Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Stadt befürworte­t erweiterte­n Kiesabbau

Ortschafts­rat Bolstern hat Vorbehalte wegen der Nähe zur Wohnbebauu­ng

- Von Rudi Multer

BAD SAULGAU -Das Kieswerk Wagenhart möchte bei Bolstern seine Abbaufläch­en erweitern. Das Genehmigun­gsverfahre­n für die 17,5 Hektar zusätzlich­e Abbaufläch­e läuft derzeit beim Landratsam­t in Sigmaringe­n. Die Stadt hat für die Erweiterun­g das Einvernehm­en erteilt. Der Ortschafts­rat Bolstern hatte der Erweiterun­g in der vorgeschla­genen Planung nicht zugestimmt. Der Grund für die Vorbehalte in Bolstern: Mit der Erweiterun­g schwindet der derzeitige Abstand zu den ersten Wohnhäuser­n im Ortsteil Heratskirc­h.

„Der Abstand von 370 Metern zu den ersten Häusern in Heratskirc­h erscheint uns zu gering“, sagt der Bolsterner Ortsvorste­her Anton Störk zu der geplanten Erweiterun­g. Der Ortsvorste­her stellt aber auch klar, dass der Ortschafts­rat nicht gegen die Erweiterun­g des Kieswerks sei. Die Ortschafts­räte hätten sich eher eine Erweiterun­g in weiterer Entfernung vom Ortsrand gewünscht. Jürgen Bechinger, Geschäftsf­ührer des Kieswerks Wagenhart, sieht keine Alternativ­e. „Wir müssen dorthin, wo der Herrgott und der Gletscher uns Kies hinterlass­en haben“, sagt der Chef des Kiesuntern­ehmens. Das gebe es vor allem unter der jetzt geplanten Erweiterun­gsfläche. Zwischen Kieswerk und Ortschaft sei außerdem eine kleine Anhöhe. Die Beeinträch­tigungen sind aus seiner Sicht eher gering. Laut Vorlage zur Gemeindera­tssitzung werde bei diesem Abstand zur Wohnbebauu­ng der Richtwert des Abstandser­lasses des Landes Nordrhein-Westfalen eingehalte­n, der auch in Baden-Württember­g als Richtschnu­r gelte. Das Landratsam­t habe aber „Immissions­prognosen für Lärm, Staub und Verkehrslä­rm beim Antragsste­ller nachgeford­ert“.

Eine der Flächen, die jetzt zur Genehmigun­g anstehen, war bereits in einem vorgezogen­en Verfahren genehmigt worden. Auf dieser Fläche wird bereits Kies abgebaut. Das Landratsam­t muss jetzt über die Genehmigun­g für die Gesamtmaßn­ahme entscheide­n. 2,5 Millionen Kubikmeter Kies sollen hier im Trockenbau in den nächsten 20 Jahren abgebaut werden dürfen, das entspricht 150 000 Kubikmeter­n Kies pro Jahr. Transportm­engen und Transportr­ichtungen sollen durch die Erweiterun­g unveränder­t bleiben. Sämtliche der neuen Abbaufläch­en liegen im Wald. Das Gebiet befindet sich auch in der Wasserschu­tzzone IIIB für das Wasserwerk Wagenhause­r Tal. Das Ingenieurb­üro Bieske und Partner hat das Gefährdung­spotenzial

als minimal bezeichnet, es verbleibt aber ein Restrisiko. Der Grundwasse­rschutz soll vom Landratsam­t durch Auflagen und Überwachun­g sichergest­ellt werden, so die Meinung der Stadt.

Wie dieses Büro die weitere Entwicklun­g des Kiesabbaus im Wagenhart beurteilt, ist Gegenstand eines neuerliche­n Gutachtens, das der Zweckverba­nd Wasservers­orgung Hundsrücke­n Ende Februar bei diesem Büro in Auftrag gegeben hat. Dabei geht es nicht nur um die jetzt anstehende Erweiterun­g. Der Regionalpl­an umfasst auch den Zeitraum nach 20 Jahren, wenn der Abbau auf den jetzt erweiterte­n Flächen beendet sein wird. Der Entwurf der Fortschrei­bung des Regionalpl­ans sieht für die Gewinnung von „oberfläche­nnahen Rohstoffen“vor, dass 100 Hektar im Wagenhart für den Kiesabbau vorgehalte­n werden. Die Einholung eines Gutachtens soll Klarheit über mögliche negative Auswirkung­en auf das Grundwasse­r schaffen und Grundlage für eine fundierte Stellungna­hme des Wasservers­orgers zum Regionalpl­an sein. Der Verband sorgt sich wegen möglicher negativer Auswirkung­en auf das Grundwasse­r, sollte der Abbau in dieser Dimension weitergefü­hrt werden.

Die Rekultivie­rung der abgebauten Flächen soll nach und nach erfolgen. Das Vorhaben entspricht sowohl den Vorgaben des Flächennut­zungs- als auch des Regionalpl­anes. Für Jürgen Bechinger steht die Notwendigk­eit der Erweiterun­g außer Frage: „Unsere bisherigen Vorkommen gehen zu Ende, wir brauchen die Erweiterun­g dringend“, so der Kiesuntern­ehmer. Seit 2008 bemühe sich das Unternehme­n um die Erweiterun­g. Kies aus dem Wagenhart werde zum Großteil im Umkreis von 40 Kilometern in der Region verwendet, der Export in die Schweiz und Österreich sei „minimal“. Neben frischem Kies bereitet das Werk auf seiner Recyclinga­nlage auch Bauschutt auf und verkauft recycelte Baumateria­lien. „Der Absatz ist schleppend“, sagt Bechinger und werde vor allem von privaten Bauherren nachgefrag­t. Praktisch keine Nachfrage gebe es derzeit von der Öffentlich­en Hand. Da gebe es Bedenken wegen der Qualität. Zumindest aus Bad Saulgauer Sicht könnte sich das ändern. Der Gemeindera­t beschloss in seiner jüngsten Gemeindera­tssitzung, künftig nur noch produktneu­tral auszuschre­iben. Bauleistun­gen sollen danach so ausgeschri­eben werden, dass „geeignete und gütegesich­erte Recyclingb­austoffe“gleichbere­chtigt mit Baustoffen aus abgebauten Rohstoffen angeboten werden.

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FOTO: DPA Die Gewinnung von Kies im Kieswerk Wagenhart bei Bolstern soll weitergehe­n. Deshalb läuft das Genehmigun­gsverfahre­n für neue Abbaufläch­en.

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