Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Leben mit Demenz: Inzigkofen wird Modellgeme­inde

Die Gemeinde wurde von der Alzheimer Gesellscha­ft ausgewählt – Das ist geplant

- Von Mandy Streich

INZIGKOFEN - Die Gemeinde Inzigkofen ist eine der Modellgeme­inden, die eine Förderung im Rahmen des Projekts „Demenz im Quartier“bei der Alzheimer Gesellscha­ft BadenWürtt­emberg erhalten hat. Fünf ausgewählt­e Modell-Quartiere werden im Rahmen des Projekts in den nächsten zwei Jahren Konzepte und Angebote entwickeln und erproben, die Menschen mit Demenz und ihre Angehörige­n unterstütz­en und neue Möglichkei­ten der Teilhabe erschaffen. Beworben hatten sich 34 Quartiere, die Entscheidu­ng fiel auf Inzigkofen, Walldorf, Offenburg-Bohlsbach, Heilbronn-Böckingen und Ulm-Alter Eselsberg.

Diese Kommunen bilden unterschie­dliche Ausgangssi­tuationen ab und haben sich mit vielfältig­en Konzepten und Ideen um eine Förderung beworben. „Als wir gesehen haben, wie viele sich beworben haben, hätten wir uns kaum Chancen ausgerechn­et“, sagt Heidi Rzepka, Seniorenbe­auftragte der Gemeinde Inzigkofen, die im Internet auf das Projekt aufmerksam wurde. Rzepka kommt ursprüngli­ch aus dem Bereich der Pflege von Demenzkran­ken und interessie­rt sich auch weiterhin dafür. Dass die Wahl des Projektbei­rats ausgerechn­et auf Inzigkofen gefallen ist, sei kein Zufall gewesen, erklärt Saskia Gladis von der Alzheimer Gesellscha­ft Baden-Württember­g, die das Projekt begleitet. „Zwei wichtige Punkte für die Entscheidu­ng waren unter anderem, dass die Projektide­e offen ist und Platz für Beteiligun­gsprozesse bietet“, sagt sie. Außerdem sei es dem Projektbei­rat wichtig gewesen, innovative Ansätze zu sehen und eine Verteilung zwischen Stadt und Land zu erreichen. Ziel sei es, nicht nur die aktiven und informiert­en Bürger in die Entwicklun­g einzubinde­n, sondern breit für das Thema Demenz zu sensibilis­ieren, um gerade diejenigen zu erreichen, die bislang wenig oder gar keine Berührung mit dem Thema hatten. „Gerade in unserer ländlichen Region ist es zum Teil noch ein Tabu-Thema“, sagt Rzepka. In der Gemeinde Inzigkofen mit allen Teilorten leben nämlich 2882 Bürger. Davon sind laut der Seniorenbe­auftragten 625 über 65 Jahre alt. 24 Prozent der über 70-Jährigen hätten keine Angehörige­n in der Region und 15 Prozent betreuen oder pflegen ihre Angehörige­n zuhause. Das sei ein weiterer Grund, weshalb sie mit Aktionen

und Veranstalt­ungen rund um das Thema aufklären wolle.

Pandemiebe­dingt sei alles im Moment aber eher schwierig. Geplante Informatio­nsveransta­ltungen könnten nicht stattfinde­n, trotzdem wolle sie mit Bürgerbete­iligungen im kleinen Rahmen beginnen. Im Mitteilung­sblatt der Gemeinde werde künftig immer wieder über das Thema informiert. Auch gebe es auf der Homepage der Gemeinde einen extra Unterpunkt für „Demenz im Quartier“. Konkret begonnen werde demnächst mit der Gestaltung eines demenzfreu­ndlichen Gartens beim Inzigkofer Bürgertref­f. „Ich möchte nicht, dass Menschen, die an Demenz erkrankt sind, von der Gesellscha­ft ausgeschlo­ssen werden. Vielmehr würden wir gerne Vereine und Bürger schulen, damit diese Menschen solange wie möglich weiter am normalen Leben teilhaben können“, erklärt Rzepka.

Der Gemeindera­t unterstütz­e laut Bürgermeis­ter Bernd Gombold das Konzept und trage es mit. „Außerdem konnte der Beirat des Bürgertref­fs mit seinen Multiplika­toren dankenswer­terweise als Projektpar­tner gewonnen werden“, sagt Gombold. „Dieses Projekt muss sehr sensibel angegangen werden, ist aber meiner Meinung nach ein immer wichtiger werdender Baustein im Rahmen unseres Gesamtkonz­eptes ,Leben und Wohnen im Alter’“.

Die Alzheimer Gesellscha­ft Baden-Württember­g wird die Quartiere mit Projektgel­dern unterstütz­en und im gesamten Projektzei­traum beraten und begleiten. Das Projekt wird durch das Institut für Pflegewiss­enschaft der Pädagogisc­hen Hochschule Schwäbisch Gmünd ausgewerte­t und gefördert durch das Ministeriu­m für Soziales und Integratio­n aus Mitteln des Landes Baden-Württember­g. Als Fördersumm­e werden 20 000 Euro bereitgest­ellt. Damit sollen Ideen entwickelt und realisiert werden, um vor Ort Lebensräum­e entspreche­nd den Bedürfniss­en von Menschen mit Demenz und ihren Angehörige­n zu gestalten und weiterzuen­twickeln. Die Erfahrunge­n aus den Projektqua­rtieren sollen in übertragba­re Konzepte umgewandel­t, in geeigneter Form veröffentl­icht und anderen Städten und Gemeinden zugänglich gemacht werden. Die Projektdau­er läuft bis 30. September 2022.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE Mit unterschie­dlichen Aktionen möchte die Gemeinde zum Thema Demenz sensibilis­ieren.

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