Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Die Gier der Menschen steht ihnen oft im Weg“
Der aus Mengen stammende Professor für BWL und Bankenmanagement Urban Bacher hat ein Buch über Geldanlage veröffentlicht
MENGEN/PFORZHEIM - Sechs bis zehn Stunden hat er in der Woche mehr zur freien Verfügung, weil Vorlesungen und Seminare aufgrund der Pandemie-Lage alle als Online-Formate stattfinden. Das hat der aus Mengen stammende Professor für Betriebswirtschaftslehre und Bankenmanagement Urban Bacher ausgerechnet. Er hat die Zeit genutzt und ein Buch geschrieben, das sich mit privater Geldanlage beschäftigt. Jennifer Kuhlmann hat mit ihm über das Erfolgskonzept des Bandes, die Gier der Menschen und seinen Tipp für werdende Großeltern gesprochen.
Herr Bacher, viele von uns mit Bürojobs arbeiten seit einem Jahr fast ausschließlich im Homeoffice. Trotzdem haben wir nebenbei kein Buch geschrieben. Wie haben Sie das geschafft?
Ich bin sehr gerne im Hörsaal, das ist mein Leben. Doch waren mir die Vorteile und der Zeitgewinn durch wegfallende Autofahrten gleich bewusst. Im Gegensatz zu anderen Menschen mit Schreibtischjobs veröffentliche ich regelmäßig Beiträge in Fachzeitschriften und verfasse allein oder mit Kollegen Bücher zu Bilanzierung, Investitionen und Finanzierung. Die sprechen aber neben den Studenten mehr die Fachwelt an. Schon seit längerem wollte ich ein Büchlein schreiben, in dem ich leicht verständlich und ausgewogen auf Grundprinzipien der Geldanlage eingehe. Das habe ich dann im vergangenen Jahr einfach gemacht.
Mit der Veröffentlichung beim Verlag der Frankfurter Allgemeinen erreichen Sie auf einen Schlag viele Menschen. Die erste Auflage ist bereits vergriffen. Haben Sie mit dem Erfolg gerechnet?
Kleine Formate kommen auch und gerade bei vermeintlich schwierigeren Themen gut an. Der Philosoph Wilhelm Schmid hat mir verraten, dass er von seinem 400-Seiten-Buch zum Thema Liebe nicht ganz so viele Exemplare verkauft hat. Die 90-seitige Kurzversion mit dem griffigen Titel „Liebe. Warum sie so schwierig ist und wie sie dennoch gelingt“läuft hingegen super. Das habe ich selbst auch nach seiner Lesung als Geschenk mitgenommen. So ein Format wollte ich auch haben. Dass es jetzt zusammen mit meinem Co-Autor Marco Herrmann bei der FAZ geklappt hat, freut mich natürlich und macht mich auch stolz.
Sie spielen mit dem Titel „Lege nicht alle Eier in einen Korb“schon auf die wichtigste Regel an, die es Ihrer Meinung nach bei der Geldanlage gibt: Diversifikation.
Genau. Als Geldanleger sollte das Risiko auf mehrere Anlageformen gestreut werden. Welche Möglichkeiten es gibt, stellen wir vor. Dadurch, dass es bei Tages- und Festgeldkonten keine Zinsen mehr gibt und auch Bundesanleihen nichts mehr abwerfen, gewinnen neben Gold oder Immobilien vor allem Aktien an Bedeutung. Doch gerade da sind die Deutschen sehr zurückhaltend.
Wir möchten halt nicht aufs falsche Pferd setzen und unsere Altersvorsorge verspielen, würde ich sagen...
Auch hier gilt: Nicht alles auf eine Karte! An der Börse muss ein Investor außerdem Geduld mitbringen. Langfristig - also nach zehn bis 15 Jahren – werfen Aktien in einer vernünftigen Mischung meist eine ordentliche Rendite ab. Trotzdem kann man kurzfristig reagieren, wenn man möchte. Das ist bei Immobilien so nicht möglich.
Die Investition in Immobilien sehen Sie im Buch durchaus kritisch. Wieso?
Natürlich ist die Geldanlage in ein Eigenheim gut und lohnenswert. Immobilienwerte sind aber immer auch standortbezogen und hängen von Veränderungen in der Nachbarschaft, von gesellschaftlichen Trends und den politischen Rahmenbedingungen ab. Die Möglichkeit, das Risiko zu verringern, indem man in mehrere Objekte investiert, übersteigt bei den meisten Privatleuten die Kapazitätsgrenzen, es bildet sich also ein Klumpenrisiko.
Als Laie in Sachen Aktien hätte ich mir als Leser vielleicht doch noch den einen oder anderen Tipp gewünscht...
Darum wird es in den nächsten beiden Büchern gehen, deren Themen schon stehen. Einmal soll es um den Zeitfaktor gehen. Die Gier der Menschen steht ihnen nämlich oft im Weg, wenn Sie einfach mal abwarten sollten. Ganz nebenbei löse ich damit quasi auch die Rentenfrage. Wenn Großeltern ihren Enkeln zur Geburt den Weltindex für 10000 Euro schenken würden, hätten die Kinder mit dem Erreichen des Rentenalters etwa eine Million Euro zusammen. Freilich muss man noch den Kaufkraftverlust berücksichtigen. „Schlag den DAX“ist dann der Arbeitstitel für das dritte Buch. Da geht es ans Eingemachte und es wird sicher auch Gegenwind von Kollegen geben. Darauf bin ich schon gespannt.
Das heißt, Sie hoffen darauf, dass es mit dem Online-Studium noch weitergeht, damit Sie ihre Bücher beenden können?
Nein, so kann man das nicht sehen. Die größte Freude macht mir die Lehre in Präsenz. Derzeit befinde ich mich im Forschungssemester und bin für vier Monate von der Lehre befreit. An der Motivation zu lehren und forschen fehlt es mir nicht. Das Forschungssemester gibt mir Zeit, ein Lehrbuch grundlegend zu überarbeiten und mit einer Mathematikerin empirisch zu arbeiten. Wir überprüfen gerade, ob die Niederlande in der Aktienwelt effizienter unterwegs sind als Deutschland. Erste Ergebnisse zeigen, dass es wohl in den vergangenen 20 Jahren doch nicht so war, Deutschland hat aufgeholt. Für das Interesse am Thema, gerade im zeitlichen Zusammenhang mit der Europameisterschaft, wäre ein Titel „2:0 für Niederlande“ideal gewesen.