Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Schöne neue Online-Welt
So eine Kreistagssitzung kommt ziemlich unkonventionell daher, wenn sich die knapp 40 Vertreter des Gremiums virtuell treffen. Diese Woche war eine unfreiwillige Premiere. Wegen der Ansteckungsgefahr durch das Coronavirus tagte der Kreistag erstmals über das Internet.
Das hat, abgesehen davon, dass Bürger und Presse keinen Zugang bekommen und deshalb das Public-Viewing im Landratsamt besuchen müssen, nicht nur Nachteile.
Erstens wirken die Kreisräte, weil man sie gut sehen und hören kann, nahbarer als sonst. Wenn ihnen ein Redebeitrag gefällt, drücken sie das Applauszeichen. Als einer wissen will, ob man ihn sehen oder hören kann, sagt Sigmaringens Marcus Ehm: „Ja, ich bin links neben Ihnen.“Es geht locker zu und die Technik funktioniert einwandfrei – auch das sogenannte Abstimmungstool.
Sogar das Zählen der Stimmen können sich Landrätin Stefanie Bürkle und ihre Adjutanten sparen. Diese Arbeit übernimmt der Computer. Nach wenigen Sekunden liegt ein Ergebnis zur Bekanntgabe vor. Als Johannes Kretschmann von den Grünen mokiert, dass es an Transparenz mangele, weil man nicht sehen könne, wer wie abgestimmt habe, reagiert die Sitzungsleitung sofort und zaubert eine Ansicht aus dem Hut, auf der das Stimmverhalten namentlich abzulesen ist. Schöne, neue Online-Welt. Wobei wir den persönlichen Plausch und das obligatorische Händeschütteln arg vermissen.