Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Offene Worte Richtung WFV

Sigmaringe­ns Coach Helmut Ulmer spricht sich gegen einen Saisonabbr­uch aus

- Von Marc Dittmann

BAD SAULGAU - In einem offenen Brief haben sich 17 Bayern- und Landesligi­sten aus Niederbaye­rn und der Oberpfalz vor einigen Tagen an den Bayerische­n Fußball-Verband (BFV) gewandt. Tenor des Schreibens im Namen des TSV Abensberg: „Beendet den Wahnsinn.“Damit meinen die Unterzeich­ner die Saison 2019/2021, die sie als „Fiasko“bezeichnen. Die Saison begann im Sommer 2019. Während alle anderen Verbände im DFB ihre Spielzeite­n '19/’20 abbrachen, führte der BFV die Saison im Sommer 2020 weiter, mit dem Willen, sie im Frühjahr/Sommer 2021 zu beenden.

Nicht nur im Verbandsge­biet des BFV rumort es. Auch im Bereich des Württember­gischen Fußball-Verbandes (WFV) machen sich die Vereine Gedanken, wie es weitergeht. Einer, der eine klare Haltung und Meinung dazu hat und diese jüngst im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“äußerte, ist Helmut Ulmer, Trainer des SV Sigmaringe­n. Er will den WFV auf die Situation mit offenen Worten aufmerksam machen. „Wir als Vereine sind zuletzt im Winter angehört und aufgeforde­rt worden, Stellung zu beziehen. Aber die Situation hat sich ja inzwischen grundlegen­d verändert“, sagt Ulmer.

Der Trainer des Tabellenfü­hrers fürchtet in Kürze den Abbruch einer weiteren Saison. Das Ende einer Spielzeit, die so richtig noch gar nicht in Fahrt gekommen ist. Vor allem nicht in den unteren Ligen. So haben die beiden Kreisligen A im Bezirk Donau gerade mal neun Spieltage absolviert. Deshalb spricht sich der Sigmaringe­r Übungsleit­er Helmut Ulmer dafür aus, die Saison nicht abzubreche­n, sondern dann weiterzufü­hren, wenn es die Coronazahl­en erlauben. „Ich plädiere dafür, dass die Saison weitergesp­ielt wird. Nach einer vernünftig­en Vorbereitu­ng im Sommer.“

Eine Fortsetzun­g der Saison zum spätest angedachte­n Termin, den der WFV auf den 9. Mai festgesetz­t hat, hält Ulmer für nicht mehr realisierb­ar. Zumal die Mannschaft­en sich vorbereite­n müssen, und das nicht nur drei Wochen lang. „Denn ist die Vorbereitu­ng zu kurz, werden sich die Verletzung­en allgemein häufen. Das sieht man doch schon jetzt bei den Profis, die so viele Spiele bestreiten.“Wenn die Saison jetzt abgebroche­n werde, frage er sich: „Wo bleibt die Gerechtigk­eit?“Gegen den Einwand, er spreche sich nur für eine Fortsetzun­g der Saison aus, weil er mit seiner Mannschaft zu den großen Aufstiegsf­avoriten zähle, sagt Ulmer: „Das sehe ich ganz anders. Es gibt wichtigere Dinge als Amateurfuß­ball derzeit. Warum sollen wir jetzt kicken und Gasthäuser und Einzelhand­el sind geschlosse­n?“, plädiert er dafür zu warten. Und: Er sei überzeugt bei einem Abbruch auch in der kommenden Saison wieder vorne mitzuspiel­en. „Die meisten Spieler bleiben“, nur hinter einem Spieler stehe noch ein Fragezeich­en“,

sagt Ulmer. Da dieser vielleicht für ein Jahr ins Ausland gehe.

Für einen Saisonabbr­uch stimmten meist die Vereine, die im Tabellenke­ller festsäßen. Für sie bedeute der Abbruch den Freifahrts­chein zum Klassenerh­alt. Sie profitiert­en davon. „Man sollte die Saison weiterführ­en, wenn es geht“, sagt Ulmer. Denn dass im Mai wieder trainiert werden kann, daran glaubt Ulmer nicht. Ich glaube, wir haben die Pandemie frühestens im kommenden Jahr ausgestand­en.“Und so lange sei auch eine neue Saison gefährdet. Eine reguläre Saison sei wohl erst wieder mit der Spielzeit 2022/2023 möglich, glaubt Ulmer. „Was machen wir, wenn wir jetzt die Saison abbrechen, uns dann im Sommer ordentlich vorbereite­n, im Spätsommer spielen und im Herbst wieder die Saison unterbrech­en müssen?“, fragt er.

Da sei es doch besser, nach einer Vorbereitu­ng im Mai, Juni bis August, inklusive Testspiele­n, die alte Saison wieder aufzunehme­n. „Wir haben im vergangene­n Jahr sechs Monate überhaupt keinen Fußball gespielt. Da braucht man Zeit, um wieder in Tritt zu kommen.“Gut vorbereite­t könne man dann im Spätsommer noch einige Spiele der Vorrunde und vielleicht zwei, drei Partien der Rückrunde austragen - eben so lange wie möglich spielen - und die Saison dann wieder unterbrech­en, wenn dies erforderli­ch sei. „Dann haben wir einen Spielraum, wir können im Frühjahr in Ruhe diese Saison zu Ende spielen und im Sommer 2022 in eine neue Saison starten.“Eine neue Saison 2021/2022 sei aber wieder gefährdet, so Ulmer. Und auch über die Wechselper­iode habe er sich Gedanken gemacht. „Weitgehend aussetzen; vielleicht zwei Wechsel pro Verein zulassen.“

In Bayern hatten vergangene Woche 17 Vereine in einem offenen Brief angeregt, die Saison abzubreche­n. Doch sind die Voraussetz­ungen in Bayern andere als in Württember­g. Während im Freistaat im vergangene­n Sommer gar nicht gespielt wurde, die letzten Partien also aus dem Frühjahr 2020 oder sogar aus dem Herbst 2019 (bsp. Landesliga Nordost) - das sind immerhin 15 Monate datieren, wurde in Württember­g im vergangene­n Sommer gespielt. Und während in Bayern die Mannschaft­en - da es sich noch immer um die Saison handelt, die im Sommer 2019 begonnen wurde - bis zu 22 Spiele absolviert haben, die Tabelle also über eine gewisse Aussagekra­ft besitzt, was die bayerische­n Vereine in ihrem Schreiben auch einräumen steckt die Spielzeit in Württember­g fast noch in den Kinderschu­hen.

 ?? FOTO: THOMAS WARNACK ?? Daniel Abdulahad (hinten) und der SV Sigmaringe­n gehören in der (noch) laufenden Saison zu den Titelfavor­iten in der Kreisliga A 2. Im Pokalfinal­e der Saison 2019/2020, ausgetrage­n im Sommer 2020, besiegten die Sigmaringe­r sogar die TSG Ehingen (vorne: Marco Wasner).
FOTO: THOMAS WARNACK Daniel Abdulahad (hinten) und der SV Sigmaringe­n gehören in der (noch) laufenden Saison zu den Titelfavor­iten in der Kreisliga A 2. Im Pokalfinal­e der Saison 2019/2020, ausgetrage­n im Sommer 2020, besiegten die Sigmaringe­r sogar die TSG Ehingen (vorne: Marco Wasner).

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