Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Der Tanz um den Inzidenzwe­rt

Kreisverwa­ltung sieht keine Alternativ­e zur Notbremse – 775 Mal Virusvaria­nte nachgewies­en

- Von Alexander Tutschner

FRIEDRICHS­HAFEN - Notbremse raus, Notbremse rein: Noch bis Montag war im Bodenseekr­eis Einkaufen mit Termin erlaubt, am Dienstag nicht mehr. Abhängig ist das gemäß der Coronavero­rdnung des Landes vom 29. März davon, ob die SiebenTage­s-Inzidenz über oder unter der Marke von 100 liegt. Dass die Corona-Infektione­n zuletzt wieder zunehmen, liegt laut Kreisverwa­ltung vor allem an der Ausbreitun­g der Virus-Varianten.

Auch eine größere Zahl an Jugendlich­en und Kindern sei jetzt betroffen.

„Es gibt zeitlich keinen Spielraum, wir müssen das unverzügli­ch feststelle­n“, sagt Robert Schwarz, der Pressespre­cher des Bodenseekr­eises zum jeweils geltenden Inzidenz-Status. Die Situation ist für das Gesundheit­samt klar: Etwa um 18 Uhr kommt der neue Wert der Sieben-Tages-Inzidenz vom Landesgesu­ndheitsamt (LGA). Ist er dreimal in Folge über 100, wird mit einem Werktag Informatio­nsvorlauf die Notbremse gezogen. Im konkreten Fall war die Feststellu­ng am Samstag, der Montag war der erste Werktag danach und ab Dienstag greift wieder die Notbremse. Sollte der Wert wieder fünfmal unter 100 liegen, wird die Notbremse sofort für den folgenden Tag wieder gelockert.

Der einzige Grund, warum der Bodenseekr­eis die Notbremse bei einer drei Tage hintereina­nder über 100 liegenden Sieben-Tages-Inzidenz nicht ziehen müsste, wäre ein „nicht diffuses Infektions­geschehen“, sagt Schwarz. Das wäre zum Beispiel gegeben, wenn nachweisli­ch viele neue Corona-Infektione­n auf einen eingrenzba­ren Ausbruch (zum Beispiel in einer Einrichtun­g) zurückgehe­n.

Das LGA müsste so einen Fall aber anerkennen. Von nicht diffusem Geschehen könne derzeit im Kreis aber nicht die Rede sein, sagt Schwarz: Mehrere Einrichtun­gen und Kindergärt­en seien von Neuinfekti­onen betroffen, es gebe zudem viele Einzelfäll­e. „Die Grundidee ist, dass man Lockerunge­n und Verschärfu­ngen vom Infektions­geschehen vor Ort abhängig macht“, sagt Schwarz zum Inzidenz-Status. Im Bodenseekr­eis sei man nun in der Situation, „dass wir um den Inzidenzwe­rt 100 herumtanze­n“. Dennoch gebe es für den Kreis keinen Grund, von der Vorgehensw­eise abzuweiche­n. Was von vielen als Schlingerk­urs wahrgenomm­en werde, sei einfach die regionale Reaktion auf die Infektions­lage. Die Inzidenz liegt im Kreis seit dem 24. Januar (98,2) und dem 12. April (107,6) immer um 100, der tiefste Wert war 28,6 (20. Februar), der höchste 110,4 (28. März).

Vor allem die Ausbreitun­g von Virus-Varianten macht auch im Bodenseekr­eis Sorgen. Das Gros der Neuinfekti­onen sei auf Mutationen zurückzufü­hren, „sie spielen im Infektions­geschehen eine wesentlich­e Rolle“, sagt Schwarz. Auch im Bodenseekr­eis erkenne man, dass diese deutlich ansteckend­er seien. Die Betroffenh­eit

bei jüngeren Menschen, auch bei Kindern, sei höher als beim ursprüngli­chen Corona-Virus. Die Quote von betroffene­n Kontaktper­sonen sei jetzt höher als früher. Auch die zunehmende Zahl der stationär im Krankenhau­s behandelte­n Personen sei bedenklich. 28 Menschen wurden laut dem Corona-Wochenrück­blick des Gesundheit­samtes am Montagnach­mittag im Zusammenha­ng mit Covid-19 stationär in den Kliniken im Landkreis behandelt. Die Gesamtzahl der registrier­ten Corona-Fälle seit Beginn der Pandemie lag bei 6008. Als akute Infektions­fälle galten demnach zu Wochenbegi­nn 608 Personen.

In der zurücklieg­enden Woche vom Montag, 5. April, bis einschließ­lich Sonntag, 11. April, sind dem Gesundheit­samt Bodenseekr­eis demnach 246 neue Corona-Infektions­fälle gemeldet worden. In dieser Zeit wurde 157 Mal eine Virusvaria­nte (Mutation) labordiagn­ostisch nachgewies­en, insgesamt sind es Stand Montagnach­mittag 775 bekannte Fälle. Der höchste Sieben-Tages-Wert je 100 000 Einwohner lag in der zurücklieg­enden Woche bei 107,6 am Sonntag. Es wurden zwei Todesfälle im Zusammenha­ng mit Covid-19 gemeldet.

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FOTO: ANDREAS ARNOLD/DPA Varianten des Corona-Virus bestimmen das Infektions­geschehen im Bodenseekr­eis.

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