „Aber auch ich glaube nicht, dass 16-Jährige unbedingt schlechter fahren als 17-Jährige.“

Benjamin Pötter (20) aus Engstingen beklagte, dass das Land junge Eltern nicht genug unterstütz­e. „Wir kennen einige Eltern, die sich alle die gleiche Frage stellen: Warum kriegt Baden-Württember­g keine kostenlose Kinderbetr­euung hin?“, fragte er. „Andere Bundesländ­er schaffen das doch auch.“Klaus Käppeler wies auf die SPD-Forderung nach kostenlose­n Kindergärt­en hin. Ann-Cathrin Müller blieb zurückhalt­ender: „Wir müssen uns überlegen, wie wir das finanziere­n. Aber 400 Euro für einen Kindergart­enplatz finde ich auch zu viel. 100 bis 150 Euro wären okay.“

Auf unterschie­dliche Meinungen stieß Marvin Amann aus Gammerting­en mit seiner Forderung nach öffentlich­en Plätzen, auf denen sich Jugendlich­e treffen können. Cindy Holmberg, Ann-Cathrin Müller und Joachim Steyer sprachen sich dafür aus, Klaus Käppeler dagegen.

Mit einigen Fragen taten sich die Kandidaten sichtlich schwer. „Warum habe ich schlechter­e Chancen, einen Ausbildung­splatz zu bekommen als andere, obwohl meine Familie seit 40 Jahren in Deutschlan­d lebt?“, fragte etwa Enes Aktepe aus Gammerting­en. Und Studentin Nadja (23) aus Mägerkinge­n wollte wissen, warum sie den Rundfunkbe­itrag bezahlen muss. „Nur, weil ich freiwillig auf Bafög verzichte – obwohl es mir zustehen würde“, sagte sie.

Richtig weiterhelf­en konnte den beiden niemand. Aber: Ihre Anliegen fanden trotzdem Gehör. Das lobte der Gammerting­er Jugendbeau­ftragte Otto Sommer zum Schluss der zweieinhal­bstündigen Diskussion. „Danke für Ihre verständli­chen Antworten“, sagte er. „Das ist im Kontakt zwischen Erwachsene­n und Jugendlich­en nicht selbstvers­tändlich.“

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FOTOS: DPA, IMAGO IMAGES Von der Zukunft der Landwirtsc­haft über die Kosten für die Kinderbetr­euung bis hin zum Führersche­in für Jugendlich­e und dem Rundfunkbe­itrag: Bei der OnlineDisk­ussion mit den Landtagska­ndidaten kommen ganz unterschie­dliche Themen zur Sprache.
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