Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ihr Wunscharbeitsplatz ist die Kläranlage
Rastal Aschl ist im ersten Ausbildungsjahr zur Fachkraft für Abwassertechnik
MENGEN - Ein Bürojob hätte ihr nicht gefallen, da ist sich Rastal Aschl mittlerweile ziemlich sicher. Seit einem halben Jahr ist sie Auszubildende der Stadt Mengen. „Das ist genau das Richtige für mich“, findet sie. „Bewegung, Abwechslung, Elektrotechnik, Laborarbeit und vor allem ein total tolles Team.“Der Arbeitsplatz der 18-Jährigen ist die städtische Kläranlage. Sie will Fachkraft für Abwassertechnik werden.
„Natürlich mieft es hier“, sagt die junge Frau lachend, als sie mit fleckiger Hose und Arbeitsschuhen bekleidet aus dem Kontrollraum der Anlage tritt. „Aber da gewöhnt man sich schnell dran.“Dass es eher ungewöhnlich ist, dass ein Mädchen sich für diesem Beruf entscheide, falle ihr immer erst wieder in der Berufsschule auf. „Da sind wir drei Frauen in einer Klasse mit 28 Schülern“, sagt sie. Im Arbeitsalltag sei sie einfach nur Teil des Teams und fühle sich genauso behandelt wie die anderen auch. „Natürlich haben mir die anderen bei meinem Praktikum in den Fasnetsferien vor über einem Jahr schon auf den Zahn gefühlt“, gesteht sie. „Ist aber doch klar, die wollten wissen, ob die Ausbildung was für mich ist.“
Drauf gekommen sei sie durch einen ehemaligen Mitarbeiter der Kläranlage, der Stammkunde im Friseursalon ihres Vaters in Herbertingen sei. „Die beiden haben über mich gesprochen und dass ich darüber nachdenke, eine kaufmännische Ausbildung zu machen“, erzählt sie. Nach der Werkrealschule hat sie die zweijährige Wirtschaftsschule in Bad Saulgau absolviert. Ottmar Fürst, der mittlerweile im Ruhestand ist, berichtete von der Suche nach einem Auszubildenden und empfahl ihr, sich zu bewerben. „Ich habe mir im Internet ein paar Videos angeguckt und dann das Praktikum gemacht“, sagt sie. Damit, dass sie dann auch den Ausbildungsplatz bekommt, hatte sie gar nicht gerechnet.
„Den meistens Jungs in meinem Freundeskreis hat meine Entscheidung gefallen“, erinnert sich Rastal Aschl. „Bei den Frauen haben einige die Nase gerümpft und fanden das keine gute Idee.“Davon habe sie sich aber nicht beirren lassen. „Zum Glück, denn mir gefällt es echt gut.“
Die Angestellten der Kläranlage, allen voran deren Leiter Peter Kiner, seien sehr engagiert, ihr Abläufe zu erklären und sie einzubinden. „Es gibt tägliche Arbeitsschritte, die ich gut allein bewältigen kann, der Rest kommt dann mit der Zeit“, sagt sie. Elektrotechnik und Werzeugkunde müsse sie dafür genauso büffeln wie Biologie und Chemie. „Die Chemiegleichungen fallen mir noch am schwersten“, gibt sie zu. Zum Ausgleich gelinge aber das technische Zeichnen auf Anhieb.
Im vergangenen Jahr habe sie noch drei Wochen Blockunterricht an der Berufsschule in StuttgartFeuerbach wahrnehmen können, bevor auch diese Schule pandemiebedingt in den Online-Modus gewechselt ist. „So konnte ich wenigstens noch ein paar Kontakte knüpfen und andere kennenlernen, die dieselbe Ausbildung machen“, sagt sie. Dass sie jetzt nicht in die Lehrwerkstatt und das Labor dürften, sei schon sehr schade.
Seit ihrem 18. Geburtstag kann Rastal Aschl selbst von ihrem Wohnort Dürnau im Landkreis Biberach nach Mengen fahren. „Vorher hat mich meine Mutter gebracht“, sagt sie. Die sei es dann auch gewesen, die sie als erstes unter die Dusche geschickt habe, als sie bei der Säuberung des leergepumpten Nachklärbeckens geholfen habe. „Das hat dann doch noch intensiver gerochen.“
Die Chancen, dass Rastal Aschl nach Ausbildungsende übernommen wird, sind groß. „Die Stadt bildet ja aus, um eigene Mitarbeiter zu haben“, sagt Pressesprecherin Kerstin Keppler. Eine Weiterbildung als Technikerin oder Meisterin sei ebenfalls denkbar.