Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
So vielfältig zwitschert die Vogelwelt
Wer die Ohren spitzt, kann die Tiere unterscheiden
BERLIN (sz) - „Frühling kommt, der Sperling piept”, sang schon Marlene Dietrich. Kaum etwas verbinden wir so sehr mit dem Frühling wie Vogelgezwitscher. Davon zeugen zahlreiche Schlager und Volkslieder. Viele gefiederte Sänger laufen rund um den meteorologischen Frühlingsbeginn zu Höchstform auf.
Auslöser für die Vogelgesänge ist die zunehmende Tageslänge. „Bereits um den Jahreswechsel herum läuten die ersten Kohlmeisen, wie ihr oft zweisilbiger klingelnder Gesang beschrieben wird”, sagt Lars Lachmann, Vogelschutzexperte beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu), „andere Meisen singen dann auch schon – vor allem die Blaumeise”. Auch das Rotkehlchen gehört zu den ersten Sängern.
„Manch frühe Gesangsstrophe dient sicher auch dazu, die eingerosteten Kehlen zu ölen und etwas zu üben”, so Lachmann, „das ist bei den Vögeln nicht anders als bei uns Menschen“. Die Amsel macht seit Mitte Februar intensiv Eigenwerbung, wenn ihr melodischer und variantenreicher Gesang erklingt. In diesem Jahr startete sie pünktlich zum Ende der Dauerfrostperiode. Sie bevorzugt die große – besser gesagt hohe – Bühne für ihre Darbietung: einen Dachgiebel oder Baumwipfel.
Ein „Early Bird” ist auch die Feldlerche. Ihre Gesangssaison beginnt, sobald die Vögel im Februar und März aus dem Süden zurückkehren. Dann trällert sie von der Morgendämmerung bis zum Abend. Einst galten die kleinen Vögel wegen ihres frühen Starts in den Tag als natürliche Wecker. Mit den Feldlerchen kehren auch die Kiebitze aus Südwest-Europa zurück. Im März besetzen sie ihre Brutreviere auf frisch ergrünten feuchten Wiesen und Feldern. Dann begleitet ihr namensgebendes „Ki-witt” die akrobatischen Balzflüge der Männchen.
Die charakteristisch flötenden Balzstrophen des Goldregenpfeifers sind leider seit einigen Jahren nicht mehr über Deutschlands Mooren zu hören. Doch nahe der Küste hört man im Winter und Frühjahr die melancholischen „düh“-Rufe größerer rastender Trupps, bevor sie weiter nach Norden ziehen.
Die Stadttaube ist ganzjährig in unseren Siedlungen zu beobachten. Ihr bekanntes Gurren ertönt vor allem zur Balzzeit über Straßen und Plätzen und damit deutlich häufiger im Frühjahr. Auch der Eisvogel überwintert bei uns. Bei ihm ist der scharf pfeifende Ruf kaum von seinem Gesang – einer Reihe mehrerer Rufe – zu unterscheiden. Trotzdem steigen die Chancen, ihn zu Beginn der Brutzeit im März an sauberen Flüssen und Seeufern zu hören.
Die Rauchschwalbe betritt als letzte die Chor-Bühne. Als einziger Langstreckenzieher im Kandidatenreigen ist sie erst Mitte April aus ihrem Winterquartier in Afrika zurück. Sofort lässt sie dann ihr lautes Zwitschern mit eingebauten munteren „witt witt“-Rufen vernehmen. Der Frühling ist dann bereits fortgeschritten, Schwalben gelten daher als Vorboten des Sommers.