Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Gelebte Nachbarschaft statt Förderblase
Landesarbeitsgemeinschaft der Mehrgenerationenhäuser informiert sich in Mengen
MENGEN - Wie sich trotz der Beschränkungen durch die CoronaPandemie ein Mehrgenerationentreff realisieren lassen und in digitalen Formaten der Kontakt zu den Menschen gehalten und an Quartierskonzepten gearbeitet werden kann, davon haben sich zwei Vertreterinnen der Landesarbeitsgemeinschaft Mehrgenerationenhaus am Montag in Mengen überzeugt. Bei einer digitalen Informationsrunde zeigten sich Anja Miller, Leiterin der Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft, und Dorothea Brust-Etzel aus dem Sprecherrat beeindruckt, wie engagiert und kreativ vor allem die Blochinger gewesen sind. Eine „Förderblase“, bei der Aktivitäten nach einem bestimmten Zeitraum wieder eingestellt würden, sei hier nicht zu erkennen.
Johanna Benz-Spies, die in Mengen die Projekte zur Quartiersentwicklung fachlich begleitet, legte in ihrem Vortrag den Schwerpunkt auf die Vorstellung des Mehrgenerationentreffs in Blochingen und beschrieb Konzept und Einrichtung der Räume im Haus der Vereine in Blochingen, die Kooperation mit Stadt und Vereinen vor Ort sowie die vielen Angebote, die zum größten
Teil aufgrund des Lockdowns derzeit nicht stattfinden können. „Immerhin ist es uns gelungen, den Treff im Oktober zu eröffnen und einen Monat Betrieb zu haben“, sagte sie. Sobald es aber Lockerungen und Öffnungen gebe, könnten Spieleabende, Beratungsstunden, Stammtische, Yoga und Angebote für Kinder sofort wieder stattfinden. In der Zwischenzeit behelfe man sich mit digitalen Gesprächsrunden und Beratungsangeboten, Projekten für zwei Personen oder dem Heft „Mehrgenerationentreff to go“, das alle Einwohner in ihren Briefkästen gefunden haben und in dem es ein Osterrätsel gab.
Da der offizielle Förderzeitraum für den Mehrgenerationentreff bald ausläuft, soll dies mit einer digitalen Abschlusswoche begangen werden. Dazu schwebt Benz-Spies auch ein digitales Jugendhaus vor, das sie gern mit Unterstützung der Schulsozialarbeit umsetzen würde. Elternabende zum Thema Achtsamkeit seien genauso geplant wie Veranstaltungen, die das Thema Pflege in den Fokus rücken. Gerade werde auch an einem Leitbild für den Mehrgenerationentreff gearbeitet, der sich an den vom Bund aufgestellten Qualitätskriterien der Mehrgenerationenhäuser orientiert. Die Erfüllung der Kriterien ist Voraussetzung für die Aufnahme
in die Landesarbeitsgemeinschaft, die vom Blochinger Projektteam angestrebt werde. Die Stadt Mengen wird die Trägerschaft für den Treff in Blochingen übernehmen, Partner ist der Teilhabeverein s’Blochinger Wichtele.
Während der Betrieb in Blochingen nach dem Lockdown wieder aufgenommen werden kann, treiben auch die anderen Ortsteile die Quartiersentwicklung voran. Dort haben bereits – oder werden noch bis Ende des Monats – digitale Nachbarschaftsgespräche stattfinden. Dank der Förderung Quartiersimpulse werden auch Scheer und Heudorf mit eingebunden und die Entwicklung interkommunal vernetzt. „Am Ende könnte ein dezentrales Mehrgenerationenhaus mit Standorten in vielen oder allen Ortsteilen stehen“, blickte Benz-Spies in die Zukunft. Dies müsse aber Wunsch der Bevölkerung sein und von Engagierten vor Ort mit Leben gefüllt und umgesetzt werden. „Das Interesse ist jedenfalls überall zu spüren“, sagte sie.
Anja Miller und Dorothea BrustEtzel waren nicht nur von der Kreativität und dem Umsetzungsvermögen der Projektgruppe begeistert, sondern lobten auch die in der Runde anwesenden Vertreter der Stadtverwaltung Nicolai Hepp (Sachgebiet
Soziales) und Bürgermeister Stefan Bubeck. Letzterer gab allerdings zu, dass die Fördermittel ein Türöffner für das Engagement in der Quartiersentwicklung gewesen seien. „Ohne finanziellen Anschub hätten wir das Thema nicht angepackt“, sagte er. Ihm sei ebenso wie den Projektpartnern wichtig, die Mehrgenerationentreffs auch über den Förderzeitraum hinaus zu etablieren und keine „Förderblase“entstehen zu lassen.