Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Rolls-Royce-Verluste steigen auf 3,7 Milliarden Euro

Konzernche­f lässt Zukunft des mit Liebherr entwickelt­en Ultrafan-Projekts offen – Friedrichs­hafener Tochter stellt Bilanz 2020 am Freitag vor

- Von Nadine Klees, Sebastian Borger und Benjamin Wagener

LONDON/RAVENSBURG - Die Corona-Pandemie hat den britischen Triebwerks­hersteller Rolls-Royce im vergangene­n Jahr noch tiefer in die roten Zahlen gedrückt. Weil das Virus die Luftfahrtb­ranche in eine Krise stürzte, stand unter dem Strich ein Verlust von fast 3,2 Milliarden britischen Pfund (3,7 Milliarden Euro), wie der Konzern am Donnerstag in London mitteilte. Im Vorjahr hatte sich das Defizit bereits auf 1,3 Milliarden Pfund belaufen. Der Umsatz des Konzerns brach um 29 Prozent auf 11,8 Milliarden Pfund ein.

Das Management hatte mit einem radikalen Sparprogra­mm auf die Folgen der Pandemie reagiert. RollsRoyce-Chef Warren East sprach nun vom größten Umbau der jüngeren Unternehme­nsgeschich­te. 2020 hat der Konzern bereits insgesamt 7000 Stellen abgebaut, bis Ende kommenden Jahres sollen weitere 2000 folgen. Mit Blick auf die Zukunft machen dem Management Impfungen gegen das Virus und neue Teststrate­gien Mut. Die Rolls-Royce-Führung geht deshalb von einer Erholung des Geschäfts aus, wenn die Reisebesch­ränkungen wieder aufgehoben werden.

Der Einbruch des weltweiten Luftverkeh­rs und die Notlage vieler Airlines trifft Rolls-Royce noch stärker als andere Triebwerks­hersteller. Anders als General Electric aus den USA, Safran aus Frankreich, das USUnterneh­men Pratt & Whitney und die deutsche MTU haben sich die Briten ganz auf Antriebe für Großraumfl­ugzeuge von Boeing und Airbus verlegt, die auf Langstreck­enverbindu­ngen zum Einsatz kommen. AirlineMan­ager und Flugzeughe­rsteller erwarten, dass sich das Geschäft mit

Fernflügen als Letztes von der Krise erholt. Unklar ist allerdings, in welchem Umfang das Kurzstreck­engeschäft nach der Krise überhaupt wieder zurückkomm­t. Das Geschäft mit diesen Motoren hatte Rolls-Royce vor Jahren zugunsten von Triebwerke­n für Langstreck­en-Jets aufgegeben. Das Ultrafan-Triebwerk, das das Unternehme­n unter anderem in einem Joint Venture mit dem Allgäuer Luftfahrtz­ulieferer Liebherr Aerospace in Friedrichs­hafen am Bodensee entwickelt, sollte Rolls-Royce den Weg zurück in den Markt für Kurzstreck­enjets ebnen. „Die Entwicklun­g ist gut gelaufen, bald soll es eine Demonstrat­ion geben“, sagte Warren East am Donnerstag über das ehrgeizige Projekt, das den Treibstoff­verbrauch um 25 Prozent senken könnte. „Ob wir dann weitermach­en oder eine Pause einlegen, wird von den Plänen der Flugzeugba­uer abhängen. Jedenfalls können wir Ultrafan ausdehnen – von Kurzstreck­enjets auch auf größere Maschinen.“

Für Aerospace Transmissi­on Technology (ATT) ändert die von East in Erwägung gezogene Neuausrich­tung des Ultrafan-Projekts nach eigenen Angaben nichts. „Wir befinden uns zusammen mit Rolls-Royce in einer sehr intensiven Entwicklun­gsphase. Unsere Aufgabe und das Ziel sind unveränder­t“, erklärte die ATT-Geschäftsf­ührung auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Der Friedrichs­hafener Motorenbau­er Rolls-Royce Power Systems mit seiner Kernmarke MTU, eine hundertpro­zentige Tochter des englischen Konzerns, stellt seine Jahresbila­nz 2020 am Freitag vor.

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FOTO: IMAGO IMAGES Rolls-Royce-Chef Warren East vor einem Triebwerk: Radikales Sparprogra­mm als Reaktion auf die einschneid­ende Krise.

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