Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bangen um Bürkle: Landrätin könnte Ministerin werden
Der 51-Jährigen stehen neue Karrierechancen offen – So ist das Stimmungsbild unter Kreispolitikern
SIGMARINGEN - Was sagen wichtige Kreispolitiker über Landrätin Stefanie Bürkle und ihre tragende Rolle bei den Koalitionsverhandlungen in Stuttgart? Ein Stimmungsbild aus dem Kreistag.
Sie sind auch nach all den Jahren immer noch per Sie: Thomas Kugler, der Fraktionschef, und die Landrätin, beide mit schwarzem Parteibuch ausgestattet. „Wir kommen sauber miteinander klar. Kein Amigo. Manchmal sind wir uns näher, manchmal gibt es aber auch eine gewisse Distanz“, sagt der CDU-Mann über sein Verhältnis zur Sigmaringer Landrätin.
Als der Pfullendorfer Bürgermeister über die Arbeit der Landrätin spricht, stimmt er eine gewaltige Lobeshymne an: „Sie hat sich dem Landkreis verschrieben. Für uns ist sie ein Glücksfall mit drei Ausrufezeichen.“
Dass Stefanie Bürkle (51), seit sieben Jahren oberste Dienstherrin im Landratsamt, eine „Schafferin par excellence“ist, hört man mehrfach, als man sich nach ihren Eigenschaften erkundigt. Kugler hebt ihr gewinnendes Wesen, ihre kommunikative Art hervor.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Johannes F. Kretschmann, sagt über die Landrätin: „Die CDU braucht moderne Politiker, die keine Aversionen gegen Grüne haben.“Bürkle ist aus Kretschmanns Sicht eine moderne Landrätin. Ihr Vorstoß zur Elektrifizierung der Zollernbahn gehe in die richtige Richtung. Solchen Projekten gegenüber habe sie keine Scheuklappen, wobei Kretschmann ihr „ein echtes ökologisches Profil“abspricht.
Ein offenes Geheimnis unter Kreisräten ist, dass Bürkle, wenn sie gewollt hätte, schon vor fünf Jahren zur Ministerin befördert worden wäre. Was Kreisräte als Stärke betrachten, ist neben ihrem Fleiß ihre Ernsthaftigkeit. „Sie lässt die Dinge nicht an sich abprallen“, sagt Johannes Kretschmann und nennt das immer wieder mit Reibungspunkten behaftete Thema Krankenhäuser in Zusammenhang mit dem Mehrheitsgesellschafter SRH als Beispiel. Vorschläge der Fraktionen lasse sie nicht immer, aber oft in ihre Arbeit einfließen. „Sie ist eine glühende Demokratin“, so Kretschmann.
Doris Schröter, Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Kreistag, hat eine eindeutige Meinung: „Die Zusammenarbeit mit ihr ist hervorragend. Sie leistet vom ersten Tag an eine tolle Arbeit“, sagt die Bad Saulgauer Bürgermeisterin über Stefanie Bürkle, die bodenständig und überhaupt nicht abgehoben sei. „Sie ist sehr ausgewogen und bindet alle Fraktionen gleichermaßen mit ein.“Und wenn Bürkle doch ihren Arbeitsplatz im Sigmaringer Landratsamt räumt? „Es wäre wirklich schade, wenn sie nach Stuttgart geht“, sagt Doris Schröter.
Matthias Seitz, Fraktionsvorsitzender der SPD, verfolgt die Koalitionsverhandlungen mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Wenn Frau Bürkle die Hand für einen Posten in Stuttgart heben würde, dann wäre sie wahrscheinlich schon morgen weg“, sagt Seitz. Als Juristin habe sie nicht nur die Kompetenz
etwa für das Justizministerium. Aufgrund ihres Wissens und ihrer Erfahrung könne sie sehr gut auch in Fragen der Mobilität, Infrastruktur und des ländlichen Raums mitreden.
„Ich hoffe und glaube aber, dass sie diesen Wechsel nicht anstrebt, weil sie aus voller Überzeugung auf der kommunalen Seite steht. Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn sie uns erhalten bleibt“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende. Zumal im Landratsamt alle vier Dezernenten in den Ruhestand gehen oder kurz davor sind – somit quasi eine gesamte Führungsebene wegbricht und Bürkles Sachverstand vor Ort eine umso größere Rolle spiele. Er halte es für voreilig, darauf zu schließen, dass ihre Beteiligung an den Koalitionsverhandlungen auf einen Ministerposten deute. Denn vor fünf Jahren sei Bürkle bei den Gesprächen auch schon dabei gewesen.
CDU-Fraktionschef Thomas Kugler sieht das ähnlich: „Die Koalitionsverhandlungen als Sprungbrett zu nutzen, ist nicht ihre Art.“Er habe keine Angst, dass die Landrätin Sigmaringen verlasse. „Sie weiß, was sie an unserem Landkreis hat.“Nächstes Jahr endet Bürkles erste Amtszeit – eine Wiederwahl wäre reine Formsache.