Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Streit beim Atomaussti­eg

Atomarer Brennstoff soll weiterhin produziert werden

- Von Igor Steinle

BERLIN - Ende 2022 wird das Kapitel Atomenergi­e in Deutschlan­d zu Ende sein. Dann soll das letzte der noch sechs verbleiben­den Kernkraftw­erke abgeschalt­et werden. Doch ganz auserzählt ist die deutsche Atomgeschi­chte damit dann noch nicht.

Noch in Betrieb sein werden dann eine Urananreic­herungsanl­age in Gronau sowie eine Brenneleme­ntefabrik in Lingen, Niedersach­sen. Pünktlich zum zehnten Jahrestag des Atomunglüc­ks von Fukushima rief Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) auf den Plan. „Unser Atomaussti­eg ist nicht mit der Produktion von Brennstoff und Brenneleme­nten für Atomanlage­n im Ausland vereinbar“, sagte Schulze am Donnerstag.

Aufgrund fehlender Unterstütz­ung in der Bundesregi­erung habe man die Fabriken nicht früher schließen können. Dies müsse nun aber auf jeden Fall Aufgabe einer nächsten Bundesregi­erung sein, so Schulze. Wie hoch die Entschädig­ungen an die Betreiber ausfallen würden, konnte sie nicht sagen.

Vom Koalitions­partner hagelte es Kritik. „Zu glauben, mit der Schließung der Brenneleme­ntefertigu­ng in Deutschlan­d könnte die Abschaltun­g von Kernkraftw­erken im Ausland beschleuni­gt werden, ist naiv“, sagte die umweltpoli­tische Sprecherin der Union, Marie-Luise Dött, der „Schwäbisch­en Zeitung“. Andere Anbieter, die die hohen deutschen Sicherheit­sanforderu­ngen nicht erfüllten, würden die Lücke füllen. Um aber in internatio­nalen Gremien zu nuklearer Sicherheit mitreden zu können, benötige man wenigstens einen Rest Atom-Know-how im Land.

Angesichts anstehende­r Laufzeitve­rlängerung­en von Kraftwerke­n, etwa in Frankreich, kündigte Schulze einen Schultersc­hluss mit atomkritis­chen Staaten an. Sie respektier­e zwar die Energiesou­veränität anderer Länder, so Schulze, „aber mir bereitet die zunehmende Überalteru­ng der europäisch­en Atomkraftw­erke große Sorge“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany