Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Polizei warnt Motorradfahrer vor Leichtsinn
Saison ist gestartet – Verschiedene Faktoren erhöhen Unfallrisiko
ZOLLERNALBKREIS (sz) - Auch wenn die Unfälle mit Motorradfahrern im Vergleich zum Jahr 2019 mit 455 Unfällen im vergangenen Jahr wiederum leicht zurückgegangen sind, hat vor allem der Saisonbeginn seine Schattenseiten. Gerade dann besteht ein erhöhtes Unfallrisiko, teilt die Polizei mit. Zudem sind die Straßen aufgrund der aktuellen Lage derzeit weniger frequentiert, was den einen oder anderen dazu verleiten könnte, seine Fähigkeiten zu überschätzen. Daher ist gerade jetzt die Verkehrsüberwachung, insbesondere mit Geschwindigkeitskontrollen an beliebten Motorradstrecken, ein wichtiger Bestandteil der polizeilichen Verkehrssicherheitsarbeit, so die Polizei.
Zweiradfahrer sind gegenüber Autofahrern wegen der fehlenden Knautschzone bei Unfällen immer im Nachteil. Zusätzlich lauern gerade zu
Saisonbeginn weitere Gefahren: Nach den Wintermonaten sind die Straßen oft noch von Salz und Splitt verunreinigt. Vom Frost aufgerissene Schlaglöcher stellen für Zweiradfahrer Gefahren dar. Gerade auf den reizvollen Strecken in den Albtälern und Albaufstiegen muss man insbesondere in den schattenreichen Kurven und Waldstücken noch mit rutschigen Fahrbahnen rechnen. Zudem sind im Frühjahr auch wieder viele landwirtschaftliche Fahrzeuge unterwegs, die unvermittelt aus Feld- und Waldwegen einbiegen und gelegentlich auch Spuren auf den Straßen hinterlassen können, die eine zusätzliche Gefahrenquelle darstellen.
Aber nicht nur das Umfeld birgt zum Saisonbeginn besondere Risiken. Die Routine im Handling mit der Maschine müsse erst wieder neu geübt werden. Sich mental auf kritische Situationen vorzubereiten, ist wichtig, so die Polizei. Das langsame Herantasten an die Geschwindigkeit und die Schräglage seien gerade am Anfang unerlässlich. Bei kalter Witterung oder neuen Reifen ist die Haftung gerade bei Motorradreifen spürbar schlechter.
Insbesondere der technische Zustand des eigenen Bikes verdient nach dem Winterschlaf besondere Aufmerksamkeit. Stimmen Profiltiefe und Reifendruck noch, passen die Flüssigkeitsstände von Öl und Bremsflüssigkeit noch, ist die Kette geschmiert?
Neben den Kontrollen setzt die Polizei auch auf Aufklärung. Nachdem im vergangen Jahr viele Präventionsaktivitäten aufgrund der Pandemielage abgesagt werden mussten, sollen diese 2021 wieder aufgenommen werden. Ob die Aktionen stattfinden können, hängt aber von der aktuellen Entwicklung ab.
Insgesamt 455 Motorradunfälle, bei denen zwei Biker getötet, 100 schwer und 249 leicht verletzt wurden, hat das Polizeipräsidium Reutlingen im vergangenen Jahr verzeichnet. 250 und damit mehr als die Hälfte der Unfälle wurden von den Bikern selbst verursacht, 143 dieser Unfallverursacher waren alleinbeteiligt. Als Ursachen ragen bei den Motorradfahrern die Geschwindigkeit und das Überholen bei Unfällen mit Getöteten oder Schwerverletzten mit etwa 51 Prozent signifikant heraus. Allein bei gezielten Kontrollaktionen auf den beliebten Ausflugsstrecken wurden in der letzten Motorradsaison 726 Biker beanstandet, fast 400 davon wegen überhöhter Geschwindigkeit und Überholverstößen, rund 200 Mal wurden technische Mängel an den Motorrädern festgestellt.