Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Tierwohlabgabe ist beste Option
Den perfekten industriellen Fleischmarkt gibt es nicht. Wer darauf hofft, eines Tages billiges Fleisch zu jeder Zeit von glücklichen Rindern, Schweinen und Hühnern kaufen zu können, kann lange warten.
Denn großen Fleischkonzernen wie Tönnies geht es in erster Linie um Kosteneffizienz, weniger um die Rücksicht auf Tiere und Menschen. Aber wie soll es auch anders sein, wenn die Nachfrage nach billigem Fleisch riesig ist? Obwohl sich nämlich viele Verbraucher mehr Tierwohl wünschen, sind sie doch meist nicht bereit, mehr Geld für Schnitzel, Steak oder Wurst auszugeben. Das teure Tierwohlfleisch – es gibt ja bereits freiwillige Label – bleibt im Kühlfach liegen. Der Markt allein wird die Tierwohlproblematik also auf absehbare Zeit nicht lösen.
Bleibt der Staat. Ein Tierwohlgesetz könnte natürlich helfen: breite Boxen, Stroh und Frischluft per Gesetz. Klingt gut, wird aber nicht funktionieren, weil die Bauern bei diesen hohen Auflagen am Ende für ihre Produkte keinen Cent mehr kriegen, während sich die Billigfleisch-Konkurrenz aus dem Ausland freut.
Die von der Expertenkommission um den früheren Agrarminister Jochen Borchert (CDU) ausgearbeitete Tierwohlabgabe scheint da die bisher beste Option zu sein. Die Verbraucher würden hier laut Vorschlag der Kommission 40 Cent mehr pro Kilogramm Fleisch und Wurst zahlen – egal ob bei in Deutschland produzierter oder aus dem Ausland importierter Ware. Für jeden Verbraucher wären das dann rund 35 Euro im Jahr mehr. Das Geld wiederum soll den Landwirten zugutekommen, etwa für den Umbau von Ställen.
Auch wenn bisher nicht ganz klar ist, wann und auf welchem Wege das Geld genau an die Bauern fließen soll und ob die Abgabe EU-rechtlich durchgeht, es wäre ein Weg. Die Verbraucher, die gerne mit gutem Gewissen essen wollen, würden in überschaubarem Maße belastet. Und die Bauern bekämen eine gesicherte Finanzierung für ihre Tierwohlanstrengung. Perfekt ist die Lösung nicht. Aber perfekt gibt es bei der Tierwohlproblematik einfach nicht.
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