Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ostern, ganz real
Diesmal ist es anders: Noch an Weihnachten war das Interesse an der persönlichen Mitfeier der Gottesdienste eher verhalten. Jetzt, zum Osterfest, wurde es wirklich zum Problem, dass wir die Zahl der Mitfeiernden (kurzfristig) reduzieren mussten. Dadurch mussten wir Leuten absagen, die zuvor eine Platzzusage bekommen hatten. Ganz real, statt (nur) digital wollen viele Gläubige Ostern feiern.
Die Reaktionen auf den Regierungsvorschlag, Ostergottesdienste nur über Stream zu feiern, waren häufig deutlich ablehnend. Es geht nicht um Religionsfreiheit, es geht vielmehr darum, den Menschen gerade jetzt nicht die Hoffnung zu nehmen – denn es gibt auch eine seelische Erschöpfung – das erfahren wir gerade. Aus der Distanz bleibt Ostern toter Buchstabe, es lässt sich nur erleben.
In diesen Tagen wird mir deutlich, dass uns die österlichen Tage Realitäten unseres Lebens vor Augen führen. Dass sie denen, die sehen können, Wege aufzeigen, durch persönliche und gesellschaftliche Krisen hindurch.
Am Palmsonntag, der jubelnde Einzug und im gleichen Atemzug: Verraten, verhaftet, kreuzige ihn.
Manche empfinden das als störend und verstörend. Aber das ist es auch, wenn Krankheit und Lebenskrisen
plötzlich in unser persönliches Leben einbrechen. Hier wird uns vor Augen geführt, was wir gerne verdrängen.
Der Gründonnerstag mit der Frage, was bleibt, wenn alles zerbricht. Gibt es eine Verbindung, die bleibt, selbst über den Tod hinaus?
Der Karfreitag nimmt das Leid und den Tod radikal ernst: Angst und Schmerz, Einsamkeit und Tod. Und diese Realitäten gilt es auszuhalten und anzunehmen. Immerhin kann ich jetzt ahnen, dass einer da ist, der mir nahe ist – in Angst und Not und selbst im Tod, weil Gott selbst in Jesus diesen Weg gegangen ist.
Und Ostern? Wahrscheinlich wird es nur für den zur Realität, der sich der anderen Wirklichkeit öffnet: Unsere Welt in anderer Gesetzmäßigkeit zu sehen, in der nicht mehr Gewalt und Gegengewalt regieren. Die Botschaft, dass jeder Mensch der Liebe wert ist.
Und selbst als Jesus gewaltsam zum Schweigen gebracht wird, bleibt er sich treu: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“In der Auferstehung bestätigt Gott diese Mission Jesu – das ist der Weg, der zum Leben führt! Gott selbst will diese andere Welt.
„Grab ist nicht mehr Grab, tot ist nicht mehr tot, Ende ist nicht mehr Ende; nichts ist, wie es war.“
Wenn „nichts ist, wie es war“sind wir herausgefordert, an das unglaubliche Geschehen von Ostern zu glauben.