Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Polizei beobachtet „Lichtspaziergänger“
Warum der bisherige Veranstalter keine Demo mehr anmelden will.
SIGMARINGEN - Für Aufsehen hat am Montagabend ein größeres Polizeiaufgebot am Sigmaringer Bahnhof gesorgt. Rund ein halbes dutzend Streifenwagen standen auf einem Parkplatz in der Bahnhofstraße, mehrere Streifen waren in der Umgebung verteilt. Der Grund dafür war laut Polizei eine von den Beamten erwartete, nicht angemeldete Versammlung von Gegnern der CoronaMaßnahmen aus dem Umfeld der „Lichtspaziergänge“in Sigmaringen.
Demnach haben sich rund 30 Erwachsene dort getroffen, die vom Bahnhof aus in Kleingruppen durch die Stadt spaziert seien. „Verstöße gegen die Corona-Verordnung hat es dabei keine gegeben“, sagt eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Ravensburg am Dienstag auf Anfrage. Von der Versammlung habe die Polizei durch entsprechende Ankündigungen in den sozialen Medien erfahren.
Den Grund, weshalb die Anhänger der „Querdenker“-nahen „Lichtspaziergänger“sich nach 22 angemeldeten Demonstrationen am Montag erstmals ohne Anmeldung in Sigmaringen getroffen haben, erklärt Thorsten Hüglin aus Sauldorf, einer der Organisatoren der „Lichtspaziergänge“im Kreis Sigmaringen. Nachdem er in der vergangenen Woche beim „Lichtspaziergang“in Pfullendorf angekündigt habe, dass er künftig keine Demonstrationen mehr anmelden wird, es aber andere Aktionen geben werde, „hat die Polizei
wohl angenommen, dass wir uns unangemeldet versammeln werden“, sagt Hüglin auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. „Aber nichts liegt uns ferner“, sagt Hüglin. „Wenn sich am Montagabend ein paar Leute zufällig beim Spazierengehen treffen, ist das doch keine illegale Kundgebung, sondern ganz normaler Alltag.“Dass er selbst auch vor Ort war, begründet er so: „Als ich von Bekannten erfahren habe, dass so viel Polizei vor Ort ist, bin ich hingefahren, um eine Eskalation zu verhindern“, sagt er ehemalige „Lichtspaziergänge“-Organisator. Der Polizeieinsatz vom Montag komme ihm wie auch schon bei den vorherigen Demonstrationen übertrieben vor. „Das kostet ja alles Geld“, sagt er.
Dass Hüglin in Zukunft keine „Lichtspaziergänge“-Demonstrationen mehr anmelden will, liegt ihm zufolge nicht etwa an den rückläufigen Teilnehmerzahlen, sondern an einem Zerwürfnis zwischen ihm und den Behörden. „Die Auflagen für unsere Demonstrationen sind willkürlich verschärft worden“, sagt Hüglin, „da werden Dinge verlangt, die so gar nicht von der Corona-Verordnung gedeckt sind.“Seiner Darstellung zufolge habe das Kreisordnungsamt angeordnet, dass alle Teilnehmer der Demonstration entweder medizinische oder FFP2-Masken tragen müssten. Selbst beim Kooperationsgespräch vor der Demo, das im Pfullendorfer Rathaus hätte stattfinden sollen, sei dies trotz ärztlicher Befreiung vom Maskentragen mittels Attest von ihm verlangt worden. Er habe sich jedoch geweigert, der Anordnung Folge zu leisten und stattdessen vorgeschlagen, das Gespräch im Freien fortzusetzen. Darauf sei der Mitarbeiter des Kreisordnungsamtes eingegangen, die Polizei jedoch nicht, woraufhin die Demonstration vorzeitig beendet werden musste. Den formellen Grund für das vorzeitige Ende der Demonstration nennt die Polizei: „Es gab nicht genügend Ordner“, sagt eine Sprecherin.
Fabian Oswald, der stellvertretende Pressesprecher des Landratsamts erklärt hierzu: „Seit Anfang November fanden jeden Montag im Landkreis Sigmaringen Lichtspaziergänge statt. Veranstalter und Teilnehmer möchten damit auf die aus ihrer Sicht unverhältnismäßigen Maßnahmen in der Pandemiebekämpfung aufmerksam machen. Insbesondere wird die Verpflichtung zum Tragen von Masken in sämtlichen betroffenen Lebensbereichen abgelehnt.“
Im Zuge der stark angestiegenen Infektionszahlen Ende März seien die Auflagen für Versammlungen im Landkreis allgemein angepasst worden. „Seitdem sind auch bei den Lichtspaziergängen medizinische Masken anstelle von Alltagsmasken oder Schals zu verwenden“, so Oswald. „Diesen Schritt waren die Veranstalter nicht bereit mitzugehen. Aus Protest hiergegen wurde die Versammlung in Pfullendorf am 12. April nach wenigen Minuten vom Veranstalter vorzeitig selbst beendet.“Für den 19. April sei bei der Versammlungsbehörde keine Veranstaltung angemeldet worden. „Es gab jedoch Hinweise, dass möglicherweise unangemeldete Versammlungen im Kreisgebiet zustande kommen“, sagt Oswald. Aus diesem Grund seien Versammlungsbehörde und Polizei präsent gewesen. Jedoch hätten die Beamten nur wenige Personen angetroffen, „die sich unorganisiert im Innenstadtbereich von Mengen und Sigmaringen bewegten.“