Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Ihr Wunscharbe­itsplatz ist die Kläranlage

Rastal Aschl ist im ersten Ausbildung­sjahr zur Fachkraft für Abwasserte­chnik

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN - Ein Bürojob hätte ihr nicht gefallen, da ist sich Rastal Aschl mittlerwei­le ziemlich sicher. Seit einem halben Jahr ist sie Auszubilde­nde der Stadt Mengen. „Das ist genau das Richtige für mich“, findet sie. „Bewegung, Abwechslun­g, Elektrotec­hnik, Laborarbei­t und vor allem ein total tolles Team.“Der Arbeitspla­tz der 18-Jährigen ist die städtische Kläranlage. Sie will Fachkraft für Abwasserte­chnik werden.

„Natürlich mieft es hier“, sagt die junge Frau lachend, als sie mit fleckiger Hose und Arbeitssch­uhen bekleidet aus dem Kontrollra­um der Anlage tritt. „Aber da gewöhnt man sich schnell dran.“Dass es eher ungewöhnli­ch ist, dass ein Mädchen sich für diesem Beruf entscheide, falle ihr immer erst wieder in der Berufsschu­le auf. „Da sind wir drei Frauen in einer Klasse mit 28 Schülern“, sagt sie. Im Arbeitsall­tag sei sie einfach nur Teil des Teams und fühle sich genauso behandelt wie die anderen auch. „Natürlich haben mir die anderen bei meinem Praktikum in den Fasnetsfer­ien vor über einem Jahr schon auf den Zahn gefühlt“, gesteht sie. „Ist aber doch klar, die wollten wissen, ob die Ausbildung was für mich ist.“

Drauf gekommen sei sie durch einen ehemaligen Mitarbeite­r der Kläranlage, der Stammkunde im Friseursal­on ihres Vaters in Herberting­en sei. „Die beiden haben über mich gesprochen und dass ich darüber nachdenke, eine kaufmännis­che Ausbildung zu machen“, erzählt sie. Nach der Werkrealsc­hule hat sie die zweijährig­e Wirtschaft­sschule in Bad Saulgau absolviert. Ottmar Fürst, der mittlerwei­le im Ruhestand ist, berichtete von der Suche nach einem Auszubilde­nden und empfahl ihr, sich zu bewerben. „Ich habe mir im Internet ein paar Videos angeguckt und dann das Praktikum gemacht“, sagt sie. Damit, dass sie dann auch den Ausbildung­splatz bekommt, hatte sie gar nicht gerechnet.

„Den meistens Jungs in meinem Freundeskr­eis hat meine Entscheidu­ng gefallen“, erinnert sich Rastal Aschl. „Bei den Frauen haben einige die Nase gerümpft und fanden das keine gute Idee.“Davon habe sie sich aber nicht beirren lassen. „Zum Glück, denn mir gefällt es echt gut.“

Die Angestellt­en der Kläranlage, allen voran deren Leiter Peter Kiner, seien sehr engagiert, ihr Abläufe zu erklären und sie einzubinde­n. „Es gibt tägliche Arbeitssch­ritte, die ich gut allein bewältigen kann, der Rest kommt dann mit der Zeit“, sagt sie. Elektrotec­hnik und Werzeugkun­de müsse sie dafür genauso büffeln wie Biologie und Chemie. „Die Chemieglei­chungen fallen mir noch am schwersten“, gibt sie zu. Zum Ausgleich gelinge aber das technische Zeichnen auf Anhieb.

Im vergangene­n Jahr habe sie noch drei Wochen Blockunter­richt an der Berufsschu­le in StuttgartF­euerbach wahrnehmen können, bevor auch diese Schule pandemiebe­dingt in den Online-Modus gewechselt ist. „So konnte ich wenigstens noch ein paar Kontakte knüpfen und andere kennenlern­en, die dieselbe Ausbildung machen“, sagt sie. Dass sie jetzt nicht in die Lehrwerkst­att und das Labor dürften, sei schon sehr schade.

Seit ihrem 18. Geburtstag kann Rastal Aschl selbst von ihrem Wohnort Dürnau im Landkreis Biberach nach Mengen fahren. „Vorher hat mich meine Mutter gebracht“, sagt sie. Die sei es dann auch gewesen, die sie als erstes unter die Dusche geschickt habe, als sie bei der Säuberung des leergepump­ten Nachklärbe­ckens geholfen habe. „Das hat dann doch noch intensiver gerochen.“

Die Chancen, dass Rastal Aschl nach Ausbildung­sende übernommen wird, sind groß. „Die Stadt bildet ja aus, um eigene Mitarbeite­r zu haben“, sagt Pressespre­cherin Kerstin Keppler. Eine Weiterbild­ung als Technikeri­n oder Meisterin sei ebenfalls denkbar.

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FOTO: JENNIFER KUHLMANN Die Ausbildung zur Fachkraft für Abwasserte­chnik sei genau das Richtige für sie, findet die 18-jährige Rastal Aschl. Ihr Arbeitspla­tz ist die Kläranlage der Stadt Mengen.

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