Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Er folgte stets dem Interesse an der Natur
Lothar Zier wird in Königseggwald mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet
KÖNIGSEGGWALD - Lothar Zier, dessen Engagement das Pfrunger-Burgweiler Ried zu einem der vielseitigsten Moorgebiete Südwestdeutschlands erhoben hat, ist am Freitag im Rathaus Königseggwald mit dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet worden. Damit wird sein Lebenswerk geehrt. Die Laudatio hielt Bürgermeister Roland Fuchs.
„Es müssen nicht immer die Reichen und Berühmten sein, denen Auszeichnung gebühren“, eröffnete Bürgermeister Roland Fuchs die Feierstunde im Festsaal. Es seien eher Menschen, die still im Hintergrund vorbildlich Großes vollbringen. Wirklich still war es in den vergangenen rund 70 Jahren um Lothar Zier nicht. Vorbildlich setzte sich der 91Jährige bereits in jungen Jahren für Natur und Umwelt ein. Er habe bereits gegen den Klimawandel gehandelt, als dieser noch kein Schlagwort war, Bleibendes umgesetzt, so Fuchs. Sein außerordentliches Engagement für den Aufbau des Pfrunger-Burgweiler Rieds zu einer in Südwestdeutschland beinahe einzigartigen Landschaft der lehrreichen Artenvielfalt, die Bestimmung und Beobachtung der dort lebenden Pflanzen, Tiere und Insekten, die Gründung des Naturschutzzentrums und des Sommerklassenzimmers, die Konzipierung der Lehrpfade, das Verfassen zahlreicher Bücher und Vortragsreihen sowie seine umfassende Sammlung an Naturfotografie habe er dabei mit Selbstverständlichkeit bewältigt. Auch die damaligen, nervenaufreibenden Diskussionen mit Landwirten, um ihnen für den Naturschutz im Ried liegende Flächen abzukaufen - „regelrecht abzuknöpfen“korrigiert Zier - sei zu erwähnen.
Ihn ehre das Bundesverdienstkreuz zwar, antwortete der Ausgezeichnete. Allerdings könne er die Ehrung nicht nachvollziehen. Schlussendlich habe er stets aus eigenem Interesse gehandelt: seinem tiefen Interesse für Natur, Umwelt, der Artenvielfalt einer Region, dem Schreiben und dem Vortragen. Bereits in seinen Lehrjahren als Förster engagierte er sich quer durch Deutschland im Bereich der modernen Forsttechnik. So kam er aus seiner fränkischen Heimat schlussendlich nach Königseggwald, wo er dem Gräflichen Forstamt bis zur Rente beruflich verbunden blieb und eine Lehrstätte in der Burg Königsegg einrichtete sowie den Aufbau des örtlichen Maschinenparks verantwortete. „Nach Feierabend zog es mich mit Bestimmungsbuch und Sammeltasche ins Ried“, erinnert er sich.
„Das Aufgezählte sei noch nicht längst nicht alles“, ergänzte Pia Wilhelm, Leiterin des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf, die stellvertretend für den Schwäbischen Heimatbund an der Ehrung ihres ehemaligen Chefs teilgenommen hatte und im Namen des Schwäbischen Heimatbundes, der Riedstiftung und des Naturschutzzentrums dankte. „Ich durfte Lothar Ziers Arbeit im Pfrunger-Burgweiler Ried von Anfang an begleiten“, blickte sie zurück auf die Zeit, als er 1999 das Naturschutzgroßprojekt startete, die Administration dafür bewältigte und 2002 endlich dem Start nach langer Antragstellung stattgegeben wurde. Pia Wilhelm erzählte, wie er das Naturschutzzentrum aufgebaut hatte, mit Unterstützung der Rotarier und der Kreissparkasse das Sommerklassenzimmer realisierte, die Lehrpfade konzipierte. „Es ist eine Freude, zu sehen, was durch dich aus dem Ried geworden ist. Auch in der Vertretung der Tier- und Pflanzenwelt: Vielen Dank für deine Arbeit!“, schloss sie.
Seine profunden Kenntnisse haben sich bis zum Landratsamt durchgesprochen, so Fuchs im Anschluss. So wurde Lothar Zier zum ehrenamtlichen, hochgefragten Naturschutzbeauftragten des Landkreises Ravensburg. Es folgten aus seiner Feder Natur-Fachliteratur und die Chroniken
der Gemeinden Königseggwald und Riedhausen. Karl Heinz Birzer, Präsident des Rotarier-Clubs Bad Saulgau-Riedlingen sprach von Lothar Zier als hochgeschätztem Clubmitglied. „Uns gefielen seine Vorträge so gut, dass wir ihn als Clubmitglied gewinnen mussten“, so Birzer. Er sei bis heute ein brillianter Referent und hochinteressanter Gesprächspartner. Für sein besonderes Engagement im Club sei er bereits mit der internen Paus-Harris-Fellow-Auszeichnung geehrt worden.
Die Naturschutzbeauftragten Karl-Johannes Henzler, Thomas Heilig, Albrecht Trautmann und Horst Weisser lobten neben seinem großen Engagement in der Sache, Ziers weitreichenden Erfahrungsschatz über sein naturkundliches Fachwissen hinaus in den Bereichen Ornithologie, Landschaft, Geologie und Geschichte. „Ein solches Wissen findet man heute kaum noch“, so Henzler. „Was du aufgebaut hast, war dein Lebenswerk.“In Anlehnung an Ziers weiteres Talent, dem Erzählen naturliterarischer Reisen in Reimform, brachte
Heilig sein selbstgeschriebenes Gedicht über Ziers Lebenswerk mit zum Rednerpult.
Lothar Zier erhielt unter lautem Applaus neben Geschenken der Anerkennung seiner Initiative und Leistung von Bürgermeister Roland Fuchs im Beisein der Amtskollegen, dem Riedhausener Bürgermeister Ekkehard Falk sowie dem Ostracher Bürgermeister Christoph Schulz den Bundesverdienstorden ans Revers gesteckt. In seiner Dankesrede erzählte Zier von seinem Dankesbrief an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. „Dieser Brief verlängerte sich dann schlussendlich zu einem Buch mit Widmung an den Bundespräsidenten“, das Zier zu dieser Gelegenheit dem Publikum präsentierte. „Sommerurlaub im Coronajahr 2020“erzählt in Gedichtform und zahlreichen Fotografien lehrreich von Flora und Fauna der Region. „Wolle man ein Buch über Lothar selbst schreiben, lautete sein Titel ‚Wissensdurst und Forscherdrang‘“, sagte Heilig am Ende der Veranstaltung.