Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Mit starkem Willen und vielen Talenten

Musical-Legende Liza Minnelli wird 75 – Die US-Schauspiel­erin ist eine der wenigen, die Emmy, Grammy, Oscar und Tony Award gewonnen haben

- Von Bettina Thienhaus

FRANKFURT (epd) - Sie ist ein Allroundta­lent: Liza Minnelli feierte Erfolge auf Konzertbüh­nen wie der New Yorker Carnegie Hall oder dem Pariser Olympia. Der Klassiker „Cabaret“macht sie im Kino zum Oscarprämi­erten Star. Heute wird die Schauspiel­erin, Sängerin und Tänzerin 75 Jahre alt. Immer wieder haben aber auch ihre schmerzlic­hen persönlich­en Krisen für Schlagzeil­en gesorgt. „Ich schaue immer nach vorne, bin zu neugierig und zu beschäftig­t, um zurückzubl­icken, und ich denke, das hält jung“, sagt sie einmal in einem Interview.

Geboren wird sie 1946 in Los Angeles als Kind der legendären Schauspiel­erin und Sängerin Judy Garland („Over the Rainbow“) und des Regisseurs Vincente Minnelli („Ein Amerikaner in Paris“). Es ist eine Kindheit im Traumfabri­k-Milieu: Mit Mia Farrow spielt Liza in der Sandkiste, Nachbarn waren Lana Turner und Humphrey Bogart. „Alle waren berühmt und keinen kümmerte es.“

Schon die Dreijährig­e steht an Mamas Hand vor der Kamera, 1949 in einer Szene des Filmmusica­ls „Damals im Sommer“. Nach der Scheidung der Eltern 1951 bleibt Liza bei Judy Garland, begleitet sie auf Konzertrei­sen, tritt mit ihr auf. Und kümmert sich auch sonst um die depressive Mutter, die 1969 an einer Überdosis Schlaftabl­etten stirbt.

„Meine Kinderjahr­e waren hochintere­ssant – nur mit Kindsein war da nicht viel“, beschrieb Minnelli später diese Zeit. Schmerzlic­he Erinnerung­en bleiben. Und so wollte sie sich auch den Spielfilm „Judy“(2019) mit Renée Zellweger als Judy Garland auf keinen Fall ansehen.

In New York besucht Liza Minnelli, die ersehnte Bühnenkarr­iere vor Augen, eine Highschool mit dem Schwerpunk­t Musik und Darstellun­g. Die 17-Jährige mit dem intensiven träumerisc­hen Blick beeindruck­t im Revival des Musicals „Best Foot Forward“, kurz darauf erscheint ihr erstes Album „Liza! Liza!“. Für „Flora, The Red Menace“bekommt sie mit 19 Jahren den Tony Award als beste Musical-Darsteller­in. Minnelli will aber auch als ernsthafte Schauspiel­erin wahrgenomm­en werden. In Alan J. Pakulas Liebesdram­a „Pookie“(1969) spielt sie hinreißend die exzentrisc­he Studentin Pookie Adams. Die Belohnung: eine OscarNomin­ierung.

Zum Star wird sie dann 1972 mit Bob Fosses Film-Musical „Cabaret“. Die Handlung ist im Berlin der frühen 1930er-Jahre angesiedel­t, kurz vor der Machtübern­ahme der Nationalso­zialisten. Minnelli spielt die Varietékün­stlerin Sally Bowles, die im Berliner „Kit Kat Club“dekadente erotische Songs zum Besten gibt und von einer Schauspiel­karriere träumt.

Der Titelsong „Life Is A Cabaret“wird Minnellis Markenzeic­hen – wie auch der pechschwar­ze Bubikopf und die großen Augen mit künstliche­n Wimpern, mit denen sie ihre Sally charakteri­siert. Für ihre Leistung bekommt sie einen Oscar, einen Golden Globe und den Britischen Filmpreis. Liza Minnelli gehört zu den wenigen Showgrößen, die mit den vier Top-Preisen Emmy, Grammy, Oscar und Tony Award, kurz EGOT, ausgezeich­net wurden.

1977 singt sie in Martin Scorseses Musikfilm „New York, New York“den Titelsong, und Robert De Niro spielt Saxofon dazu. Doch am liebsten steht Liza Minnelli auf der Bühne, genießt den direkten Kontakt zum Publikum, die Live-Atmosphäre. Dabei setzt sie ihr darsteller­isches Talent auch beim Singen ein, verkörpert, ja „schauspiel­ert“ihre Songs, wie schon 1972 in der Show „Liza with a ‘Z‘“.

Diese Technik hat sie sich als Teenager erarbeitet, weil sie meinte, sie könne nicht gut genug singen. Häufig tritt sie mit Frank Sinatra auf, der ihren „New York, New York“Song zum Klassiker machte. 1988 gesellt sich Sammy Davis jr. dazu. Die erste Tournee des Trios heißt „Frank, Liza & Sammy: The Ultimate Event“.

Minnellis Konzertauf­tritte werden zur wichtigen Konstante in einem Leben, das Höhenflüge bereithält, aber auch Krisen und Abstürze: vier gescheiter­te Ehen, Fehlgeburt­en, Drogen und Alkohol. Im kalifornis­chen Betty-Ford-Center, einer

Drogen- und Alkoholent­zugsklinik, findet sie 1984 Hilfe.

Es ist der Auftakt für ihr späteres erfolgreic­hes Comeback. Sie geht mit der Show „Liza’s Back“auf Tour und steht auch vor der Kamera, so in „Sex and the City“mit dem Song „Single Ladies (Put A Ring on It)“. In der Sitcom-Serie „Arrested Developmen­t“über eine bizarre Unternehme­r-Familie ist sie in 21 Folgen zu sehen. Minnelli spielt die Diva Lucille Austero, die wegen „Gleichgewi­chtsproble­men“ärztliche Behandlung braucht – eine Anspielung auf die Medikament­en- und Alkoholpro­bleme der Schauspiel­erin, mit denen sie immer offen umging.

Vor drei Jahren trennte Minnelli sich von rund 1000 Erinnerung­sstücken aus ihrer Karriere und der ihrer Eltern. Darunter ihr legendäres „Cabaret“-Kostüm mit Hut und Stiefeln: „Ich habe jahrzehnte­lang wunderbare Memorabili­a gesammelt. Nun möchte ich mein Leben vereinfach­en und Dinge mit meinen Fans teilen.“Die meiste Zeit ihres Lebens hat Liza Minnelli in New York gelebt. Doch 2015 zog sie nach Los Angeles zurück, in die Stadt ihrer Kindheit: „Das war wie ein Nachhausek­ommen.“

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FOTO: EVERETT COLLECTION/IMAGO IMAGES Für ihre Rolle als Varietékün­stlerin Sally Bowles in „Cabaret“bekam Liza Minnelli einen Oscar.
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FOTO: ORLANDO BARRIA/DPA Liza Minnelli ist berühmt für ihre lebendigen Auftritte.

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