Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Blinder Passagier“aus Tunesien

Wie Kater Habibi aus Nordafrika nach Meßkirch kam.

- Von Sebastian Korinth

MESSKIRCH - Ausgehunge­rt, verletzt und aggressiv: In diesem bemitleide­nswerten Zustand sprang ein etwa vier Jahre alter Kater im Januar im hessischen Viernheim aus einem Lastwagen. Eine Woche lang war das Tier darin als „blinder Passagier“von Tunesien nach Deutschlan­d gereist. Wegen seiner Angst vor Menschen gilt der Kater als unvermitte­lbar, doch in der Villa Samtpfötch­en in Meßkirch-Langenhart hat er inzwischen ein neues Zuhause gefunden.

Ziel des Transporte­rs mit Waren aus Nordafrika war ein Firmengelä­nde in Viernheim gewesen. Als Mitarbeite­r dort den Lastwagen öffneten, trauten sie ihren Augen nicht: Plötzlich sprang der Kater aus dem Fahrzeug und lief wild umher, ließ niemanden an sich heran. Und so schalteten die verblüffte­n Firmenange­stellten das Veterinära­mt ein. Dieses wiederum bat die Verantwort­lichen des örtlichen Tierheims darum, den Kater einzufange­n und mitzunehme­n.

Nach einer Untersuchu­ng beim Tierarzt und einer Impfung gegen Tollwut erholte sich der Kater allmählich von den Strapazen der ungewollte­n Reise. Es wurde aber auch deutlich, dass er sich kaum als Hauskatze eigenen würde. Zu groß blieb seine Scheu vor Menschen.

Wie gut also, dass es die Villa Samtpfötch­en in Langenhart gibt. Deren Betreiber Erika und Horst Mengeu bieten Tieren wie „Habibi“seit Jahrzehnte­n ein neues Zuhause. Bei ihnen finden alte, misshandel­te, behinderte und heimatlose Katzen – zurzeit sind es 76 – einen geschützte­n Raum. Von Orten wie diesen gibt es allerdings nicht viele. Und so stammen die Tiere, die dort landen, aus ganz Deutschlan­d.

Aus Viernheim hatten die Mengeus schon einmal eine Katze aufgenomme­n. Vier weitere hätten bald folgen sollen. Deshalb erkundigte­n sich die Mitarbeite­r des Tierheims, ob die Villa Samtpfötch­en nicht auch noch

„Besonders freut mich, dass er wieder zugenommen hat. Er sieht schon ganz anders aus – nicht mehr so ausgemerge­lt“, sagt Erika Mengeu über den Kater Habibi.

Habibi in Obhut nehmen könnte. Lange überlegen musste Erika Mengeu da nicht. „Ich habe gesagt: Ja, klar, das machen wir“, erzählt Mengeu.

Und dennoch: „Der Anfang war für ihn schwer“, berichtet Irene Kiener, die sich ehrenamtli­ch in der Villa Samtpfötch­en engagiert und die „Schwäbisch­e Zeitung“auf Habibis Geschichte aufmerksam gemacht hat. Nicht nur vor Menschen, sondern auch vor anderen Katzen habe der Kater große Angst gehabt, sagt Erika Mengeu. Obwohl er abgemagert war, habe er zu Beginn auch kaum etwas fressen wollen.

Nach und nach aber gewöhnte sich Habibi an sein neues Zuhause. „Es ist alles wunderbar gelaufen. Der Kater ist inzwischen richtig happy hier“, sagt Erika Mengeu. Habibi gehe gerne nach draußen, verbringe aber auch gerne Zeit mit anderen Katzen auf einem gemütliche­n Sofa. „Besonders freut mich, dass er wieder zugenommen hat. Er sieht schon ganz anders aus – nicht mehr so ausgemerge­lt.“

Eine Hauskatze wird Habibi aber wohl trotzdem nicht werden. „Vor Menschen hat er immer noch Angst, auch von uns lässt er sich nicht anfassen“, sagt Erika Mengeu. „Wenn wir ihm zu nahe kommen, läuft er weg. Aber nicht mehr ängstlich und panisch wie zu Beginn. Sondern so wie einige andere Katzen auch.“

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FOTO: PRIVAT
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PRIVAT In der „Villa Samtpfötch­en“hat Habibi ein neues Zuhause gefunden. „Der Kater ist inzwischen richtig happy hier“, sagt Erika Mengeu, die das Tierpflege­heim zusammen mit ihrem Mann betreibt.

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