Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Triathlon ist seine Leidenschaft geblieben
Daniel Unger ist der erfolgreichste Triathlet und der einzige deutsche Weltmeister auf der Kurzdistanz
RAVENSBURG/SAARBRÜCKEN - Seit Oktober des vergangenen Jahres trainiert Daniel Unger die Nationalmannschaft der Deutschen Triathlon Union (DTU) am Stützpunkt Saarbrücken. Für diesen Job ist der 42Jährige mit Ehefrau Zuzka und seinen vier Kindern von Ulm nach Saarbrücken gezogen. „Ich habe mich auf die Stelle beworben, weil ich damit in den Leistungssport zurückkehren kann“, erklärt der gebürtige Ravensburger, der parallel in Köln ein Studium zum Diplomtrainer absolviert.
„Ungerman“wurde er in seiner aktiven Zeit genannt. Er ist viermal deutscher Triathlonmeister geworden (2002 bis 2008) und 2007 Weltmeister in der olympischen Kurzdistanz – 1500 Meter Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren und zehn Kilometer Laufen. Die Begabung für alle drei Disziplinen zeigte sich bei Daniel Unger schon im Kindesalter. Mit fünf Jahren trat Unger in den örtlichen Fußballverein ein. Die Familie lebte inzwischen in Mengen. Bei Sichtungstagen glänzte er bei längeren Läufen. Durch die Schule wurde er vor allem im Schwimmsport bei „Jugend trainiert für Olympia“eingesetzt. Das Radfahren war schon ein fester Bestandteil in seinem Alltag. Eines Tages sah der Zwölfjährige ein Plakat, auf dem alle drei Disziplinen abgebildet waren – es war der „Jedermann-Triathlon“. Unger war damals der jüngste Teilnehmer und schaffte es ins Ziel. „Der Beginn einer Leidenschaft“, sagt Unger heute.
Fasziniert und motiviert von diesem Erlebnis trat der inzwischen 13Jährige 1991 in die Triathlonabteilung ein und lernte unter der Anleitung von Trainer Herrmann Kramer den Sport zu lieben. Es ging steil bergauf. Schon ein Jahr später wurde er baden-württembergischer Meister in seiner Altersklasse und Mitglied des Landeskaders. Bereits mit 15 Jahren kam er in die Jugend-Nationalmannschaft. Seinen internationalen Durchbruch erreichte Daniel Unger bei der Weltmeisterschaft der Junioren in Cleveland 1996. In den folgenden vier Jahren startete er für das Asics-Team Witten in der TriathlonBundesliga und wurde mit seiner Mannschaft viermal in Folge deutscher Mannschaftsmeister.
2004 folgte die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Athen. Unger gab alles – zu viel: „Ich habe für Athen die Gesetzmäßigkeit des Trainings ausgehebelt. Zu viel gewollt und meinem Körper zu wenig Regeneration gegeben.“Das Ergebnis: Unger erkrankte kurz vor den Spielen am Pfeifferschen Drüsenfieber und konnte in Athen nicht starten. Vor Ort blieb ihm nur die Rolle als Zuschauer und Co-Moderator im Fernsehen. „Das war ein schwerer Augenblick für mich und ein schweres Jahr danach. Ich wusste nicht, ob ich in den Leistungssport zurückkomme oder nicht.“
Doch Unger kam zurück. 2007 folgte der Höhepunkt seiner sportlichen Karriere. Er wurde vor 350 000 Zuschauern in Hamburg Weltmeister auf der olympischen Distanz.
Rückblickend war dieser Sieg für Unger „mein schönster und wichtigster Tag in meiner Sportkarriere“.
Im Jahr darauf gab es den nächsten Höhepunkt – die Olympischen Spiele in Peking 2008. Dieses Mal klappte alles und er konnte an den Start gehen. „Durch den WM-Titel war plötzlich ein mediales und öffentliches Interesse da. Mein Ziel war es, erfolgreich zu sein“, erinnert sich Unger. Er habe jedoch gewusst, dass das Klima und das Gelände in Peking nicht optimal für ihn seien: zu hohe Luftfeuchtigkeit und zu viele Steigungen im Gelände. „Die Spiele in London vier Jahre später wären einfacher für mich gewesen“, meint Unger. In Peking erreichte der Ravensburger den sechsten Platz. Heute ist er glücklich damit. „Aber als junger Kerl war ich enttäuscht.“Zu diesem Zeitpunkt war der Spitzensportler übrigens 30 Jahre alt.
Das Ende seiner Sportkarriere kam schließlich fließend. 2013 probierte er sich auf den Langdistanzen aus, aber er merkte, dass er nicht mehr das notwendige maximale Feuer hatte. „Ich habe nie ein richtiges Abschiedsrennen gegeben“, aber das sei vielleicht auch gut so, denn dadurch habe er bis heute nicht den Spaß an diesem Sport verloren.
Neben einer Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur und dem Studium der Betriebswirtschaftslehre machte sich der Triathlet als Coach für Triathleten, Läufer und Ausdauersportler selbstständig. Als Trainer am Stützpunkt in Saarbrücken ist er in den Leistungssport zurückgekehrt – unter nicht ganz einfachen Bedingungen. Corona behindert auch dort den Alltag. „Noch gehen wir davon aus, dass Ende Juli die Olympischen Spiele in Tokio stattfinden. Ob es so ist, werden wir sehen“, sagt der Bundesstützpunkttrainer. „Diese Unsicherheit schlägt sich im Team nieder. Als Trainer ist man gefordert, die Motivation aufrechtzuerhalten, denn die Medaillenchancen sind gegeben.“