Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Schon an der Belastungsgrenze“
Zur Berichterstattung über die Biberbahn hat die Redaktion einen Leserbrief erhalten.
Als Naturschutzwart und Betreuer des Natur- und Vogelschutzgebietes Krauchenwieser Baggerseen kann ich den Enthusiasmus über die Wiedereröffnung der Eisenbahnstrecke von Mengen nach Stockach leider nicht nachvollziehen. Nicht ohne Grund wurde die unrentable Strecke stillgelegt. Jetzt soll sie wegen einiger Touristen plötzlich rentabel werden. Ein Beitrag zum Klimaschutz wird das von einer Diesellok gezogene Züglein sicher nicht, eher eine Belastung für den Steuerzahler. Bei der Einweihung werden einige Leute das Angebot annehmen, ob das aber so bleiben wird, wage ich zu bezweifeln, in einer Zeit, in der die meisten Haushalte ein Auto haben und gute Busverbindungen bestehen.
Dann fährt also ab Juli dreimal täglich an Sonn- und Feiertagen ein Züglein mit einigen Touristen mitten durch das Vogelschutzgebiet Krauchenwieser Baggerseen und mitten durch das Naturschutzgebiet Sauldorfer Seen. Dreimal täglich bedeutet aber sechsmal, weil der Zug ja jedesmal wieder zurück nach Mengen muss. Wie schon beim Güterzug wird an allen Querungen des Bahngleises ein lauter durchdringender Signalton abgegeben, der scheue Großvögel die Flucht ergreifen lässt. Die Spaziergänger an den unbeschrankten Übergängen müssen schließlich gewarnt werden.
Den Anliegern in Zielfingen wurde bei der Wiederaufnahme des Zugverkehrs versprochen, dass nur zweimal die Woche ein Güterzug verkehren wird, damit sie ihre Grundstücke verkaufen, weil diese wieder für den Zugverkehr ertüchtigt werden mussten. In Wirklichkeit ist es das Ziel, diese Strecke später auch täglich zu befahren, mitten durch zwei Schutzgebiete mit zahlreichen seltenen Vogelarten und vielen stillen Beobachtern, die sich an der Idylle erfreuen. Schon heute kommen die Gebiete an ihre Belastungsgrenze. Von Zeit zu Zeit überfliegen im Tiefflug riesige Transporthubschrauber der Bundeswehr ausgerechnet den Vogelsee und lösen eine Panik unter den Wasservögeln aus. Der 1877 letztmals bei Wilflingen brütende und bei uns ausgerottete Fischadler wollte sich 2011 wieder ansiedeln. Nestbauhandlungen wurden dokumentiert, aber nach nahezu täglichen Übungsflügen verschwanden die Adler wieder.
Den Tourismusfreunden empfehle ich, doch mal die Parkplätze der ach so Erholungsbedürftigen anzuschauen. Wochenlang liegt dort oft der Müll, kaputte Sonnenschirme, volle Windeln und vieles mehr. Am liebsten sind mir Besucher, die mit einer Flasche oder Dose in der Hand um die Seen spazieren gehen. Das Getränk verleiht zwar Flügel, aber nur der Flasche oder der Dose, die danach zu 95 Prozent in den Büschen oder in den Seen landet. Unser ehemaliger Bürgermeister Kuhn in Sigmaringen pflegte zu sagen: D Menscha wäred scho recht, aber d Leit.