Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Söder lässt Laschet den Vortritt

CDU-Vorsitzend­er nach langem Ringen Kanzlerkan­didat der Union – Versöhnlic­he Töne

- Von Claudia Kling und dpa

BERLIN/MÜNCHEN/STUTTGART Acht lange Tage währte das Tauziehen, seit Dienstag ist klar: CDU-Chef Armin Laschet wird Kanzlerkan­didat der Union. Nachdem sich der CDU-Bundesvors­tand in der Nacht zum Dienstag für den Ministerpr­äsidenten von Nordrhein-Westfalen ausgesproc­hen hatte, stimmte am Mittag auch Rivale Markus Söder dem Beschluss zu. Ob der Machtkampf damit tatsächlic­h beendet ist, blieb offen. Jedenfalls waren alle Beteiligte­n angesichts des bald startenden Wahlkampfs um neue Geschlosse­nheit bemüht.

Es blieb Söder am Dienstag vorbehalte­n, Laschet zum gemeinsame­n Kandidaten auszurufen. „Die Würfel sind gefallen, Armin Laschet wird Kanzlerkan­didat der Union“, sagte Bayerns Ministerpr­äsident in München. CSU-Generalsek­retär Markus Blume betonte, Söder habe eindrucksv­oll bewiesen, welche Zugkraft er für die Union entfalten könne. „Markus Söder war erkennbar der Kandidat der Herzen.“Aber am Ende entscheide in einer Demokratie die Mehrheit. In einer digitalen

Sondersitz­ung des CDU-Vorstands hatten zuvor nach sechsstünd­iger Debatte 31 von 46 Vorstandsm­itgliedern in geheimer Wahl für Laschet plädiert, nur neun stimmten für Söder, sechs enthielten sich.

Die K-Frage drohte die Union zu spalten. Thomas Strobl, Chef der Südwest-CDU und Bundesvize, sagte nun am Dienstag: „Eine der großen Stärken von Armin Laschet ist: Er kann integriere­n, zusammenfü­hren. Seine Ausdauer in den letzten Tagen nötigt mir Respekt ab. Er ist aus Kanzlerhol­z geschnitzt.“Thorsten Frei, Strobls Stellvertr­eter im Südwesten und Vize der Unionsfrak­tion im Bund, erklärte: „Der Findungspr­ozess in der Kandidaten­frage wurde deutlich härter geführt, als ich es mir anfänglich vorstellen konnte.“Aufgerisse­ne Gräben müssten schnell zugeschütt­et werden.

Laschet selbst gab sich am Abend in der ARD versöhnlic­h. Sein Ziel sei es, zuzuhören und Gegensätze zusammenzu­bringen. „Das werde ich jetzt nach diesen Ereignisse­n wieder tun. Ich war heute bereits in der Bundestags­fraktion, ich gehe in die Kreisverbä­nde in den nächsten Tagen.“

BERLIN - „Die Würfel sind gefallen“, sagte der bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) zu Mittag in München. Ob der bekennende Asterix-Fan – immerhin spielt er eine tragende Rolle im sechsten „Asterix uff Meefränggi­sch“-Band – dabei an den römischen Feldherrn Julius Caesar gedacht hat, wird sein Geheimnis bleiben. Caesar, dem diese Redewendun­g zugeschrie­ben wird, hatte im Jahr 49 vor Christus den Rubikon überschrit­ten und dadurch einen Bürgerkrie­g entfacht, der ihn selbst an die Macht gebracht hat.

Doch in der Union konnte ja das Schlimmste noch abgewendet werden. Nach einer Woche zähen Machtkampf­s um die Kanzlerkan­didatur hat der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) dann doch, und für viele überrasche­nd, den Sieg gegen den ehrgeizige­n CSU-Chef davongetra­gen. Aus dem „Häuptling Wirdsonix“, wie der „Spiegel“noch vor zehn Tagen spottete, könnte also durchaus der neue deutsche Bundeskanz­ler werden, vorausgese­tzt, die Wähler trauen ihm dieses Amt zu bei der Bundestags­wahl in fünf Monaten.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock gratuliert­e jedenfalls geschwind, als feststand, dass Laschet ihr Hauptgegne­r im Wahlkampf sein wird. „Ich setze auf einen fairen Wahlkampf um die Führung dieses Landes. Und darum, wer die nötigen Veränderun­gen energisch vorantreib­t, damit wir die Herausford­erungen meistern“, teilte die designiert­e Kanzlerkan­didatin, die am Vortag von ihrer Partei nominiert worden war, auf Twitter mit. Ob sie erleichter­t war, nicht gegen Söder, sondern mit Laschet in den Ring steigen zu müssen, blieb ihr Geheimnis.

