Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Berg-Steinkraut: Überlebens­künstler am Fels

Kreuzblütl­er wächst im Donautal – Extreme Temperatur­schwankung­en sind kein Problem für die Pflanze

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SIGMARINGE­N (sz) - Wer in den letzten Tagen im Donautal unterwegs war, dem sind bestimmt an einigen Stellen die gelben Farbtupfen an den Felsen ins Auge gesprungen. Das Berg-Steinkraut steht zurzeit in Blüte und sorgt für farbliche Abwechslun­g am sonst meist grauen Fels.

Das Berg-Steinkraut gehört zu den Kreuzblüte­ngewächsen. Diese Pflanzenfa­milie zeichnet sich durch eine Blüte mit 4 kreuzförmi­g angeordnet­en Blütenblät­tern – oder genauer gesagt Kronblätte­rn - aus. Beim Berg-Steinkraut sind diese leuchtend gelb gefärbt, was ihnen das auffällige Äußere beschert. Jeweils 15 bis 50 Blüten sind traubenför­mig angeordnet und bilden einen Blütenstan­d. Aus den Blüten entwickeln sich nach der Bestäubung kleine Schötchen, die die Samen enthalten.

In seltenen Fällen kann im Spätsommer oder Herbst eine zweite Blüte stattfinde­n. Bestäubt wird die Pflanze sowohl über den Wind als auch über Insekten. Dass das BergSteink­raut unter den am Felsen herrschend­en Lebensbedi­ngungen wachsen kann, gleicht einer Meisterlei­stung.

Bis zu 70 Grad wird es am Felsen unter direkter Sonnenstra­hlung heiß. Gleichzeit­ig sind die Pflanzen Frost und Eis im Winter mehr oder weniger schutzlos ausgeliefe­rt. Und eine Erdauflage, die für eine gute Versorgung mit Wasser und Nährstoffe­n sorgen könnte, sucht man hier ebenfalls vergebens. Kein Wunder, dass nur ganz spezielle Pflanzen an den Felsen vorkommen können. Unsere häufigen Wiesenblüm­chen gedeihen hier nicht.

Um am Felsen bestehen zu können, ist das Berg-Steinkraut gut angepasst. Obwohl die Pflanze selbst nur etwa 25 Zentimeter hoch wird, verfügt sie über einen Meter lange Wurzeln. Damit werden die wenigen vorhandene­n Nährstoffe und das Wasservork­ommen optimal genutzt. Das Berg-Steinkraut kann daher sogar auf kleinsten Felsvorspr­üngen, in Felsspalte­n,

auf Felsköpfen und anderen unwegsamen Stellen wachsen.

Da ungestörte Felsstando­rte in unserer Natur nicht sehr häufig vorkommen, sind viele Felspflanz­en selten und in ihrem Bestand gefährdet. Auch wenn die Pflanzen perfekt an die harten Lebensbedi­ngungen auf dem Fels angepasst sind, kommen sie mit Eingriffen durch uns Menschen nicht gut zurecht. Schäden durch Tritt und Nährstoffe­intrag machen diesen Pflanzen das Leben schwer. Sobald nämlich mehr Nährstoffe an den eigentlich kargen Felsen zur Verfügung stehen, können sich andere, konkurrenz­stärkere Arten entwickeln und die Spezialist­en werden verdrängt.

Es ist daher von großer Bedeutung, die natürliche­n Standorte der Felsvegeta­tion zu erhalten. Aus diesem Grund gehören Felsköpfe zu den geschützte­n Biotopen und dürfen nur an ausgewiese­nen Stellen betreten werden. Dies gilt es bei Ausflügen in die Natur für Wanderer und Spaziergän­ger zu berücksich­tigen.

Bleibt die Pflanze erhalten und wird sie geschützt, trägt dies zur Artenvielf­alt bei.

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FOTO: HAUS DER NATUR Das Berg-Steinkraut ist ein absoluter Felsspezia­list.

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