Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Schottergä­rten entstehen trotz Verbot

Nabu kritisiert die Stadt Sigmaringe­n, weil es keine Kontrollen gibt.

- Von Mareike Keiper

SIGMARINGE­N - Schottergä­rten sind Geschmacks­sache, in diesem Punkt sind sich die Menschen wohl einig. Trotzdem gibt es seit Juli 2020 in Baden-Württember­g ein Verbot für die Steinfläch­en. Dieses Verbot ist im Landesnatu­rschutzges­etz festgehalt­en, denn die Schotterfl­ächen strahlen zu viel Hitze aus und sind nicht insektenfr­eundlich, heißt es darin. Gleichzeit­ig werden immer noch Schottergä­rten angelegt, auch in Sigmaringe­n, wie ein SZ-Leser beobachtet. Er wünscht sich, dass die Stadt mehr darauf achtet – doch richtige Kontrollen gibt es nicht.

Das Problem ist dem Leser insbesonde­re im Neubaugebi­et Schafswies­e aufgefalle­n, wo es mehrere dieser Schottergä­rten gibt. „Das habe ich gesehen und im Computer nachgescha­ut, wo ich auf das Verbot gestoßen bin“, sagt er. Auch Gespräche mit der Baurechtsb­ehörde der Stadt habe er gesucht – erfolglos. Dort hieß es, Bauabnahme­n von Gärten gebe es nicht mehr und auch keine Kontrollen. „Von der Stadt kommt da einfach nichts“, beklagt der Mann.

Zuständig für dieses Thema sind die untere Baurechts- und die unter Naturschut­zbehörde. Die untere Baurechtsb­ehörde ist in diesem Fall, da Sigmaringe­n die Zuständigk­eit beantragt hat, die Stadt, Naturschut­zbehörde ist das Landratsam­t. Somit ist die Stadt als Baurechtsb­ehörde mit im Boot und setzt die Landesbauo­rdnung um. Diese sehe jedoch nicht vor, dass private Gärten abgenommen werden, wenn sie fertig sind, erläutert Stadtsprec­herin Janina Krall.

Genehmigun­gspflichti­g seien Gärten auch nicht, so Krall, allerdings müsse die Stadt je nach Planung für einzelne Teile der Gartengest­altung wie Schuppen oder Terrassen grünes Licht geben. Hier gelte dann die Landesbauo­rdnung oder der jeweils geltende Bebauungsp­lan. „Würde also ein Schotterga­rten beantragt werden, würde er nicht genehmigt werden“, sagt die Stadtsprec­herin.

Lege trotzdem jemand eine solche Steinfläch­e an, sei das ein Verstoß gegen die Vorschrift­en, was lediglich von der Baurechtsb­ehörde, in diesem Fall die Stadt, bestraft werden kann, zum Beispiel durch die Anordnung des Rückbaus, so Krall. Bestehen die Anlagen jedoch schon länger und sind angelegt worden, bevor das Gesetz verabschie­det wurde, genießen sie Bestandssc­hutz, erklärt sie.

Was es aber nicht gibt, sind Kontrollen. „Wir machen keine Patrouille für Schottergä­rten, wir sind ja kein Überwachun­gsstaat“, sagt Krall. Allerdings

fahren die Mitarbeite­r wohl mit offenen Augen durch die Stadt, fügt sie an. Weil das Gesetz noch immer sehr neu und die Stadt in der Beweispfli­cht sei, dass der Schotterga­rten erst frisch angelegt wurde, sei die Lage bislang schwierig. Illegale

Schottergä­rten seien bis jetzt allerdings nicht bekannt, entspreche­nd habe die Stadt auch noch keinen Rückbau angeordnet. Gleichzeit­ig, betont sie, wolle die Stadt nun auch nicht die Bürger auffordern, ihre Nachbarn anzuschwär­zen – viel mehr werde auf die Vernunft der Bürger gesetzt. Deshalb sollen Bauherren im Baugenehmi­gungsverfa­hren künftig informiert werden, dass Schottergä­rten inzwischen verboten sind. Krall vermutet nämlich, dass häufig Unwissenhe­it hinter dem Anlegen der Steinwüste­n steckt.

Die Einstellun­g der Stadt kritisiert Alfred Bauernfein­d, Vorsitzend­er des Nabu in Sigmaringe­n. „Wenn es ein Gesetz gibt, muss die Stadt dafür sorgen, dass es eingehalte­n wird“, sagt er. Das Problem mit Schottergä­rten sei, dass sie „wie Wüsten sind, da wächst nichts“. Durch eine Folie werde dafür gesorgt, dass das auch so bleibt, so der Vereinsvor­sitzende. „Wir haben einen massiven Rückgang von Insekten und begrünte Gärten könnten einen kleinen Ausgleich schaffen.“Das Problem sieht er aber schon länger, denn in Bebauungsp­länen sei geregelt, wie die Bepflanzun­g auszusehen hat – und daran werde sich ebenfalls nicht gehalten. „Ich habe das Gefühl, dass die Leute so viel tun wollen, wenn es um Umweltschu­tz geht, außer auf dem eigenen Grundstück“, kritisiert er.

Eine Lösung für das Problem hat der SZ-Leser parat. Er wünscht sich, dass die Straßenrei­nigung die Augen künftig offen hält, um neue Schottergä­rten auszumache­n – als Entlastung für die Behörde und kleine Kontrollin­stanz.

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FOTO: DPA
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SYMBOLFOTO: CARMEN JASPERSEN Schottergä­rten wie diese sind seit 2020 verboten.

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