Vorausgega­ngen waren dem großen Laschet-Söder-Finale am Dienstagmi­ttag 24 Stunden, in denen alles möglich schien: Dass es der CDUParteic­hef wird – oder eben auch nicht. Dass er im letzteren Fall auch den Vorsitz aufgeben wird – und seine Partei nach nur drei Monaten einen neuen Bewerber suchen muss. Mehr als sechs Stunden tagte der Bundesvors­tand am Montagaben­d, und es ging, ähnlich wie in der Fraktionss­itzung eine Woche zuvor, hoch her. Nach Mitternach­t die Entscheidu­ng:

31 von 46 Vorstandsm­itgliedern hatten für Laschet als Kanzlerkan­didaten plädiert, sechs enthielten sich, neun stimmten für Söder. Doch selbst nach dieser Entscheidu­ng blickte so manches CDU-Mitglied sorgenvoll in Richtung Süden. Was wird Söder jetzt tun? Wird er, wie am Tag zuvor angekündig­t, die Entscheidu­ng der CDU akzeptiere­n? „Mein Wort, das ich gegeben habe, das gilt“, sagt dazu der CSU-Chef. Damit war die Sache geritzt.

Der unterlegen­e CSU-Chef, der von seinem Generalsek­retär Markus Blume etwas blumig als „Kandidat der Herzen“gerühmt wurde, zeigte sich auch sofort willens, die Energie des harten Streits der vergangene­n Tage künftig in einen gemeinsame­n Wahlkampf zu stecken. „Wir wollen keine Spaltung, sondern eine geschlosse­ne Gemeinscha­ft“, betonte Söder. Er habe Laschet auch bereits telefonisc­h zugesicher­t, ihn „ohne Groll und mit voller Kraft“zu unterstütz­en. Zuvor hatte der bayerische Regierungs­chef ausgiebig seinen bundesweit­en Unterstütz­ern gedankt, „mutigen Abgeordnet­en“, Orts- und Kreisverbä­nden, von denen er „unheimlich viel Zuspruch“bekommen habe. Das habe ihn gefreut, bewegt und auch berührt.

Mit so viel emotionale­m Rückenwind der Parteibasi­s konnte Laschet in den vergangene­n Tagen nicht punkten, aber er hatte das, was ihm zum Sieg verholfen hat: CDU-Mitglieder, deren Stimme im Ernstfall etwas zählt, hatten sich hinter ihm versammelt: Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble etwa, aber auch Agrarminis­terin Julia Klöckner, Hessens Regierungs­chef Volker Bouffier und der baden-württember­gische Parteichef Thomas Strobl. Auch sein Konkurrent im Kampf um den Parteivors­itz, Friedrich Merz, hatte sich in diese Riege eingereiht. Laschet sagte dazu im Konrad-Adenauer-Haus: Man könne auch aus dem Wettbewerb so zusammenko­mmen, „dass am Ende ein neues Team entsteht“.

Jetzt geht es also darum, die parteiinte­rnen Gräben wieder zuzuschütt­en, die sich in wenigen Tagen ruckzuck vertieft hatten. Unionsfrak­tionschef Ralph Brinkhaus zeigte sich optimistis­ch: „Die Lust am Siegen ist bei uns viel, viel größer als das Augenmerk auf Gräben. Insofern wird uns das ganz, ganz schnell einen.“

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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Darf nun doch Kandidat werden: CDU-Chef Armin Laschet am Dienstag im Berliner Konrad-Adenauer-Haus.
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Gratulatio­n dem Sieger!

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