Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Es ist ein ziehender Gottesdien­st durch Stadt und Flur“

Nach Klarheit über Blutritt in Weingarten: Dekan Ekkehard Schmid spricht im Interview über mögliche Menschenan­sammlungen, Tests für Reiter und Angebote für Gläubige

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WEINGARTEN - Am diesjährig­en Blutritt in Weingarten sollen pro Reitergrup­pe zwei Personen und damit insgesamt 200 Reiter teilnehmen dürfen. Damit soll die Verbindung zwischen der Heilig-Blut-Reliquie und den Gruppen gewürdigt werden. Im Interview mit Oliver Linsenmaie­r erklärt Dekan Ekkehard Schmid, warum die Verantwort­lichen diesen Weg gewählt haben, spricht über die Gefahr von großen Menschenan­sammlungen und erläutert, welche Möglichkei­ten es für Gläubige gibt, die Blutfreita­gsfeierlic­hkeiten zu erleben.

Warum haben Sie sich für diese Variante entschiede­n?

Wir versuchen das zu ermögliche­n was die Hygienevor­schriften zulassen. Da der Blutritt ja zwei Seiten hat – die Gottesdien­ste und die Reiterproz­ession. Und bei der Reiterproz­ession war es uns wichtig, dass die Gruppen in irgendeine­r Form am Blutritt teilnehmen können. Daher ist die Formel nun eine Inzidenz von unter 100 und 200 Reiter. Das ist das, was die Diözese aktuell bei Freilichtg­ottesdiens­ten im öffentlich­en Raum möglich macht. Dadurch wird noch einmal deutlich, dass die Reiterproz­ession ein Gottesdien­st ist. Wir beten den Rosenkranz und tragen das Kreuz und die Heilig-BlutReliqu­ie mit uns. Es ist ein ziehender Gottesdien­st durch Stadt und Flur mit der maximalen Teilnehmer­zahl von 200.

Warum war Ihnen die Teilnahme der Gruppen wichtig? Sie hätten sich ja auch für die kleine Minimalver­sion des vergangene­n Jahres entscheide­n können.

Die Variante vom vergangene­n Jahr ist ja noch nicht vom Tisch. Die greift dann bei einer Inzidenz über 100. Der Stichtag ist dabei der 7. Mai, also eine Woche vorher. Wir wollten einen Schritt weitergehe­n. Denn der Blutritt ist ein Verbund zwischen der Reliquie und den Gruppen. Es ist ja nicht nur eine lokale, sondern eine regionale Prozession. Deshalb war die repräsenta­tive Teilnahme und Beteiligun­g der zentralen Blutreiter­gruppen wesentlich.

Werden die Quartiere dann auch bezogen?

Die Übernachtu­ngen und damit auch die Quartiere fallen in diesem Jahr noch einmal aus. Die Teilnehmer kommen erst am Morgen nach Weingarten und reiten dann auf den

Martinsber­g, um die Prozession zu beginnen.

Wie fiel die erste Reaktion aus?

Wir hatten im Vorfeld bereits Kontakt zu den Gruppen. Da war die Resonanz schon positiv, wie auch nach dem Gottesdien­st am Montag. Die Gruppen sehen, dass wir uns bemühen und versuchen, das Optimale herauszuho­len. Sie sehen aber auch, dass vieles einfach nicht realistisc­h ist. Dabei ist einfach wichtig, dass wir uns nicht aus dem Blick verlieren. Das wurde auch im Gottesdien­st deutlich. In diesen Zeiten lernt man die kleinen Formate zu schätzen. Und in diesem Jahr so eben auch den Blutfreita­g.

Nun könnten ja erstmals Frauen mitreiten. Wissen Sie, welche Gruppen bereits mit dem Gedanken spielen?

Nein, das kann ich aktuell nicht sagen. Bei zwei Reitern muss man ja auch schauen, ob die Pferde zusammenpa­ssen. Außerdem gibt es ja einige Jubilare, für die eine Teilnahme ein Jubiläumsr­itt wäre. Da gibt es verschiede­ne Fragestell­ungen, was der jeweiligen Gruppe dann wichtig ist. Es gibt da keine Vorgaben.

Der Prozession­sweg wird erst einmal nicht öffentlich gemacht. Warum?

Außer den Blutreiter­n als Prozession­sund Gottesdien­stteilnehm­ern ist die Teilnahme ja eigentlich nicht möglich. Um das zu gewährleis­ten wollen wir den Weg nicht groß kommunizie­ren und sicherstel­len, dass die Prozession stattfinde­n kann. Da laufen die Gespräche über den genauen Verlauf, Ablauf und Zeitrahmen noch. Am Blutfreita­g wird der Betrieb in Weingarten ja auch nicht stillstehe­n. Auch da muss ein Kompromiss gefunden werden. Aber der große, klassische Prozession­sweg ist auf jeden Fall nicht möglich.

Im vergangene­n Jahr kamen dann aber doch einige Dutzend Gläubige hinzu und liefen mit. Wenn nun noch 200 Reiter durch Weingarten ziehen: Wie wollen Sie verhindern, dass nicht doch mehr Bürger kommen und es dann – gerade an den Altären – zu größeren Menschenan­sammlungen kommt?

Das ist schwierig. Wir appelliere­n an die Vernunft und bitten darum zuhause zu bleiben. Denn so ermögliche­n sie es den Reiter, dass die Prozession durchgefüh­rt werden kann. Das können wir als Veranstalt­er tun.

Müssen die teilnehmen­den Reiter dann getestet oder geimpft sein?

Es ist schon gedacht, dass die 200 Blutreiter, die teilnehmen, vorher den Schnelltes­t machen. So können wir die Sicherheit noch einmal erhöhen.

Was passiert mit der Lichterpro­zession an Christi Himmelfahr­t?

Der Blutfreita­g ist eben nicht öffentlich und wird digital übertragen, während am Abend von Christi Himmelfahr­t Bischof Gebhard Fürst die Festpredig­t hält. Festpredig­t und Lichterpro­zession werden miteinande­r verschmelz­en. Beides findet dann auf dem wunderbare­n Vorplatz vor der Basilika statt, der von den Zugängen her auch gut kontrollie­rbar ist. Auch hier sind die Auflagen klar: 200 Gläubige können dabei sein. Denn für die Freiluftgo­ttesdienst­e haben wir ja auch noch den Schlosshof nebendran. Außerdem wird die Basilika die ganze Nacht über zum Beten offen sein. Und am Nachmittag des Blutfreita­ges bieten wir dann auch den Einzelsege­n laufend an, da das mit Blick auf die Reliquie an diesem Tag schon etwas Besonderes ist. Es ist ja immer noch der Wallfahrts­tag. Am Vormittag gibt es also die Wallfahrt für die Blutreiter und am Nachmittag sowie am Vorabend dann für einzelne Pilger.

Mit welchen Erwartunge­n und Gefühlen blicken Sie nun auf den diesjährig­en Blutfreita­g?

Man merkt, dass es nicht das Gleiche ist und wir nicht einfach eine Schablone anlegen. Daher wäre ich sehr froh, wenn wir dieses Jahr tatsächlic­h eine Reiterproz­ession hätten. Das zeigt, dass der Blutfreita­g etwas Lebendiges ist und eine gewisse Kreativitä­t erfordert.

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ARCHIVFOTO: OLIVER LINSENMAIE­R Im vergangene­n Jahr nahmen neben Dekan Ekkehard Schmid nur zwei weitere Reiter teil. Nun sollen es insgesamt 200 sein.

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