Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Identitätspolitik – was damit gemeint ist
In dem SPD-internen Streit spielt das Wort „Identitätspolitik“eine entscheidende Rolle. Doch was soll das sein? Im Kern geht es um die Ausrichtung politischen Handelns an den Bedürfnissen von Menschen, die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, ethnischen Zugehörigkeit zu einer Gruppe zusammengefasst werden können. Solche Gruppen können schwul-lesbische Bewegungen oder Organisationen gegen Rassismus sein. Auch die Frauenbewegung kann als Teil einer identitätspolitischen Bewegung betrachtet werden. Was die verschiedenen Gruppen eint: Es geht ihnen darum, gefühlte oder tatsächlich vorhandene Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft zu überwinden, indem sie mehr Rechte für sich einfordern. Dieses Ziel birgt natürlich politischen Sprengstoff, wie die aktuelle Debatte zeigt.
Ein Beispiel dafür ist auch das Gendersternchen, das seit geraumer Zeit auf dem Vormarsch ist. Auch in Nachrichtensendungen, so etwa im „Heute Journal“, wird inzwischen von „Politiker*innen“gesprochen – mit einer kurzen Pause dazwischen. Für die Zuschauer mag dies seltsam klingen, doch so richtig falsch ist die Schreib- und somit auch Sprechweise nicht. Im Deutschen sei nur die Rechtschreibung für Schulen und Behörden normiert, sagt Annette Trabold vom Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim. Den Genderstern hat der Rat für deutsche Rechtschreibung 2018 erst einmal auf Beobachtung gestellt, im kommenden Jahr soll entschieden werden, wie er weiter behandelt wird. Ob sich der eingeklemmte Stern durchsetzen wird als Zeichen geschlechtergerechten Schreibens, ist eine offene Frage. „Darüber entscheidet die Gesellschaft und keine Regierung“, sagt die Sprachwissenschaftlerin. (clak)