Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Maskenaffäre weitet sich aus
Ex-CDU-Abgeordneter aus Thüringen unter Verdacht
BERLIN (AFP) - Der bisherige Thüringer CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann, der sein Mandat wegen Korruptionsvorwürfen am Donnerstag niedergelegt hat, war laut MDR in Maskengeschäfte verwickelt. So habe er die Lieferung von 41 000 Schutzmasken an den Landkreis Sonneberg vermittelt. Ob Hauptmann von dem Geschäft finanziell profitierte, war dem MDR-Bericht zufolge nicht klar, es gebe aber Hinweise auf Verbindungen des Politikers zu der Firma. Zuvor lehnte demnach ein anderer Landkreis ein ähnliches Angebot Hauptmanns ab, auch weil dieser auf Lieferung gegen Vorkasse beharrt habe.
Die Union steht wegen der Vorgänge um die mittlerweile aus den Parteien ausgeschiedenen Abgeordneten Georg Nüßlein (bisher CSU) und Nikolas Löbel (bisher CDU) massiv unter Druck.
BERLIN (dpa) - Nach LobbyismusVorwürfen hat mit dem Thüringer CDU-Politiker Mark Hauptmann ein zweiter Unionsabgeordneter innerhalb weniger Tage sein Bundestagsmandat niedergelegt. Hauptmann sagte der „Welt“, er wolle damit einen Schlussstrich ziehen. „Die Anfeindungen gegenüber meiner Person sind zu groß geworden. Ich möchte meine Familie schützen.“Der 36-Jährige war nach Medienberichten über Lobbyismus-Vorwürfe in die Kritik geraten. In dem „Welt“Interview sprach Hauptmann von „Falschdarstellungen, Verkürzungen und Verzerrung von Fakten“.
Laut einem „Spiegel“-Bericht geht es unter anderem um Werbeanzeigen für Tourismusaufenthalte in der autoritär regierten einstigen Sowjetrepublik Aserbaidschan im „Südthüringen Kurier“, den Hauptmann herausgibt. In der „Welt“bestreitet Hauptmann, Geld von ausländischen Stellen angenommen zu haben. „Ich habe nie Geld bekommen, und es gab nie eine Einflussnahme auf mein politisches Handeln“, sagte er. Hauptmann bestreitet auch, für die Vermittlung von Corona-Schutzmasken eine Provision erhalten zu haben. Der MDR berichtet unterdessen, dass er die Lieferung von 41 000 Schutzmasken an den Landkreis Sonneberg vermittelt habe. Ob Hauptmann von dem Geschäft finanziell profitierte, war dem Bericht zufolge nicht klar.
In der Maskenaffäre läuft diesen Freitag die Frist zur Abgabe einer Art Ehrenerklärung ab. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatten die 245 Parlamentarier von CDU und CSU am Mittwoch aufgefordert, bis zu diesem Zeitpunkt
zu erklären, dass sie keine finanziellen Vorteile im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie erzielt hätten – weder direkt noch über Gesellschaften.
In Unionskreisen hieß es, Brinkhaus habe auch im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen Hauptmann mehrfach auf den Abgeordneten eingewirkt, damit dieser Konsequenzen ziehe. Brinkhaus und Dobrindt hatten in einer Mail an die Abgeordneten geschrieben, wegen der Vorgänge um die Abgeordneten Georg Nüßlein (bisher CSU) und Nikolas Löbel (bisher CDU) sei man in der Verantwortung, „solche Sachverhalte vollkommen transparent darzustellen und aufzuklären“.
Gegen Nüßlein ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit. Löbel hatte eingeräumt, dass seine Firma Provisionen von rund 250 000 Euro für das Vermitteln von Kaufverträgen für Corona-Schutzmasken erhalten hatte. Bei ihm prüft die Staatsanwaltschaft,
ob ein hinreichender Anfangsverdacht zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegeben ist. Beide Politiker haben inzwischen ihre jeweilige Partei verlassen. Löbel hat sein Bundestagsmandat mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Nüßlein will im Herbst nicht mehr für den Bundestag kandidieren.
CDU-Chef Armin Laschet wies Vergleiche der Masken- mit der Spendenaffäre von Ex-Kanzler Helmut Kohl zurück. „Das ist absurd“, sagte er bei einer Onlineveranstaltung des „Handelsblatts“. Die aktuellen Fälle, bei denen Abgeordnete „in einer medizinischen Notlage Geschäfte gemacht“hätten, hätten „Nullkommanull“damit zu tun, dass „ein CDU-Parteivorsitzender, der Bundeskanzler war“Spenden nicht ordnungsgemäß verbucht habe.
Kohl hatte nach seiner Amtszeit eingeräumt, über Jahre Spenden an die CDU von mehr als zwei Millionen D-Mark nicht im Rechenschaftsbericht angegeben zu haben. Er lehnte es ab, die Namen der Spender öffentlich zu nennen, weil er ihnen sein Ehrenwort gegeben habe.
Laschet kritisierte Nüßlein und Löbel scharf. Eine so niedrige moralische Hemmschwelle habe er sich nicht vorstellen können. Weitere Fälle könne er nicht ausschließen. „Ich kann aber ausschließen, dass die CDU Deutschlands, dass die Führung, dass 400 000 Mitglieder irgendetwas mit diesen krummen Wegen von einigen Kollegen zu tun haben“, sagte Laschet.
Bei den Ermittlungen gegen Nüßlein gibt es einen dritten Beschuldigten. Nach Angaben der Münchner Generalstaatsanwaltschaft handelt es sich dabei um keinen Politiker.