Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Staatsanwälte ermitteln pro Verfahren rund 40 Tage
Im vergangenen Jahr werden über 21 000 Fälle bearbeitet – 27 Prozent davon abgeschlossen
HECHINGEN (sz) - Die Staatsanwaltschaft hat kürzlich ihre Jahresbilanz vorgestellt. Daraus geht hervor, dass 2020 insgesamt 21 175 Verfahren angefallen sind. Diese Zahl beinhaltet alle von den Mitarbeitern der Staatsanwaltschaft bearbeiteten Verfahren, heißt es in der Pressemeldung.
Schwerpunkt staatsanwaltschaftlicher Arbeit sind die sogenannten Ermittlungsverfahren gegen namentlich benannte Tatverdächtige. Hier fielen 10 857 Neuvorgänge an. Im Vergleich zu den Vorjahren habe sich die seit 2014 (8572) stetig anwachsende Zahl nun auf relativ hohem Niveau eingependelt. Die durchschnittliche Verfahrensdauer dieser im Ermittlungsstadium anhängigen Verfahren belief sich 2020 auf 40,35 Tage pro Verfahren, der Vorjahreswert lag bei 52,93 Tagen.
Leicht gestiegen sind die Fälle internationaler Rechtshilfe in Strafsachen mit 88 Vorgängen, ebenso die Zahl der Strafvollstreckungsverfahren mit 3173 im Jahr 2020. Die Anzahl der Gnadensachen ist mit 31 Verfahren im Vergleich zum Vorjahr stabil geblieben.
Die Anzahl der Verfahren gegen unbekannte Täter betrug im Jahr 2020 insgesamt 6005 und nahm im Vergleich zum Vorjahr (6092) ab. Der Bestand an offenen Verfahren konnte auf 1238 reduziert werden, zum Ende des Jahres 2019 waren es noch 1611.
27 Prozent der Verfahren wurden mit Anklagen/Strafbefehlen zu den Gerichten des Bezirks abgeschlossen. Dies sind diejenigen Fälle, in denen nach den Ermittlungen ein hinreichender Tatverdacht vorlag und eine gerichtliche Befassung geboten war. Soweit in den übrigen 73 Prozent der Fälle Verfahrenseinstellungen und sonstige Verfahrenserledigungen erfolgten, handelt es sich bei 29 Prozent um Einstellungen mangels Bestehens eines hinreichenden Tatverdachts, bei 14 Prozent um Einstellungen wegen geringer Schuld und Geringfügigkeit bei Betäubungsmittel-Straftaten, bei 27 Prozent um sonstige Verfahrensabschlüsse wie Ausschreibungen von Beschuldigten mit unbekanntem Wohnort, Verfahrenszusammenführungen oder Abgaben an andere zuständige Behörden, bei 3 Prozent um Einstellung unter Auflagen und Weisungen, also insbesondere Geldauflagen oder Täter-OpferAusgleich.
Im Rahmen der Verfahrenseinstellungen gegen Zahlung einer Geldauflage wurden verschiedenen gemeinnützigen sozialen und kulturellen Einrichtungen sowie auch der Staatskasse im Jahr Geldauflagen in Höhe von insgesamt 122 370 Euro zugewiesen.
27 Prozent aller Verfahren gegen namentlich benannte Tatverdächtige endeten mit abschließenden Anträgen zu einem Gericht. Dabei wurden 16 Prozent aller Verfahren mit Strafbefehlsanträgen abgeschlossen, in 11 Prozent aller Fälle wurden Anklagen zu Amtsgerichten des Bezirks (Hechingen, Balingen, Albstadt, Sigmaringen) oder dem Landgericht Hechingen erhoben.
Wegen höherer Straferwartung oder schweren Straftaten mussten in 35 Verfahren Anklagen zu den Strafkammern des Landgerichts Hechingen erhoben werden (davon vier Schwurgerichtsfälle), in 148 Fällen zu den Schöffengerichten in Hechingen oder Sigmaringen. Die übrigen rund 2900 Anklagen/Strafbefehle wurden zu den Strafrichtern der Amtsgerichte Hechingen, Balingen, Albstadt und Sigmaringen erhoben.
Im Jahresdurchschnitt betrug die Personalausstattung bei der Staatsanwaltschaft Hechingen im Dezernentenbereich – also der bei der Staatsanwaltschaft tätigen Staatsanwälte und Amtsanwälte – 12,28 Vollzeitstellen (12 Vollzeit und 2 TeilzeitKräfte, wobei durch Wechsel von Kollegen zu und von der Richterschaft die Dezernate teilweise mehrere Monate nicht besetzt waren).
Nach dem Personalberechnungssystem des Justizministeriums beträgt die Soll-Zahl hingegen 14,16 Vollzeitstellen. Der Personal-Deckungsgrad betrug damit nur 87 Prozent, das heißt es fehlten annähernd zwei Stellen. Zum 1. Januar 2021 wies das Justizministerium der Staatsanwaltschaft Hechingen eine weitere Stelle zu, um die bisherige Unterdeckung etwas auszugleichen. Zudem sind drei Rechtspfleger und zahlreiche Justizbeamte/angestellte in mehreren Serviceteams und ein Justizwachtmeister zur Unterstützung tätig.
Mit Blick auf die Dezernenten, also die Staatsanwälte und Amtsanwälte, betrug der personelle Deckungsgrad 87 Prozent. Dabei handelt es sich um jene Kennziffer, anhand derer sich die eigentlich vorgesehene Personalstärke ins Verhältnis zum tatsächlichen „Ist“-Zustand setzen – und damit die Personalausstattung messen lässt. Die „Sollstellenausstattung“in 2020 läge bei 14,16 Vollzeitstellen. Durchschnittlich hatte jeder Dezernent bei der Staatsanwaltschaft Hechingen im Jahr 2020 rund 884 Ermittlungsverfahren gegen namentlich benannte Tatverdächtige zu bearbeiten.
Eine in die Zukunft gerichtete Aufgabe kam den Verantwortlichen der Staatsanwaltschaft mit der Planung des neuen Behördengebäudes in den Räumlichkeiten des ehemaligen Vermessungsamtes in der Fürstin-Eugenie-Straße zu. Die umfangreichen Bauarbeiten wurden nun im Februar diesen Jahres begonnen. Der avisierte Bezug Ende 2022 wird eine Stärkung des Justizstandorts Hechingen sein.