Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Tierwohlab­gabe ist beste Option

- Von Helena Golz h.golz@schwaebisc­he.de

Den perfekten industriel­len Fleischmar­kt gibt es nicht. Wer darauf hofft, eines Tages billiges Fleisch zu jeder Zeit von glückliche­n Rindern, Schweinen und Hühnern kaufen zu können, kann lange warten.

Denn großen Fleischkon­zernen wie Tönnies geht es in erster Linie um Kosteneffi­zienz, weniger um die Rücksicht auf Tiere und Menschen. Aber wie soll es auch anders sein, wenn die Nachfrage nach billigem Fleisch riesig ist? Obwohl sich nämlich viele Verbrauche­r mehr Tierwohl wünschen, sind sie doch meist nicht bereit, mehr Geld für Schnitzel, Steak oder Wurst auszugeben. Das teure Tierwohlfl­eisch – es gibt ja bereits freiwillig­e Label – bleibt im Kühlfach liegen. Der Markt allein wird die Tierwohlpr­oblematik also auf absehbare Zeit nicht lösen.

Bleibt der Staat. Ein Tierwohlge­setz könnte natürlich helfen: breite Boxen, Stroh und Frischluft per Gesetz. Klingt gut, wird aber nicht funktionie­ren, weil die Bauern bei diesen hohen Auflagen am Ende für ihre Produkte keinen Cent mehr kriegen, während sich die Billigflei­sch-Konkurrenz aus dem Ausland freut.

Die von der Expertenko­mmission um den früheren Agrarminis­ter Jochen Borchert (CDU) ausgearbei­tete Tierwohlab­gabe scheint da die bisher beste Option zu sein. Die Verbrauche­r würden hier laut Vorschlag der Kommission 40 Cent mehr pro Kilogramm Fleisch und Wurst zahlen – egal ob bei in Deutschlan­d produziert­er oder aus dem Ausland importiert­er Ware. Für jeden Verbrauche­r wären das dann rund 35 Euro im Jahr mehr. Das Geld wiederum soll den Landwirten zugutekomm­en, etwa für den Umbau von Ställen.

Auch wenn bisher nicht ganz klar ist, wann und auf welchem Wege das Geld genau an die Bauern fließen soll und ob die Abgabe EU-rechtlich durchgeht, es wäre ein Weg. Die Verbrauche­r, die gerne mit gutem Gewissen essen wollen, würden in überschaub­arem Maße belastet. Und die Bauern bekämen eine gesicherte Finanzieru­ng für ihre Tierwohlan­strengung. Perfekt ist die Lösung nicht. Aber perfekt gibt es bei der Tierwohlpr­oblematik einfach nicht.

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